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Fandorin

Fandorin

Titel: Fandorin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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einzuquartieren. Jeden Tag das gleiche Spiel. Morgens zum Portier mit der Frage: Fandorin? Er verbeugt sich und antwortet:
›Morning, Sir‹
. Ist noch nicht eingetroffen, hieß das wohl. Und ich bin in die Kneipe gegenüber gegangen, wo mein Beobachtungsposten war. Trauriges Lokal, nichts als trübselige Visagen um einen herum, aber mit
›a bottle of whisky‹
und
›move your ass‹
ging es einigermaßen. Der Kneipier hat mich erst nicht aus dem Auge gelassen,aber dann hat er sich an mich gewöhnt, begrüßt mich jetzt wie einen Verwandten. Ich bin eine Belebung seines Geschäfts: Ständig kommen sie und wollen sehen, wie ich mir einen Harten nach dem anderen hinter die Binde gieße. Näher zu treten haben sie Angst, glotzen immer bloß von weitem. Ich hab ein paar Wörter dazugelernt: Dshinn – das ist Wacholder, Ramm – Rum! – und Brenn-die, was ein mieser Kognak ist. Ich hätte wohl noch bis zum Delirium dremens auf meinem Beobachtungsposten gesessen, aber am vierten Tag, Allah sei Dank, bist du aufgetaucht. Wie der letzte Stutzer kamst du vorgefahren, in lackierter Kutsche, mit Schnauzer. Schade übrigens, daß du den abrasiert hast, damit sahst du properer aus. Hoi! war mein erster Gedanke, da spreizt das Hähnchen seine Federn! Und: Nun paß mal auf, deine Miss Olsen kannst du in den Wind schreiben. Aber du hast den Typen am Tresen ganz anders zum Singen gebracht, so daß ich mir dachte, ich bleibe besser noch in meinem Versteck hocken und warte, ob du mich auf ihre Fährte führst, dann sehen wir, welche Karte sticht. Ich bin dir auf der Straße nachgeschlichen wie ein Schnüffler von der Kriminalpolizei. Puh! Mein Verstand hatte sich völlig abgemeldet. Dann sah ich dich mit dem Kutscher verhandeln und traf Vorkehrungen – holte das Pferd aus dem Stall, umwickelte die Hufe, damit sie nicht so knallten, mit Handtüchern aus dem Hotel. Das tun die Tschetschenen, wenn sie zur Attacke rüsten. Nicht gerade mit Hotelhandtüchern, aber mit irgendwelchen Lappen, du weißt schon.«
    Erast Fandorin erinnerte sich an die vorgestrige Nacht. Vor lauter Angst, daß Morbid ihm entwischen könnte, hatte er sich kein einziges Mal umgedreht, dabei waren ihm, wie sich nun zeigte, gleich zwei auf den Fersen gewesen.
    »Als du bei ihr durchs Fenster geklettert bist, hab ich michgefühlt wie ein Vulkan kurz vorm Ausbruch. Ich hab mir die Hand blutig gebissen, da, schau her!«
    Er hielt Fandorin seinen kräftigen, wohlgeformten Handteller unter die Nase, und tatsächlich sah man zwischen Daumen und Zeigefinger die Bißspur, einen idealen Halbmond.
    »So, hab ich mir gesagt, das ist also jetzt der Ort, wo drei Seelen auf einmal abtreten: eine in den Himmel (da dachte ich an dich) und zwei auf geradem Weg in die Hölle. Ein Weilchen hast du dich vor dem Fenster rumgedrückt und deinen Mut zusammengenommen, bevor du eingestiegen bist. Eine Hoffnung hatte ich noch: daß sie dich vielleicht rausschmeißt. Sie läßt sich nämlich ungern überfallen, gibt lieber selbst die Kommandos. Ich stehe also da unten mit weichen Knien und warte. Plötzlich geht das Licht aus, ein Schuß – und sie schreit! Ach, denke ich, jetzt hat er sie erschossen, der Hitzkopf. Ausgetanzt und ausgetollt! Und plötzlich ist mir so weh ums Herz geworden, Bruder, so als wäre ich mutterseelenallein auf der Welt und wüßte nicht mehr, wozu … Daß es eines Tages böse für sie enden würde, war mir klar, ich hatte ja selber vorgehabt, sie umzubringen, und trotzdem … Du hast mich im Vorbeirennen gesehen, nicht wahr? Ich stand wie gelähmt, wie im Nebel, kam nicht auf die Idee, dich aufzuhalten. Was dann losging, spottet jeder Beschreibung, und es wurde immer verrückter. Zuerst einmal stellte sich raus, daß Amalia gar nicht tot war. Du mußt im Dunkeln danebengeschossen haben. Sie hat gekreischt und ihre Diener runtergeputzt, daß die Wände wackelten. Dann erteilte sie irgendwelche Befehle auf englisch, und ihre gehorsamen Diener sind gerannt, kreuz und quer durch den Garten geflitzt. Ich hab mich im Gebüsch verkrochen. Mit nichts als Charivari im Kopf. Hab mich gefühlt wie der letzte Tölpel beim Preference-Spielen: Die anderenmachen ihre Stiche, und ich bleib auf dem Abgeworfenen sitzen. So nicht, dachte ich, nicht mit mir! Zum Deppen hat sich Surow noch nie machen lassen. Im Garten dort steht so ein zugenageltes Portierhäuschen, wie zwei Hundehütten übereinander. Ich hab ein Brett abgerissen und mich heimlich dort reingesetzt. Stielaugen

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