Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fangschuss

Fangschuss

Titel: Fangschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sunil Mann
Vom Netzwerk:
war. Ich zerrte Murat in den nächsten Hauseingang. Panisch drückten wir alle Klingeln, und in dem Moment, als der BMW rückwärts aus dem Durchgang schoss, ertönte der Summer. Bremsen quietschten und das flappende Geräusch von Pneus auf Asphalt war zu vernehmen. Wir duckten uns hinter den Treppenaufgang und rührten uns nicht mehr. Ramiz raste vorüber, dann dauerte es etwa drei Minuten, bis der dunkelgrüne BMW erneut vorbeiglitt, diesmal langsamer, lauernder. Erst nachdem eine gefühlte Viertelstunde verstrichen und der Wagen nicht wieder aufgetaucht war, schlich ich zur Tür und spähte hinaus. Die Straße war leer.
    »Komm zu mir und wir reden dort weiter«, bot ich Murat an.
    Verängstigt schüttelte er den Kopf.
    »Es ist wichtig! Ich muss wissen, worüber Winkler mit Philipp gestritten hat!«
    »Ich schlecht Deutsch.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Bis jetzt habe ich alles verstanden.«
    »Hier nicht gut. Ramiz. Er kommt wieder. Bald. Kommst du meine Haus. Meine Schwester, sie sehr gut Deutsch.«
    »Wann?«
    Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr, eine viel zu klobige Rolex. Oder zumindest eine überzeugende Kopie davon.
    »Sie Schule bis drei. Kommst du vier Uhr.«
    Er nannte mir eine Adresse an der Lagerstrasse und gab an, dass ich ganz oben klingeln müsse. Ich versprach, da zu sein. Aber erst wollte ich mir im Laden meiner Mutter eine Flasche Amrut besorgen. Einen Drink hatte ich jetzt wirklich nötig.
     
    » Hai rabba, Beta, wie siehst du aus!«
    Meine Mutter schlug die Hände über dem Kopf zusammen und verzog kummervoll das Gesicht. »Was ist passiert?«
    »Ich habe gearbeitet.«
    Sie hielt mich am Ellbogen fest und blickte mir prüfend ins Gesicht. »Du bist blass und komplett verschwitzt. Und da ist etwas an deinem Hals.«
    Flüchtig berührte ich die Stelle, an der Ramiz das Messer angesetzt hatte. Offensichtlich hatte er dabei die Haut ein wenig geritzt. Ich beschloss, ihm in nächster Zeit aus dem Weg zu gehen. Die Frage war allerdings eher, ob er mir aus dem Weg gehen würde.
    »Setz dich. Schau dir das an, Manju.«
    Manju, die dabei war, Pfannen mit einer zitronengelben Bürste zu schrubben, drehte sich um, musterte mich desinteressiert und zuckte dann mit den Schultern.
    »Ich habe ihm immer gesagt, er soll sich eine richtige Arbeit suchen. Dieses Detektivzeugs hat doch keine Zukunft. Was soll man nur den Verwandten sagen? Dass der eigene Sohn sein Geld damit verdient, andern Leuten hinterherzuschnüffeln?«
    Sie ließ mich los und rang wieder die Hände. »Ist das nicht erniedrigend? Beschämend? Man muss doch auch daran denken, wie es dann sein wird, wenn eine Ehefrau da ist.« Ihre besorgte Miene verschwand unvermittelt, stattdessen lächelte sie versonnen. »Und Kinder. Viele Kinder. Was sagst du dazu, Manju?«
    Manju wandte sich erneut um und musterte mich abwägend.
    »Ma!«
    »Iss etwas, Beta, das wird dir gut tun. Es ist noch genug übrig vom Mittagsgeschäft.« Sie trippelte hinter den Tresen und füllte einen Teller mit Linsen, Reis, Spinat mit Paneer und legte am Ende einen knusprig gebratenen Pouletschenkel dazu, der ganz rot war von der Tandoorimarinade. Es duftete himmlisch, und sofort lief mir das Wasser im Mund zusammen.
    »Sieh ihn dir an, Manju. Er isst wie ein Tier.«
    Manju kicherte. »Normalerweise tun das Männer erst nach der Hochzeit.«
    »Vijay scheint eine strenge Hand zu brauchen. Ich hätte ihn wirklich nicht so verwöhnen sollen.«
    »Der Ärmste war ein Einzelkind. Da ist man als Mutter nachsichtiger. Sie haben sich keine Schuld zuzuschreiben, dass er so geworden ist, Mrs. Kumar.«
    Ich wandte mich nach den beiden Frauen um. »Habt ihr euch jetzt schon verbündet, oder was?«
    Meine Mutter schnitt eine Grimasse und Manju kicherte noch lauter. Sie schien bereits einen beachtlichen Teil ihrer Schüchternheit abgelegt zu haben. Wenn es so weiterging, würde sie den unförmigen Cardigan wohl demnächst in die Ecke schmeißen und sich eine Frisur zulegen, welche der Bezeichnung auch gerecht wurde.
    »Ich brauche noch eine Flasche Amrut.«
    »Vijay!«
    Ich hielt dem Blick meiner Mutter stand. Schließlich ging sie seufzend zum Regal. Auch indische Männer hatten so ihre Mittel, um ans Ziel zu kommen.
    »Ganz der Vater.« Sie stellte mir die Flasche hin. »Aber du begibst dich nicht in Gefahr?«
    »Nie«, log ich mit vollem Mund.
    »Du isst zu schnell.«
    »Ich muss los.« Ich warf einen Blick auf die Uhr und reichte ihr den leer gegessenen Teller, küsste sie

Weitere Kostenlose Bücher