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Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03

Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03

Titel: Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das dunkle Muster
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– Sterben ist Lernen.«
    Schweigend sah er sie an. Jills rechter Mundwinkel zuckte; ihre Augen verengten sich.
    »Ich könnte Ihnen jetzt sagen, daß Sie sich das alles sonstwo hineinschieben können«, sagte sie, »aber ich muß mit Ihnen auskommen. Allerdings will ich Ihnen gleich sagen, daß es irgendwo eine Grenze gibt, was ich hinnehmen werde.«
    »Sie haben mich anscheinend nicht verstanden«, erwiderte Schwartz. »Ich sagte, daß es mich jetzt nicht mehr stört. Und ich sagte, daß ich lebe und lerne. Ich bin nicht mehr der David Schwartz von 1893. Und ich hoffe, daß Sie auch nicht die Jill Gulbirra von… Wann sind Sie überhaupt gestorben?«
    »1983.«
    Sie gingen schweigend bergab, während Jill ihren Gral am Ende des über ihrer Schulter liegenden Speers transportierte. Einmal blieb Schwartz stehen, um ihr einen Bach zu zeigen, der in den Hügeln entsprang. Seine Quelle befand sich irgendwo in den Felsen der Berge. Sie erreichten einen kleinen, zwischen zwei Hügeln liegenden See. Ein Mann saß in seiner Mitte in einem Ruderboot, hielt eine aus Bambus gefertigte Angel in der Hand und ließ sich von der Strömung langsam auf ein Gebüsch zutreiben, das vom Seeufer aus das Wasser überschattete. Er schien Japaner zu sein.
    Schwartz sagte: »Ihr Nachbar. Sein richtiger Name ist Ohara, aber er liebt es, wenn man ihn Piscator nennt. Er ist ein Izaak-Walton-Experte, und er kann ihn Wort für Wort auswendig hersagen. Er ist der Meinung, daß jeder Mensch dieser Welt nur einen Namen benötigt, und deswegen hat er sich für >Piscator< entschieden. Das ist lateinisch und bedeutet Fischer. Wie Sie sehen, ist er geradezu vernarrt in Fisch. Deswegen ist er auch der Favorit beim großen Parolando-Flußdrachenfischen. Aber heute scheint ihm das Glück nicht sonderlich hold zu sein.«
    »Wie interessant«, sagte Jill. Irgendwie wurde sie den Eindruck nicht los, daß Schwartz drauf und dran war, ihr etwas Unangenehmes mitzuteilen. Sein feines Lächeln erschien ihr irgendwie sadistisch.
    »Er wird möglicherweise Erster Offizier unseres Luftschiffs werden«, fuhr er fort. »Er war japanischer Marineoffizier und diente am Anfang des Ersten Weltkriegs bei der englischen Marine als Beobachter und Ausbilder für Luftschiffe. Später hat er in derselben Funktion für die Italiener gearbeitet. Auf einem Luftschiff, das Bombenangriffe auf österreichische Basen flog. Er hat also, wie Sie zugeben müssen, genügend Erfahrung, um auf der Mannschaftsliste ganz oben zu stehen.«
    »Und außerdem ist er ein Mann.« Jill lächelte, obwohl sie innerlich kochte. »Und auch wenn meine Erfahrung größer ist als seine, bleibt er das.«
    Schwartz wandte sich ab. »Ich bin sicher, daß Firebrass sich seine Offiziere ausschließlich aufgrund ihrer Fähigkeiten auswählen wird.«
    Sie gab keine Antwort.
    Schwartz winkte dem Mann auf dem Boot zu. Der Japaner erhob sich von seinem Sitz und verbeugte sich lächelnd, dann nahm er wieder Platz, nicht allerdings, ohne Jill vorher einen Blick geschenkt zu haben, unter dem sie sich fühlte wie ein Schiff unter einem Radarstrahl, der sie eingehend musterte, analysierte und ihre psychische Konstruktion identifizierte.
    Einbildung, klar. Aber sie glaubte Schwartz sofort, als er sagte: »Ein außergewöhnlicher Mensch, dieser Piscator.«
    Die schwarzen Augen des Japaners schienen Löcher in ihren Rücken zu brennen, als sie ging.

10
    Draußen war es finster. Drinnen wand sich die Nacht dahin, durchzogen von bleichen Blitzen im Bewußtsein. Einige Zeit später, an einem Ort, wo keine Zeit existierte, leuchtete ein heller Strahl, wie erzeugt von der Linse eines Filmprojektors. Das Licht war nur ein Flüstern in der Luft; in ihrem Kopf hingegen ein lautes Dröhnen. Der Film schien auf einem Kathodenstrahl-Oszilloskop abzulaufen; er war eine Serie von Buchstaben, zerbrochenen Wörtern, Zeichen und Symbolen; jedes einzelne Teil eines undurchschaubaren Kodes. Das heißt: Vielleicht undurchschaubar.
    Was schlimmer war: Er schien rückwärts zu laufen. Es war eine für das Fernsehen gemachte Dokumentation, hergestellt für die quadratäugigen Betrachter des Glotzophons. Trotzdem, auch wenn er rückwärts lief: Er war ausgezeichnet. Gesichter zogen vorbei, kehrten wieder wie ein Echo und deuteten Intimität auf Intimität in elektronischer Schnelligkeit an. Wie ein Buch, dessen Seiten man über dem Daumen abblättern ließ. Aber der Text, wo war der Text? Und an was dachte sie, wenn sie über die Gesichter

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