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Fantastische Jungs. Gay Fantasy Geschichten.

Fantastische Jungs. Gay Fantasy Geschichten.

Titel: Fantastische Jungs. Gay Fantasy Geschichten. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Janus
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erkennen.
    »Wo lassen Sie die vielen Verstorbenen, die von uns zu Ihnen kommen?«, wollte ich wissen und dachte dabei, dass ich inzwischen schon völlig absurde Fragen stellte. »Es müssen doch Millarden sein – und ich sehe niemanden weit und breit.«
    »Mein lieber Herr – wie heißen Sie überhaupt?«
    »Ulsson ... Otto Ulsson.«
    »Also, verehrter Herr Ulsson, Sie dürfen sich nicht allzu sehr unseren Kopf zerbrechen. Nehmen Sie alles einfach so hin!«
    Offenbar gab es Dinge in dieser Organisation, die nicht erwähnt werden durften. Oder – falls es sich doch um eine Fernsehshow handelte – die Macher hatten nicht alles bis ins Letzte durchdacht.
    »Ah, wir sind da!«, sagte Charon nach einer Weile und lenkte den Leichenwagen um einen kreisförmigen Platz. Er hielt an und setzte zurück in eine gewaltige Halle mit zahlreichen Toren, ähnlich einem Ringlokschuppen. Hier gab es überall sehr helle Lampen. Nun sah ich auch die erwähnten ‘Mitarbeiter’: Männer wie von den Vasenbildern des Antikenmuseums entsprungen. Alle hatten diese helle, marmorfarbene Haut wie Charon, alle waren schwarzhaarig und alterslos hübsch. Sie gingen in schwarze Chitone – kurze, hemdartige, gegürtete Gewänder – gekleidet. Dazu trugen sie silberlederne, wadenhohe Schnürsandalen. Gleich vier von ihnen sprangen heran, als Charon in die weitläufige Halle einfuhr, in der bereits zahllose Leichenautos entladen wurden. Sie öffneten die Heckklappe und zogen den Sarg aus dem Wagen.
    »Seid vorsichtig mit ihm!«, rief Charon ihnen zu. »Vielleicht wird sein Körper noch einmal gebraucht.«
    Die Helfer kicherten wie über einen sehr guten Witz. Während sie rasch den Sargdeckel abhoben, warfen sie mir neugierige Blicke zu. Ich musste ihnen nicht nur wegen meines zerknitterten, feuchten Anzugs ziemlich exotisch vorkommen.
    »Guten Abend!«, grüßte ich, mehr aus Verlegenheit als aus Höflichkeit.
    » Chaire !«, riefen die Männer freundlich zurück. Offenbar hatte sich diese griechische Grußformel beim Volk seit der Antike unverändert erhalten.
    »Sie müssen jetzt noch einmal nervenstark sein«, sagte Charon leise zu mir.
    Ehe ich fragen konnte, warum, erstarrte ich schon. Die Totenbetreuer hoben meinen Manuel aus dem Sarg und zogen ihm das Leichenhemd aus. Und endgültig sah ich, dass es keinen Irrtum geben konnte. Dieser schöne Körper, die fein modellierte, haarlose Brust, die traumhaften Oberschenkel und vor allem das ebenmäßige, harmonisch geformte Glied mit der zart braunrosafarbenen, dicken, immer hungrig sich hervordrängenden Eichel und dazu die großen, schweren, reizvoll verpackten Hoden gehörten zu Manuel. So einen wundervollen Mann gab es nicht noch einmal.
    Manuel jedoch sah mich nicht. Seine dunklen Augen starrten glasig durch mich hindurch. Willenlos stand er da, ließ sich von den flinken Helfern waschen und die Locken kämmen. Und dann – mein Herz krampfte sich in ohnmächtigem Schmerz zusammen – wurde er weggeführt, hinaus aus der Halle, fort in die Dämmerung.
    »Manuel!«, brüllte ich und wollte ihm nachstürzen. Da fühlte ich mich sanft, aber bestimmt zurückgehalten.
    »Lassen Sie ihn«, sagte Charon gleichmütig. »Er muss jetzt zur Reanimation. Sie werden ihn vielleicht wiedersehen – Sie erinnern sich an meinen Vorschlag?«
    »Ja!«, krächzte ich. Ein erneuter Weinkrampf durchschüttelte mich.
    »Kommen Sie mit zum Palast, es sind nur ein paar hundert Meter – und trocknen Sie Ihre Tränen, werter Herr Ulsson! Hier in Hades’ Reich weint niemand. Genauer gesagt: Das Weinen ist ausdrücklich verboten. Reißen Sie sich also zusammen, wenn Sie keinen Ärger bekommen wollen.«
    »Tut mir leid«, murmelte ich und schnäuzte mich.
    Wenn dieser ganze Wahnsinn real ist, wenn ich hier wirklich im Orkus stecke, dachte ich, dann hole ich dich zurück, Manuel! Ich rette dich! Weil ich dich so sehr liebe!
     
    ***
    Der Palast des Hades entsprach ganz und gar nicht meinen Vorstellungen. Kein hehrer Säulentempel, kein düster-antikes Mausoleum. Ein hypermoderner, mehrteilig gegliederter Repräsentationsbau aus Glas und Stahl schwang sich inmitten einer gleißend beleuchteten, weitläufigen Parkanlage kühn empor. Strahlend helle, durchsichtige Kuppeln und architektonisch gewagte Dach- und Turmkonstruktionen wechselten einander ab.
    Der ganze Komplex summte wie ein Bienenstock vor Geschäftigkeit. Zahllose der in dunkle Chitone gewandeten Bediensteten wuselten anscheinend ziellos durch die gläsernen

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