Fatales Vermächtnis
ignorierte. »Ich habe meine Entscheidung getroffen. Ich war zu lange arm, um mir diese Gelegenheit entgehen zu lassen. Wer weiß, wie viele Jahre ich noch lebe.« Er schob die herumliegenden Kronen weg von sich. »Die sind für Euch, und eine ist für den König. Damit sind meine Kosten beglichen.« Er hinkte hinaus, das Klirren der Münzen hörten sie lange.
Valeria grinste. »Ich wette, dass er sie zählen wird.« Sie schwenkte den Wein und beobachtete, wie er von den Rändern herabrann. »Wenigstens wird der Unbekannte nicht lange etwas von dem alten Furz haben. Bei seiner Vorgehensweise ist er innerhalb eines Jahres tot.« Sie wirkte erleichtert. »Ich bin wieder bei den wichtigen Dingen des Lebens«, verabschiedete sie sich und ging hinaus. Brahim sah zu Alsa. »Tut es Euch leid, dass Ihr Nein gesagt
habt?«
Die junge Frau seufzte und hob eine Münze auf. »Diese wird mir ein Andenken sein. Entweder ich bereue es, an diesem Tag nicht zugegriffen zu haben, oder ich werde mich freuen, die bessere Entscheidung getroffen zu haben.«
Demön verneigte sich tief vor ihnen. »Meinen aufrichtigsten Dank, dass Ihr bleibt.« Er grinste gemein.
»Auch ich denke, dass wir den Verlust des alten Furzes verschmerzen können. Aber jetzt entschuldigt mich. Perdor muss eine Brieftaube mit einem Bericht erhalten.«
Alsa begleitete ihn, weil sie in ihr Zimmer wollte, und Brahim
blieb in der Bibliothek. Er dachte über die letzten Geschehnisse nach. Der Gedanke daran, dass Fremde hergefunden hatten, sorgte ihn. Bald würde sich seine Familie hier befinden, und wenn der Auftraggeber der Fremden beschloss, die restlichen Magier anzugreifen, geriet sie unweigerlich in Gefahr. Perdor war demnach nicht der Einzige mit einem Netz aus Spionen, und das beunruhigte Brahim. Sie benötigten mehr Schutz als eine abgelegene Gegend.
Des Weiteren gelangte er zur Überzeugung, dass Valeria sich den Beutel genommen hätte, wenn Ormut es nicht getan hätte. Brahim hatte genau gemerkt, dass die Frau erleichtert gewesen war, die Entscheidung doch nicht treffen zu müssen.
»Gut, dass sie geblieben ist.« Er schlenderte zum Ausgang und betrachtete die vielen Buchrücken.
»Aber warum kann sie mich nicht leiden?«
Brahim hob den Kopf, die Sonnen schienen bereits durch die Fenster. Hastig sprang er aus dem Bett. Er wollte dabei sein, wenn Ormut den Beutel an Brujina übergab. Brahim hegte die Hoffnung, dass sich der alte Mann vielleicht besann.
Er eilte durch die Gänge und die Bibliothek zur Ausgangspforte, die weit offen stand. Ormut wollte seine Abkehr von der Universität wohl deutlich machen.
Alsa erschien und begab sich an seine Seite. »Guten Morgen! Wir sind wohl zu spät«, sagte sie verschlafen und rieb sich die Augen.
»Scheint so.« Brahim trat hinaus in den Säulengang und sah auf die schmale, unbefestigte Straße. Der warme Wind führte bereits den Geschmack von trockener Luft und Staub mit sich; um die Mittagszeit würde es sicherlich sengend werden. Ein Tag zum Hassen, wenn man aus Borasgotan stammte.
Als er die Straße genauer betrachtete, sah er die vier Fremden angeritten kommen, sie führten ein fünftes Pferd mit sich. »Wir
sind doch nicht zu spät«, murmelte er und schaute zur Bibliothek. Von Ormut entdeckte er nichts.
»Vielleicht ist er schon rausgegangen?«, meinte Alsa und schirmte die Augen gegen die Helligkeit ab.
»Da!«, rief sie. »Da,
neben der Straße! Sitzt da nicht jemand?«
Brahim musste ihr recht geben. Wegen der sandfarbenen Kleidung hatte er die Gestalt zunächst nicht bemerkt. »Ist das nicht...
Valeria?«
Alsa trat einige Schritte vor, um besser sehen zu können. »Was will sie denn?«
Es kamen einige Möglichkeiten in Betracht: Sie konnte ihnen auflauern, um sie zu töten oder um sie zu verhören, oder aber...
»Demön?«, rief Brahim. »Demön, hast du heute schon Ormut gesehen?«
Der Diener gab keine Antwort.
Alsa hegte noch keinen Verdacht, aber Brahim hatte als Hajduk zu viel von den Niederungen der menschlichen Seele zu Gesicht bekommen, um nicht argwöhnisch zu sein. »Bleibt im Schatten der Säule und beobachtet, was geschieht«, sagte er und wandte sich um. »Ich suche Demön.«
Brahim rannte zuerst in die Gemächer des Dieners, fand sie jedoch verlassen vor. Das Bett war nicht benutzt, und das machte ihn stutzig und nährte seine schlimmsten Befürchtungen. Er hetzte in Ormuts Gemach und fand den Alten im Bett: Aus seiner haarlosen, faltigen Brust ragte ein Messergriff, und
Weitere Kostenlose Bücher