Fantasie in Rot: Erotischer Roman (German Edition)
einen Gartenhandschuh nach ihm warf. Er fing ihn auf, als sie sagte: »Also gut, vielleicht gehe ich als Erste.« Sie riss ihm den Handschuh wieder aus der Hand und ging in den hinteren Bereich des Hauses; er hörte, wie sie auf der Terrasse ihr Werkzeug in die Holzkiste legte, die Nick gezimmert hatte.
Froh über die Galgenfrist, wandte Davy sich wieder dem Fernseher zu und zappte durch die Kanäle, konnte aber nichts Gutes finden. In den vergangenen Tagen hatte er, offen gestanden, nichts gefunden, was seine Aufmerksamkeit gefesselt hätte. Und als er das Fernsehen aufgegeben und zu lesen versucht hatte, konnte er sich auch darauf nicht konzentrieren, obwohl er tatsächlich erfahren wollte, was mit Jim Hawkins und den Piraten passiert war. Er machte sich noch immer Sorgen wegen Dad, aber Nick hatte bestimmt Recht – war wohl alles okay jetzt. Vielleicht dachte er aber auch an Daisy Maria Ramirez aus der Blumenabteilung bei Albertson’s.
»Ach, und Davy.« Er blickte auf, als Elaine noch einmal den Kopf ins Zimmer steckte, eine Zeitung in der erhobenen Hand. »Ich wollte dir das schon früher zeigen. Dachte mir, es würde dich interessieren.«
»Worum geht’s?«
»Es ist ein Artikel über die Frau im Albertson’s.«
Davy verschlug es den Atem; ein warmes Gefühl durchlief ihn.
»Du weißt doch, die im Rollstuhl.«
Er nickte. »Ja, natürlich.«
»Die Zeitung hat einen netten Artikel über sie gebracht.« Elaine runzelte die Stirn. »Sie leidet unter Spina bifida.«
»Was ist das?«
»Eine Erkrankung der Wirbelsäule, sie entsteht bei der Geburt. In dem Artikel wird es erklärt. Möchtest du ihn lesen?«
Er nickte, allzu eifrig, wie er fürchtete. Aber sie schien es nicht zu bemerken, warf die Zeitung nur neben ihn aufs Sofa. Er wartete, bis sie gegangen war. Als er die Zeitung dann aufhob, wurde ihm erneut wieder ganz warm ums Herz. Da war sie, Daisy Maria Ramirez, das Foto war sogar in Farbe. Sie saß an ihrem Tisch neben irgendwelchen Blumen und lächelte. Er hatte Daisy noch nie lächeln sehen – und wusste sofort, dass er alles geben würde, dass sie ihn so anlächelte.
Als er sich ungestört fühlte, sobald er die Dusche hinten im Flur hörte, betrachtete er Daisys Foto sehr lange und las den Artikel. Daisy war zweiundzwanzig Jahre alt und wohnte in Clearwater, zusammen mit ihren Eltern und ihrer jüngeren Schwester. Ihre Wirbelsäule war schon vor der Geburt nicht richtig gewachsen. So dass sie nie hatte gehen können. Vor Albertson’s hatte sie drei Jahre lang in einem Blumenladen gearbeitet, aber das Geschäft hatte kürzlich dichtgemacht.
Der Reporter beschrieb sie als schüchterne, ruhige junge Frau mit schönem Lächeln. Davy war derselben Meinung, was das Lächeln betraf, und dass sie schüchtern und ruhig war, wunderte ihn auch nicht. Sie war genau wie er und Dad – anders.
Sie liebte es, Blumen zu arrangieren, so der Artikel, las gern und ging gern an den Strand. Sein Herz wurde weit, denn es bedeutete, dass sie etwas gemeinsam hatten. Ihm war, als würde er sie viel besser kennen, als tatsächlich der Fall war, und wenn sie beide ihre Schüchternheit überwinden würden, könnte er ihr Dinge sagen – wichtige Dinge.
Zum Schluss schrieb der Journalist: Daisy bei der Anfertigung eines Blumenarrangements zuzusehen ist ein Fest fürs Auge . Davy wünschte, ihm wäre das eingefallen, denn es war ja so wahr.
Er betrachtete noch immer ihr Foto, als Elaine aus ihrem Zimmer rief: »Das Bad ist frei, Davy. Du musst jetzt duschen und dich bettfein machen.«
»Alles klar«, rief er zurück, ging mit der Zeitung den Flur hinunter zu seinem Zimmer und bückte sich, um sie unter das Bett auf die dort liegende Spielesammlung zu schieben.
Als er sich einige Minuten später unter dem warmen Wasser die Brust einseifte, stand ihm noch immer Daisys Lächeln vor Augen. Wie konnte er sie nur dazu bringen, ihn so anzulächeln? Er ging in Gedanken mehrere Szenarien durch – von: Ist es Ihnen nicht zu heiß? bis zu Nicks Sie sehen gut aus, aber er wusste, dass nichts davon funktionieren würde. Nicht einmal Hübsche Blumen – dazu hatte er einfach nicht genug Mut. Zwar wollte er glauben, dass sie in ihm das sehen würde, was er in ihr sah. Dass sie nach einem Hallo verstehen würde, dass sie verwandte Seelen waren, dieselben Dinge kannten, die gleichen Gefühle hatten – aber was, wenn dem nicht so wäre? Was, wenn er den Mund aufmachte und sie ihm mit einem allzu bekannten Blick antwortete – dem
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