Fantasien der Nacht
Worten leuchteten Tamaras Augen auf, und ihr Kinn schoss empor. „Du hättest ihn sehen sollen. Er hat sich wie ein Löwe auf Curtis gestürzt und ihn geradewegs zu Boden gerissen, als Curtis versuchte, mich erneut zu schlagen.“
„Wurde der Junge verletzt?“ Wieder war es Roland, der sprach.
Eric war zu beschäftigt damit, die wechselnden Ausdrücke auf Tamaras Gesicht zu beobachten und die Emotionen dahinter zu deuten. Just in diesem Moment veränderte sich ihre Miene von Neuem, erfüllt von stiller Wut; er spürte, wie sie in ihr aufstieg, und ihre Heftigkeit überraschte ihn. Er hätte nicht gedacht, dass sie eines gewalttätigen Gedankens fähig war.
Ihre Stimme klang eigenartig dumpf, als sie sagte: „Hätte Curtis Jamey wehgetan, hätte ich ihn umgebracht.“
Eric warf Roland einen verwirrten Blick zu, der sie gleichermaßen aufmerksam zu mustern schien wie er selbst. Tamara schüttelte sich. Sie blinzelte zweimal, und das Feuer in ihren Augen erstarb allmählich. „Dann kam die Polizei, und ich habe ihn wegen Körperverletzung angezeigt. Er wird die Nacht im Knast verbringen, sodass wir Zeit haben, uns darüber klar zu werden, was jetzt zu tun ist.“
Sie legte eine Hand auf Erics Arm. „Es tut mir leid, dass die Polizei da mit hineingezogen wurde. Die Cops erwarten, dass wir beide heute Abend auf dem Revier vorbeischauen und eine Aussage machen.“
„Eigentlich sollte ich wütend auf dich sein, Tamara, aber nicht weil du die Polizei gerufen hast – sondern weil du dein Leben riskiert hast. Du hättest getötet werden können!“
„Hätte er dich umgebracht, wäre ich ohnehin gestorben. Ist dir das noch nicht klar geworden?“ Während sie sprach, schmiegte sie sich in seine Umarmung und legte ihren Kopf auf seine Schulter. „Du musst das Haus wieder auf Vordermann bringen. Curtis wird mit seinem DPI-Ausweis herumwedeln und morgen früh wieder auf freiem Fuß sein.“
„Pech für ihn, sollte er sich dazu entschließen, die Sicherheit seiner Gefängniszelle so schnell aufzugeben.“
„Eric, du kannst … ihm nichts antun. Das würde diesen Schwachköpfen beim DPI lediglich einen Grund liefern, dich weiterhin auf Schritt und Tritt zu verfolgen.“
„Glaubst du, das kümmert mich?“
„Mich kümmert es.“ Sie setzte sich auf und sah ihm eindringlich in die Augen. „Ich habe die Absicht, von jetzt an mit dir zusammen zu sein, Eric, ganz gleich, wohin du gehst. Ich würde mich freuen, wenn wir dieses Land besuchen könnten, wann immer uns der Sinn danach steht, und wenn ich Daniel hin und wieder einen Besuch abstatten könnte. Ich möchte unser gemeinsames Leben genießen. Bitte lass nicht zu, dass deine Wut alles kaputt macht, bevor es überhaupt begonnen hat.“
Ihre Worte kühlten seine Wut wie Eiswasser. Sämtliche Argumente, die sie angeführt hatte, besaßen Hand und Fuß, und obgleich er St. Claire nach wie vor für einen moralischen Opportunisten hielt, wusste er, dass Tamara diesen Mann liebte. Er sah hilflos hinüber zu Roland.
„Ich würde mich in dieser Angelegenheit nicht auf eine Diskussion mit ihr einlassen“, erklärte er trocken.
Eric seufzte. Es gab nichts auf Gottes weiter Erde, das ihn dazu veranlasst hätte, Curtis Rogers nach dem, was er getan hatte, ungeschoren davonkommen zu lassen. Gleichwohl nahm er an, dass er es auf einen späteren Zeitpunkt verschieben musste, über entsprechende Vergeltungsmaßnahmen nachzugrübeln. Es hatte keinen Sinn, mit Tamara zu diskutieren. Sie war nicht im Mindesten rachsüchtig – es sei denn, es ging um diesen Jungen, Jamey. Und das verwirrte ihn.
„Was das Tor und die Haustür betrifft“, sagte er, als er ihre fortwährende Sorge um seine Sicherheit gewahrte. „Ich werde heute Abend einige Anrufe tätigen, und im Morgengrauen habe ich eine zuverlässige Truppe hier, die sich darum kümmert.“
„Aber es ist ihm schon einmal gelungen, hier einzudringen“, sagte Tamara.
„Hunde!“ Roland erhob sich hastig. „Das würde das Problem lösen. Wir schaffen uns zehn, nein, zwölf von diesen Kampfhunden an, von denen man so viel hört. Dobermänner oder etwas in dieser Art. Die reißen einen Mann in Stücke.“
„Ich glaube, eine Direktleitung zum Polizeirevier wäre genauso wirkungsvoll.“ Eric konnte die Belustigung in seiner Stimme nicht unterdrücken. Roland besaß fürwahr eine gewalttätige Ader. „Eine Alarmanlage, die die Polizei alarmiert, sobald jemand hier eindringt. Ich gebe zu, dass ich es hasse, wenn
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