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Fandorin

Fandorin

Titel: Fandorin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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benahmen sich nicht so – der schweigende Achtyrzew, der ständig das Glas an den Lippen hatte und Champagner in sich hineinschüttete,und ein Husarenoffizier: kräftiger Kerl mit schelmischen, etwas glupschenden Augen, lächelndem Mund und blendend weißen Zähnen, ein schwarzes Bärtchen über der Lippe. Er schien sich ordentlich zu langweilen und schaute nur selten zu Amalia hinüber, zog es vor, mit abschätzigem Grinsen die übrigen Gäste zu betrachten. Die Kleopatra war dem Flegel offenbar besonders gewogen, sie rief ihn Ippolit, und allein von dem Blick, den sie ihm ein paar Mal zuwarf, wurde Fandorin weh ums Herz.
    Plötzlich zuckte er zusammen. Ein aalglatter Herr mit dem weißen Annenkreuz am Hals hatte die eingetretene Konversationspause genutzt, um zu verkünden: »Zwar haben Sie es sich letztens verbeten, Amalia Kasimirowna, über Kokorin herzuziehen, doch ist mir da etwas Interessantes zu Ohren gekommen.«
    Er schwieg ein Weilchen und genoß den Effekt: Alle wandten sich ihm zu.
    »Spannen Sie uns nicht auf die Folter, Anton Iwanowitsch, erzählen Sie«, drängte ein Dicker mit hoher Stirn, der aussah wie ein erfolgreicher Advokat.
    »Ja, nur zu!« pflichteten die anderen ihm bei.
    »Kokorin hat sich nicht auf die simple Art erschossen, er hat amerikanisches Roulette gespielt. In der Kanzlei des Generalgouverneurs hat man es mir heute morgen brühwarm erzählt«, tat der Glatte sich wichtig. »Wißt Ihr, was das ist, amerikanisches Roulette?«
    »Ein alter Hut«, sagte Ippolit und hob die Schultern. »Du schnappst dir einen Revolver und steckst eine einzige Patrone rein. Blöd, aber macht was her. Zu dumm, daß es der Amerikaner erfunden hat und nicht unsereins.«
    »Und was hat das mit Roulette zu tun, Graf?« Der alte Herr mit dem Stern verstand nicht.
    »Pair oder Impair, Rouge oder Noir, Hauptsache, nicht Zéro!« brüllte Achtyrzew und lachte gekünstelt, während er Amalia provozierend (so schien es Fandorin zumindest) in die Augen sah.
    »Ich habe euch gewarnt: Wer davon redet, fliegt raus!« rief die Gastgeberin ernstlich erbost. »Und er kommt mir nicht mehr ins Haus! Habt ihr endlich was gefunden, worüber ihr euch das Maul zerfetzen könnt!«
    Betretenes Schweigen.
    »Mich vor die Tür zu setzen werdet Ihr gewiß nicht wagen«, versetzte Achtyrzew in unverändert dreistem Ton. »Ich darf mir hier wohl das Recht herausnehmen, zu sagen, was ich denke.«
    »Und wieso, wenn man fragen darf?« erkundigte sich ein bulliger Hauptmann in Gardeuniform.
    »Weil er besoffen genug ist, der Milchbart«, trieb Ippolit, eben vom Senior mit Graf tituliert, die Situation entschlossen auf die Spitze. »Wenn Ihr erlaubt, Amelie, befördere ich ihn an die frische Luft.«
    »Wenn ich Eurer Sekundanz bedarf, lasse ich es Euch wissen, Ippolit Alexandrowitsch«, erwiderte Kleopatra nicht ohne Bissigkeit und erstickte so die Konfrontation im Keim. »Ich habe die bessere Idee, meine Herren. Wenn keiner von Ihnen in der Lage ist, eine interessante Unterhaltung in Gang zu bringen, sollten wir zum Pfänderspiel übergehen. Das war doch letztens sehr lustig, als Frol Lukitsch verlor und Blumen in den Rahmen sticken mußte und sich die Finger dabei zerstochen hat!«
    Alle brachen in fröhliches Lachen aus – außer einem Herrn mit Kolbe und Kinnbart, dem der Frack in den Nähten zu platzen schien.
    »Ja, da hatte meine beste Amalia Kasimirowna was zulachen über den braven Kaufmann. Mir Dussel geschah’s ganz recht«, versetzte er friedfertig. »Aber Aug’ um Aug’, Zahn um Zahn, so heißt es, zumindest im ehrlichen Handel. Wenn wir vor Euch Kopf und Kragen riskieren, solltet Ihr nicht billiger davonkommen!«
    »Wo er recht hat, hat er recht, der Herr Kommerzienrat!« rief der Advokat. »Topp! Soll Amalia Kasimirowna ruhig auch einmal ihren Mut beweisen! Meine Herren, ich habe einen Vorschlag zu machen! Derjenige von uns, dem das glückliche Pfand gehört, darf von unserem Goldstück verlangen … na … eben etwas ganz Besonderes.«
    »Jawohl! Bravo!« kam von allen Seiten Zustimmung.
    »Oho? Ein kleiner Aufstand? Pugatschow und seine Bande?« Die betörend charmante Gastgeberin lachte. »Was wollt Ihr denn von mir?«
    »Ich weiß etwas!« meldete Achtyrzew sich zu Wort. »Eine aufrichtige Antwort auf eine beliebige Frage. Ohne Zaudern, ohne Katz-und-Maus-Spiel. Und unter vier Augen.«
    »Wozu unter vier Augen?« protestierte der Hauptmann. »Dann haben die anderen doch nichts davon.«
    »Entweder aufrichtig oder

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