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Fatal - Roman

Titel: Fatal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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sie schon. Das war mehr, als sie für den ersten Tag erwartet hatte. Ihr Job war in Gefahr - und was war mit ihrem Liebesleben? Es war alles plötzlich so weit weg, ganz weit weg. Müdigkeit umfing sie, und sie vergaß ihre Angst.
    Nach ein paar Sekunden war sie eingeschlafen.

54
    Am nächsten Morgen parkte Ellen den Wagen erneut an derselben Stelle, schräg gegenüber der Surfside Lane. Es war wieder tropisch heiß, aber heute hatte sie sich gewappnet.
Im sündteuren Hotel-Shop hatte sie sich eine Baseballmütze, eine gefälschte Designer-Sonnenbrille und ein chromgelbes T-Shirt mit der Aufschrift »South Beach« gekauft, das sie mit weißen Shorts kombinierte. In ihren Hosentaschen steckten eine zusammengefaltete braune Papiertüte und ein Plastikhandschuh.
    Sie trank einen Schluck Orangensaft. Die Flasche aus der Minibar war noch kühl. Die Nachricht von Amys Tod ließ sie nicht los. Und wenn ihr jemand absichtlich die Überdosis verabreicht hatte? Diesen dunklen Gedanken schob sie beiseite; sie wollte sich erst wieder damit beschäftigen, wenn sie erledigt hatte, was sie in Miami erledigen musste. Rechtzeitig zur Beerdigung wollte sie wieder zu Hause sein.
    Sie steckte die Flasche in den Getränkehalter und sah sich um. Es war nicht viel los. Nur Jogger waren unterwegs. Zwei ältere Damen zogen laut keuchend ihre Walking-Runden, eine junge Frau rannte im Sport-BH und einer schwarzen Bikinihose ums Carré, eine andere führte im Sprinttempo ihren Zwergpudel aus, Handy und Schrittzähler baumelten vor ihrem Bauch.
    Für heute hatte Ellen sich etwas Neues ausgedacht. Sie wollte als Spaziergängerin Erkundigungen einziehen. Also verließ sie den Wagen und schlenderte die Straße entlang. Wann hier wohl die Post abgeholt wurde? Bei keinem Briefkasten war der rote Zeiger oben. Wenn sie einen Brief von Carol hätte, hätte sie ihr Ziel erreicht.
    Sie beschleunigte ihren Schritt, um die beiden älteren Damen einzuholen, die vor ihr herliefen. Die beiden trugen pastellfarbene Bermudashorts und gemusterte Trägerhemdchen. Obwohl sie bestimmt über siebzig waren, sahen
sie blendend aus. Beide trugen ihr silbernes Haar kurz geschnitten. Die Rechte hatte eine gelbe Schirmmütze aus Frottee, die Linke eine weiße Baseballmütze als Sonnenschutz aufgesetzt. Kurz vor dem Haus der Bravermans hatte Ellen sie eingeholt.
    »Entschuldigen Sie, meine Damen.« Die beiden drehten sich um. »Wissen Sie, um wie viel Uhr hier die Post abgeholt wird? Ich kümmere mich um das Haus meiner beiden Cousins auf der Brightside Lane und habe vergessen, sie danach zu fragen.«
    »Wer sind denn Ihre Cousins?«, fragte die Dame mit der Schirmmütze freundlich.
    »Die Vaughns«, antwortete Ellen wie aus der Pistole geschossen. Am frühen Morgen hatte sie bei der Fahrt durch die Brightside Lane, die acht Blocks entfernt war, den Namen auf einem Briefkasten gelesen. »June und Tom Vaughn. Kennen Sie sie?«
    »Leider nicht. Brightside ist ein bisschen weit weg.« Die Dame mit der Schirmmütze verdrehte den Kopf und sah Ellen verwundert an. »Und warum walken Sie hier und nicht dort?«
    Oh. »In der Straße gibt es einen großen Hund. Ich habe Angst vor großen Hunden.«
    »Wie recht Sie haben. Ich mag auch nur Katzen. Die Post wird gegen elf abgeholt. Ich bin Phyllis. Schließen Sie sich uns an, damit Sie nicht allein laufen müssen.«
    »Danke. Das Angebot weiß ich zu schätzen.« Ellen wollte sie aushorchen, bis Carol ihren Brief aufgab oder ihre DNA vom Himmel fiel.
    »Wir lieben neue Gesichter. Seit sechs Jahren laufen wir jeden Tag zwei Meilen miteinander. Wir hängen einander
zum Hals raus.« Phyllis lachte, und ihre Freundin stieß sie in die Seite.
    »Stimmt«, sagte sie, »ich habe wirklich die Nase voll von dir, Phyl.« Sie sah Ellen mit einem warmen Lächeln an. »Ich bin Linda DiMarco. Und wer sind Sie?«
    »Lucy Essex.« In der Einfahrt der Bravermans stand nur noch Carols Jaguar. Bills Maserati war schon weg. Beiläufig wies sie auf das Mahnmal auf dem Rasen. »Was ist das für eine Tafel? Und was haben all diese gelben Bänder zu bedeuten?«
    »Oh, das ist schrecklich«, antwortete Phyllis. Die kleine, zierliche Dame hatte eine große Hakennase und tiefe Falten an den Mundwinkeln. »Ihr Baby ist vor einigen Jahren gekidnappt worden. Sie haben es nie zurückbekommen. Können Sie sich das vorstellen?«
    Lieber nicht . »Kennen Sie die Familie?«
    »Klar. Carol ist ein prima Kerl. Bill auch. Und ihr Baby, Timothy, war ein reizendes

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