Fantastische Jungs. Gay Fantasy Geschichten.
ich könnte ihn überreden. Es ist immerhin ein interessantes Experiment, und es gibt Präzedenzfälle.«
»Lassen Sie mich in Ruhe«, knurrte ich. Ich streifte meinen ekelhaft nasskalten Slip über.
»Sie glauben mir nicht? Nun, das kann ich Ihnen nicht verdenken. Aber warten Sie hier, nur zwei Minuten, und ich komme mit Ihrem Manuel zurück. Deshalb war ich eigentlich hergekommen, um ihn zu holen. Dass Sie nachts auf seinem Grab herumhocken, konnte ich nicht ahnen.« Er nahm rasch Umhang und Hut und verließ ohne weiteren Kommentar den Raum.
»Sie widerwärtiger Sadist!«, schrie ich ihm nach. Ich zitterte am ganzen Leib, vor Kälte und vor Wut. Manuel, mein lieber, liebster Manolo! Das Leben ohne ihn war unerträglich. Warum, warum musste er mit diesem Zug fahren, warum musste gerade dieser Zug aus den Schienen springen, warum musste Manuel im Unglückswagen sitzen, der am Brückenpfeiler zerschellte – warum gerade er?
Hastig zerrte ich meine Hose aus dem traurigen Stoffhaufen, der einmal mein guter Anzug gewesen war, zog sie unter Zähneklappern an, schlüpfte in meine quietschnassen Socken und Schuhe, warf das Hemd und das tropfende Jackett über, stürzte zur Tür – und erstarrte. Ich wollte schreien, schreien, schreien! Doch ich brachte keinen Ton zustande.
Vor mir stand Manuel.
Mein Herz setzte aus, meine Beine wurden weich wie Pudding, mein Atem stand still. Und doch blieb ich aufrecht stehen, glotzte nur reglos auf diese Erscheinung.
Es war wirklich Manuel, daran bestand kein Zweifel. Da war sein Gesicht, sein schönes, andalusisches Gesicht mit den riesigen, dunklen, lang bewimperten Augen, mit der viel zu großen Nase und den vollen, perfekt geformten Lippen. Da waren seine schwarzen Locken, sein kräftiger Hals, seine Bilderbuchwaden und die anbetungswürdigen Füße. Der Rest des Körpers wurde von dem weißen Totenhemd verdeckt, diesem unsäglichen, letzten Kleidungsstück aus gestärktem Billigstoff, das vorne üppig mit Spitzen geschmückt war und hinten offen und kahl.
»Sie sind sprachlos?«, hörte ich wie aus weiter Ferne Charons Stimme. »Ich hatte es Ihnen doch angekündigt.« Der Geheimnisvolle tauchte hinter Manuel aus dem Dunkel auf. »Aber ich rate Ihnen, ihn nicht zu berühren – er fühlt sich ziemlich kalt an. Und er kann Sie auch nicht wahrnehmen, er sieht und hört nichts.«
»Manolo!«, hauchte ich ersterbend. Dann muss ich wohl ohnmächtig zusammengebrochen sein.
***
Ich erwachte vom Holpern über Kopfsteinpflaster. Benommen sah ich mich um. Ich saß fest angeschnallt auf dem Beifahrersitz eines luxuriös ausgestatteten Leichenwagens. Durch die Scheibe erkannte ich schemenhaft ein verschlafen im Dunkeln daliegendes, schäbiges Dorf.
Links neben mir saß Charon am Steuer.
»Ich dachte mir, dass die märkischen Dorfstraßen Sie wachrütteln würden«, bemerkte er schmunzelnd.
»Wohin fahren Sie mit mir?«, fragte ich heiser.
»Zum Asphodeliengrund«, erklärte Charon bereitwillig. »Es ist nicht mehr weit, wir haben überall Einfahrten anlegen lassen. Seit den Zeiten der Antike hat sich die menschliche Bevölkerung so erheblich vervielfacht, dass wir alles sehr straff organisieren müssen.«
»Wer sind Sie wirklich?«, flüsterte ich. Ein eisiger Schauer kroch über meinen Rücken, und das nicht nur, weil meine Kleidung immer noch feucht war.
»Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Ich bin Charon, ehemals Fährmann über den Styx. Heutzutage arbeite ich natürlich mit moderneren Verkehrsmitteln. Außerdem habe ich einen weit verzweigten Mitarbeiterstab. – Ich gestehe«, setzte er lächelnd hinzu, »dass ich mir als Leiter der Transfer-Abteilung das Recht herausnehme, nur junge und schöne Tote persönlich abzuholen.«
»Himmel!«, murmelte ich und fuhr mir über die mit kaltem Schweiß bedeckte Stirn.
»Nein, im Himmel sind wir nicht!«, sagte Charon mit Nachdruck.
»Sie sind ein Schauspieler! Ein … ein lächerlicher Schmierenkomödiant!«, knirschte ich zwischen den Zähnen hervor. »Lassen Sie mich aussteigen!«
»Sie enttäuschen mich«, erwiderte er verstimmt, während er den schweren Wagen weiter über die nächtlichen Alleen lenkte. »Ich hatte mir mehr Aufgeschlossenheit von Ihnen erhofft. Nun ja … Unsere Organisation arbeitet seit mehreren tausend Jahren auf dem Gebiet der Totenbetreuung. Sie können mir glauben, dass es für Komödiantentum da keinen Platz gibt.«
»Was haben Sie mit Manuel gemacht?«, fragte ich halb erstickt.
Charon deutete
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