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Faszinierend wie der Kuss des Herzogs

Faszinierend wie der Kuss des Herzogs

Titel: Faszinierend wie der Kuss des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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sorgfältig geplant.
    Sie zog einen Stuhl zum Fenster, kletterte darauf und spähte hinaus. Nur Bäume und Felsen – sonst sah sie nichts. Kein Geräusch durchbrach die Stille.
    Langsam sank sie auf den Stuhl hinab, fühlte sich einsam und verlassen. Ihr Blick streifte eine Schale, die auf dem Schreibtisch stand, gefüllt mit roten und goldenen Früchten. Keine Granatäpfel … Trotzdem dachte sie an Persephone, von einem Schurken, der ein schwarzes Pferd geritten hatte, in ein Schattenreich entführt. Nur weil das einem arroganten Mann erstrebenswert erschienen war!
    Heißer Zorn stieg in Clio auf. Oh, wie konnte Edward es wagen, sie hier gefangen zu halten? Nachdem er so sehnsüchtige Emotionen in ihr geweckt hatte? Mit einer wütenden Geste fegte sie die Bücher, die Kerzen und die Obstschale vom Schreibtisch, krachend landete alles am Boden.
    Warum Edward das getan hatte, verstand sie nicht. Doch es überraschte sie kein bisschen, denn er war ein seltsamer Mann. Wie auch immer, eins stand fest. Damit würde er nicht davonkommen, diesmal nicht. Sie würde fliehen. Und danach …
    Was sie ihm antun würde, wusste sie noch nicht. Jedenfalls etwas Schreckliches. So wie Artemis dem dreisten Aktäon. Und Edward würde zutiefst bedauern, dass er ihr jemals begegnet war.
    Als sie gedämpfte Geräusche hörte, stellte sie sich wieder auf den Stuhl und schaute hinaus. Da war er, ihr Hades. Auf seinem schwarzen Hengst überquerte er eine kleine Lichtung. Bevor er abstieg, blickte er zögernd und forschend zum Haus. Dann nahm er ein Päckchen aus seiner Satteltasche.
    „Ja, du hast allen Grund zur Vorsicht“, flüsterte Clio. Die Hände geballt, sah sie ihn näher kommen. „Doch die wird dir nichts nützen.“
    Ihre Nerven zum Zerreißen gespannt, hörte sie, wie unterhalb ihrer Kammer eine Tür geöffnet wurde. Atemlos erhob sie sich, schlich zu der leeren Obstschüssel, die vom Schreibtisch gefallen war, und griff danach. Vielleicht konnte sie Edward damit bewusstlos schlagen, flüchten, sein Pferd stehlen …
    Die Bronzeschale in der Hand, postierte sie sich neben der Tür und lauschte den Schritten auf der Treppe.
    Schmerzhaft hämmerte ihr Herz gegen die Rippen. Schlüssel klirrten, und sie schwang die Schale empor …

20. KAPITEL

    Leise klopfte Thalia an Clios Schlafzimmertür und beugte sich lauschend vor. Obwohl sie keine Antwort zu hören erwartete, hoffte sie halb und halb darauf. Aber sie vernahm nur die Stimmen ihres Vaters und Corys, die im Erdgeschoss miteinander sprachen.
    Sie öffnete die Tür, schlich ins Zimmer, sah die geschlossenen Vorhänge und das ordentlich gemachte Bett. Erst ein Tag war seit Clios Abreise verstrichen, und der Raum wirkte trotzdem staubig und unbewohnt. Nun, vielleicht lag das nur an der regen Fantasie einer Schauspielerin, die überall dramatische Geheimnisse witterte.
    Jedenfalls glaubte ihr Vater, die Situation sei nicht mysteriös. Am Vortag hatten sie, nach der Rückkehr aus der Villa, eine Nachricht von Clio erhalten. Sir Walter erfuhr von einem Lakaien, sie habe doch noch beschlossen, die Darbys nach Motya zu begleiten. Das hatte ihn nicht überrascht, denn sie traf sehr oft solche impulsiven Entscheidungen. Und er meinte, es würde ihr guttun, Santa Lucia für eine Weile zu verlassen.
    Doch das überzeugte Thalia nicht. Gewiss, es wäre vorteilhaft, wenn ihre Schwester vorerst weitere Begegnungen mit dem Duke of Averton vermied. Und Clio neigte tatsächlich zu spontanen Entschlüssen. Aber sie würde niemals einfach verschwinden, ohne ein paar Zeilen mit näheren Erklärungen zu hinterlegen.
    Was ging da vor? Das verstand Thalia nicht. Sie spürte nur, dass irgendetwas nicht stimmte.
    Immer wieder hatten Clio und Calliope ihr unangenehme Dinge verheimlicht, um sie zu schützen, um ihre Gefühle zu schonen. Weil sie die kleine Schwester in ihr sahen, ein dummes, blondes kleines Mädchen, das bestenfalls Klavier spielen und hübsche Kleider anziehen konnte – sonst nichts.
    Davon hatte sie endgültig genug. Jetzt wollte sie nicht mehr abgeschirmt und beschützt werden. Immerhin war sie neunzehn Jahre alt, kein Kleinkind und keine Närrin. Zweifellos plante Clio etwas ganz anderes, als Sehenswürdigkeiten zu bewundern. Und Thalia wollte herausfinden, was das sein mochte.
    Hastig durchsuchte sie die Schubfächer von Clios Toilettentisch und den Schrank. Haarbürsten, Parfümfläschchen, Seife und Badesalz waren verschwunden, ebenso mehrere Kleider. War sie tatsächlich

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