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Faunblut

Faunblut

Titel: Faunblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Arm auf den Rücken. Eine Kette von Jägern bildete sich an der Seitenstraße, um einigen Flüchtenden den Weg abzuschneiden.
    »Stehen bleiben!«, rief eine Männerstimme. Jade kämpfte sich zu Ben zurück, legte ihm den Arm um die Schultern. »Los, komm!«, befahl sie und zog ihn mit sich an der Mauer entlang. Sie duckte sich so weit wie möglich aus dem Blickfeld. Die Menschenkette öffnete sich an einer Stelle. Jetzt galt es, für sich und Ben eine Lücke zu nutzen, doch genau in diesem Moment trat ein Jäger einen Schritt zurück und versperrte ihnen den Weg.
    Die Luft war aufgeladen wie vor einem Gewitter. Jeden Moment konnte die Stimmung umschlagen. Jade stellte sich auf die Zehenspitzen. Die Kette war noch nicht vollständig. Ein Schachbrettmantel leuchtete hinter der Frontlinie der Jäger auf. Am anderen Ende der Reihe stand Moira! Jade schätzte blitzartig ihre Chancen ein. Gut standen sie sicher nicht, aber es war die einzige Möglichkeit.
    »Bleib hier, Ben!«, zischte sie dem Greis zu. »Ich hole dich gleich wieder.«
    Es war nicht einfach, sich vorwärtszukämpfen. Jade bekam einen Ellenbogenhieb in die Seite, der ihr die Luft nahm, Stiefel schrammten über ihre Knöchel.
    »Moira!«, rief sie zwischen zwei Jägern in der Kette hindurch. Die junge Jägerin reagierte mit erschreckender Präzision. Sie zuckte nicht zusammen, sie suchte nicht mit dem Blick, sondern wandte den Kopf und sah Jade mit kalter Direktheit an. Und offenbar erkannte sie Jade wieder, denn ihre Miene verfinsterte sich sofort.
    Jade wurde auf der Stelle kalt. Das war es! Sie wird mich verhaften lassen.
    Moira trat zu den Jägern und sie öffneten die Kette und ließen sie durch. Mit zwei schnellen Schritten war sie bei Jade, packte sie grob am Kragen und zog sie zur Hausmauer. »Und wieder treffe ich dich an der gefährlichsten Stelle«, herrschte sie Jade an. »Was zum Teufel willst du hier?«
    »Es geht nicht um mich«, stieß Jade hervor. »Da drüben ist ein alter Mann, Ben, du kennst ihn. Der Verrückte vom Markt. Lasst wenigstens ihn gehen. Er könnte im Gewühl hinfallen und sich verletzen.«
    Moira zog die Brauen zusammen. »Was interessiert mich ein lumpiger Bettler?«
    »Was nützt es euch, wenn ihr ihn verhaftet oder er im Gedränge zu Tode kommt?«
    Moira schnaubte verächtlich. Jade fiel auf, wie blass sie war und wie tief die Schatten unter ihren Augen. Vielleicht hat sie doch ein Herz, dachte sie.
    »Bitte«, sagte sie leise. »Er hat doch nichts mit all dem zu tun.«
    »Wo ist er?«, fragte Moira ungnädig. Die Luft flirrte vor Ungeduld.
    Jade suchte mit dem Blick die ganze Mauer ab, reckte den Hals und stellte sich auf die Zehenspitzen, doch Ben war verschwunden – im Gewühl untergegangen wie eine Flaschenpost in einer schäumenden Woge.
    »Er ist weg!«, rief sie verzweifelt. »Bestimmt ist er gestürzt. Ich muss zurück und …«
    Moira packte sie grob am Arm und gab den Jägern einen Wink.
    Jade spannte schon die Muskeln an, um sich mit aller Kraft zu wehren, als sie Moiras barschen Befehl hörte.
    »He! Lass die hier raus!«
    »Warum?«, gab ein Jäger unfreundlich zurück.
    »Ich kenne sie«, sagte Moira. »Jade Livonius. Sie hat bei der Jagd auf das Echo geholfen. Also mach schon!«
    Ehe Jade noch etwas sagen konnte, hatte Moira sie durch die Linie geschubst. Plötzlich stand sie auf der anderen Seite, misstrauisch beäugt von Galgos und nachrückenden Jägern. Dort, wo Moira sie gepackt hatte, pochte der Schmerz durch ihren Arm.
    Benommen drehte sie sich um. »Moira?«, fragte sie. »War es … hat ein Echo den Lord ermordet?«
    Moiras Blick flackerte für einen Moment, vielleicht war es sogar Angst, die durchschimmerte. Dann war das Aufblitzen wieder erloschen.
    »Wer sollte es sonst getan haben?«, erwiderte sie mit harter Stimme. »Sie sind überall, vier Stück haben wir heute Nacht gejagt. Also geh endlich und bleib im Haus, wenn du nicht willst, dass sie dich auch noch erwischen.«
    »Danke«, brachte Jade mühsam hervor, doch die Jägerin hatte sich wieder abgewandt. Jade versuchte ein letztes Mal vergeblich, den armen Ben zu entdecken, dann lief sie, so schnell sie konnte, zurück zum Markt.
    *
    Mochten auch drei Lords den Kopf verloren haben, die Arbeit im Zehnthaus würde weitergehen. Aber offenbar war die Nachricht noch nicht bis hierhin durchgedrungen. Wie jeden Tag warteten die Händler mit ihren Waren auf die Genehmigung zum Verkauf. Jade kam keuchend zum Stehen und stellte sich am vergitterten

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