Fear
schlau. Zu viele Personen wussten von ihrer Fehde mit Leon, da durfte sie nicht einfach so verschwinden. Ein vorgetäuschter Selbstmord war die ideale Lösung.«
»Aber nachdem sie das überlebt hat, wird sie doch sicher zur Polizei gehen?«
»Sie sagt, nein. Es gibt keine Beweise, und Leon hat sich mit Sicherheit wieder ein wasserdichtes Alibi besorgt.«
»Dann wird er also wieder ungestraft davonkommen …« Diana brach abrupt ab. »Oh, Joe … bitte sag mir, dass du nicht darüber nachdenkst, es allein mit ihm aufzunehmen …«
»Nicht direkt. Ich weiß, dass sie mir zahlenmäßig überlegen sind. Aber ich hoffe, irgendwie an Beweise zu gelangen, die ihn belasten. Den Rest überlasse ich gerne den Behörden.«
Diana wirkte noch nicht überzeugt. »Und worum ging es gerade bei dem Anruf?«
»Ach, ich hatte eine kleine Meinungsverschiedenheit mit zwei Typen vom Sicherheitsdienst.« Joe grinste. »Ich bin sicher, dass ich mich da herausreden kann.«
Neun Uhr fünfundvierzig. Das Gewitter kam näher, der Himmel verdunkelte sich. Ein böiger Wind rüttelte an den Ziegeln des Vordachs, als Joe aus der Tür trat.
Diana stand besorgt hinter ihm. »Bist du sicher, dass ich dich nicht hinfahren soll?«
»Es regnet ja noch nicht. Wenn ich mich beeile, bin ich dort, ehe es losgeht.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob du überhaupt hingehen solltest.«
»Irgendwann muss ich mich ihnen ja stellen.«
»Musst du das?«
Er sagte nichts. Sie starrten einander einen Moment lang an, dann umarmten sie sich. Diana drückte ihn fest an sich und sagte: »Bitte, pass auf dich auf, Joe.«
Als sie auseinandergingen, wurde Joe mit einem Mal bewusst, wie viel zwischen ihnen ungesagt geblieben war. Er wusste, dass Diana an Roy dachte und an die Fehler, die er gemacht hatte, als er versuchte, Leon die Stirn zu bieten. Sie hatte Angst, dass Joe im Begriff war, genau die gleichen Fehler zu begehen.
Und Joe konnte sie in diesem Punkt nicht beruhigen, weil er fürchtete, dass ihre Angst sehr wohl berechtigt sein könnte.
Als er das Haus verließ, hielt ein Range Rover an der Straße und setzte in die Einfahrt zurück. Das grelle Rot der Bremslichter durchbrach die Düsternis des Morgens. Der Fahrer ließ sein Fenster herunter und winkte Joe zu. Es war der Mann, den er an seinem ersten Tag draußen auf der Veranda getroffen hatte – Bruce.
»Clive hat gesagt, Sie wollten um zehn dort sein, und ich war sowieso gerade in der Gegend. Steigen Sie ein.«
Joe blickte zum Himmel auf. Es würde jeden Moment zu schütten anfangen. Es wäre dumm, das Angebot auszuschlagen.
Als er auf den Beifahrersitz kletterte, sah er, wie Bruce über seine Unentschlossenheit grinste.
»Reece und Todd sind Idioten. Sie haben ihnen eine ordentliche Abreibung verpasst, sagt Phil. War sicher auch nicht das erste Mal, dass Sie sich geprügelt haben, wie?«
»Mag sein.« Um nicht näher darauf eingehen zu müssen, fragte er zurück: »Und Sie?«
»Ich war immer dabei, wenn’s irgendwo hoch herging. Hat mir ’ne Menge Ärger eingebracht. Aber dann hab ich zum Glück Leon kennengelernt, und er hat mir eine zweite Chance gegeben.«
»Sie arbeiten gern für ihn?«
»Klar doch. Leon ist echt in Ordnung.« Bruce warf Joe einen verschwörerischen Blick zu. »Clive ist ein komischer Kauz, aber man kommt ganz gut mit ihm klar. Sie werden wahrscheinlich eins auf die Finger kriegen wegen dieser Sache. Passen Sie einfach in Zukunft auf, dass Sie nicht unangenehm auffallen, dann kriegen Sie auch keine Probleme.«
Joe nickte. »Danke für den Tipp.«
Ein lauter Donnerschlag ließ sie auffahren, als sie am Haus ankamen. Über den Bäumen im Westen war Wetterleuchten zu sehen.
»Ich wette, in Padstow regnet’s schon«, meinte Bruce. »Dann sind wir als Nächstes dran.«
Sie betraten das Haus. Bruce sagte Joe, dass Fenton ihn in seinem Büro erwarte. Als er sich in Richtung Videoraum entfernte, rief Joe ihm nach: »Ist Venning noch da?«
»Nee, der hatte um neun Schluss. Er hat die Nachtschicht.«
Schade, dachte Joe. Er klopfte an die Bürotür, wartete auf das »Herein« und trat ein. Fenton saß am Schreibtisch. In der wichtigtuerischen Manier eines Schuldirektors verschränkte er seine Wurstfinger und verkündete: »Leon hat darum gebeten, dass ich mich an seiner Stelle dieser Sache annehme.«
»Wo ist er?«
Der füllige Mann reagierte pikiert auf Joes Impertinenz. »Er ist ausgegangen.«
»Macht er einen schönen Ausflug?«
Fenton ignorierte die Frage. Er
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