Fauler Zauber
erschüttert worden. Mein Sohn wurde gekidnappt und nur gegen ein so hohes Lösegeld freigelassen, daß die finanzielle Zukunft meiner Familie auf der Kippe steht. Meine Adoptivtochter meinte, sie sei flügge und könne das Nest verlassen. Sie hat nur erreicht, daß sie von Banditen geschlachtet wurde.«
Ich drohte Eierkopf mit dem Finger.
»Mein Sohn hat sich umgebracht, nachdem er befreit worden ist. Und meine Tochter ist trotz Ihrer und der Bemühungen von Willa Dount nicht einmal, sondern zweimal weggelaufen.«
»Ganz zu schweigen von der Kleinigkeit, daß Courter Slauce gestern abend auf dem Weg zu mir umgebracht wurde, und von der Tatsache, daß Diebe das Warenlager der daPenas ausgeräumt haben«, flocht ich ein.
Ein Schatten zuckte über ihr Gesicht. Zum ersten Mal zeigte sie eine Regung. »Ist das wahr?«
»Was?«
»Das mit dem Warenlager.«
»Ja.«
»Das wußte ich noch nicht.«
»Vielleicht war die Domina zu beschäftigt, um über die ökonomische Seite den Überblick zu behalten.«
»Unfug. Die Domina unterbreitet mir die Hiobsbotschaften in Häppchen, weil sie hofft, daß ich ihr dann nicht die Haut abziehe und mir ein Buch daraus binden lasse.«
Es war eine bissige Bemerkung, die nicht ganz ernst gemeint war. Hexen und Zauberer hatten sich diese Unterstellung so lange gefallen lassen müssen, daß sie zu einem Witz im Gewerbe wurde.
Ich hatte meine Karten auf den Tisch gelegt und wartete. Sie war dran.
»Ich nehme an, Sie haben Informationen, über die ich nicht verfüge, Mr. Garrett. Bis jetzt haben Sie mir nur gesagt, aus welchen Motiven heraus Sie gehandelt haben. In Ordnung. Wir wissen beide, daß ich auch den Rest erfahren will. Sie wollen etwas für sich behalten. Können wir uns irgendwo auf einen gütlichen Kompromiß einigen?«
»Vermutlich. Ich glaube nicht, daß unsere Ziele allzuweit auseinanderliegen.«
»Meinen Sie? Und was wollen Sie?«
»Den Mann oder die Frau, die den Befehl zur Ermordung von Amiranda Crest gegeben hat.«
Vermutlich lernt man, sich zu beherrschen, wenn man so lange um so hohe Einsätze spielt. Mit diesem Gesicht wäre sie eine phantastische Kartenspielerin geworden. »Reden Sie weiter, Mr. Garrett!«
»Ich will diese Leute, ganz gleich, wer es ist. Die will ich.«
Sie musterte meine Gefährten. Sattler und Beutler trugen undurchdringliche Mienen zur Schau, nur Eierkopf beugte sich etwas zu uns herüber. »Offensichtlich wissen Sie erheblich viel mehr als ich.«
Eierkopf konnte sich nicht mehr zurückhalten. »Skredli und Donni Pell, Garrett. Die beiden wollen wir auch.«
Die Sturmwächterin starrte mich an. »Mein Freund war dabei, als Amiranda ermordet wurde. Er versuchte sie zu retten, ist aber gescheitert. Er fühlt sich verpflichtet, Hand an die Waage der Gerechtigkeit zu legen. Zudem hat er auch noch eine persönliche Rechnung offen. Zeig's ihr.«
Eierkopf verstand. Er zog sich aus. Seine Wunden sahen immer noch schlimm aus. Die tieferen Stiche würden ihre dunkelrote Färbung noch monatelang behalten.
»Verstehe«, meinte die Sturmwächterin. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir zu erzählen, was passiert ist?«
Eierkopf zog sein Hemd wieder an. Ich schwieg. Raver Styx sagte leise: »So läuft es also.«
Die ganze Zeit warf ich dabei Eierkopf wütende Blicke zu. Wie konnte er Donni Pell vor dieser Frau erwähnen? Ich hatte mir den Namen aufheben wollen, um den dramaturgisch bestmöglichen Effekt zu erzielen.
Aber sie hatte auf den Namen überhaupt nicht reagiert.
»Ich muß Sie wohl engagieren, Mr. Garrett. Vielleicht sind Sie dann ja gesprächiger.«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ich weiche bei keinem Job von meinem Prinzip ab. Ich bin der Fachmann. Wer mir nicht zutraut, meinen Job zu tun, ohne daß er sich einmischt, sollte mich besser gar nicht erst anheuern.« Ich glaubte nicht, daß meine Stimme brüchig klang. Jedenfalls hoffte ich es. »Warum wollen Sie mich überhaupt engagieren?«
Sie sah mich an, als wäre ich geisteskrank.
»Ich habe nichts gegen mehrere Klienten gleichzeitig, aber ich akzeptiere sie nicht, wenn ihre Ziele miteinander in Konflikt geraten.«
Immer noch starrte sie mich an. Unter ihrer ruhigen Oberfläche toste ein Orkan. Es war besser, sie nicht noch weiter zu reizen.
»Bevor wir weitermachen, möchte ich Ihnen etwas zeigen, Sturmwächterin. Aber ich warne Sie. Es wird Ihnen nicht gefallen. Sie werden sich aufregen. Trotzdem müssen Sie es sich ansehen, damit Sie sich keine Illusionen
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