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Fantastische Jungs. Gay Fantasy Geschichten.

Fantastische Jungs. Gay Fantasy Geschichten.

Titel: Fantastische Jungs. Gay Fantasy Geschichten. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Janus
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bemerkte der stattliche Mann wie nebenbei. »Machen Sie schneller. Sie bekommen sonst wirklich noch eine Lungenentzündung.«
    »Nichts wäre mir lieber«, erwiderte ich finster.
    »Sie sind lebendig, Sie brauchen Ihre Kräfte noch. Und wischen Sie sich den Lehm ab. Sie sehen aus, als hätten Sie Kriegsbemalung aufgetragen.« Er lächelte leicht.
    »Wozu?«, brummte ich, wischte allerdings mein Gesicht gehorsam sauber. »Seitdem Manuel nicht mehr lebt, ist mir alles ziemlich egal.«
    »Sie haben ihn geliebt?«
    Ich sah ihn an. Warum interessierte sich dieser komische Kerl dafür?
    »Ja«, sagte ich leise. »Ich habe ihn geliebt ... mehr als mein Leben. Wir waren glücklich zusammen. Ach, glücklich … selig! Im absoluten Himmel!« Ich vergaß, dass ich nackt vor einem Wildfremden stand. »Ein Jahr lang lebten wir zusammen. Wir haben uns nie gestritten. Als wir uns das erste Mal sahen, auf der Party eines Freundes, wussten wir schon, dass wir zusammengehören. Wir wussten es einfach, beide. Dieses ganze Abtasten und Umeinanderschleichen, dieses Erkunden und Zweifeln – das haben wir einfach übersprungen. Wir gingen zusammen nach Hause, eng umschlungen, als wären wir schon hundert Jahre so gegangen. Wir schliefen zusammen, ohne vorher darüber zu sprechen, und wir blieben zusammen. Nie mehr verbrachten wir eine Nacht ohne den andern. Es war, als ob einer nur auf den anderen gewartet hätte, als ob unser Leben nun endlich wirklich beginnen würde. Wir hatten unser altes Leben einfach vergessen.« Ich schwieg und starrte vor mich hin.
    »Ja, das klingt immer so schön«, meinte Charon wohlig seufzend. »Das sind herrliche Geschichten. Aber wenn ich Ihnen zehn oder gar zwanzig Jahre später begegnet wäre, hätten Sie das ganz anders erzählt. Jahrzehntelange Ehe – das zermürbt. Da schlägt der Alltag zu, an allen Ecken und Enden.«
    »Was erlauben Sie sich?«, brauste ich auf. »Sie kennen Manuel doch gar nicht, und mich auch nicht. Was wissen Sie von unserer Liebe?« Ich rubbelte mit einem Handtuch meine dichten, blonden Haare trocken.
    »Ich kenne viele solche Schicksale. In meinem Beruf habe ich dauernd damit zu tun. Der Tote war immer der Beste, Schönste, Liebste, Edelste. Ich weiß nicht, wo die vielen Nervensägen, Familientyrannen, Griesgrame, Querulanten, Betrüger, Lügner, Denunzianten, Widerlinge und Heuchler bleiben – sterben tun sie anscheinend nie.«
    Ich antwortete nicht. Verbissen rieb ich Wasser und Lehm von meinem Körper ab und kümmerte mich einen Dreck darum, ob der Fremde zusah.
    »Habe ich Ihre Gefühle verletzt?«, fragte Charon überraschend sanft. »Das wollte ich nicht. Es kann sein, dass mein Beruf mich etwas zu hart gemacht hat.«
    »Es war nett von Ihnen, dass Sie mich hier hereingelassen haben«, meinte ich betont distanziert. »Aber ich wäre Ihnen außerordentlich dankbar, wenn Sie sich nicht in mein Privatleben einmischen würden.«
    Charon lachte. Hinter seinen schmalen, blassen Lippen blitzten regelmäßige Zähne auf.
    »Sie gefallen mir irgendwie«, bemerkte er launig. »Ich weiß nicht, warum. Vielleicht ist es Ihr Durchdrungensein von der wahren Liebe, vielleicht sind es Ihre hübschen, blauen Augen, vielleicht auch nur diese belustigende Situation, wie Sie da so nackt vor mir stehen … Sie haben übrigens eine sehr gute Figur«, setzte er hinzu, »und Ihre Männlichkeit ist auf jeden Fall sehenswert.«
    Verlegen wickelte ich mir ein Handtuch um die Hüften.
    »Sie sind Komplimente von Fremden nicht mehr gewöhnt – so ist das mit dem ehelichen Einerlei.« Charon lachte erneut. »Wissen Sie was?«, fuhr er fort. »Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Ich verschaffe Ihnen die Möglichkeit, Ihren Freund ins Leben zurückzuholen, wenn Sie mir dafür beweisen, dass Sie beide sich auch nach fünf Jahren noch so innig und treu lieben wie heute – ja, ich denke, fünf Jahre dürften genügen.«
    »Ich empfinde es als beschämend«, sagte ich tonlos und musste mir wieder einmal über die Augen wischen, »wie Sie mit dem Schmerz anderer Menschen Ihre Witze machen.« Ich griff nach meinen feuchten, verschmutzten Textilien, um endlich diese befremdliche Begegnung zu beenden. Die Leichenträgeruniform verschmähte ich.
    »Aber, junger Mann!«, beschwichtigte mich Charon. »Ich meine es ganz ernst. Eigentlich überschreitet es natürlich meine Befugnisse, wenn ich Sie mitnehme, aber unser Fürst ist ein guter Freund von mir.« Er strich sich vielsagend über die Lippen. »Ich denke,

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