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Feder im Sturm: Meine Kindheit in China (German Edition)

Feder im Sturm: Meine Kindheit in China (German Edition)

Titel: Feder im Sturm: Meine Kindheit in China (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Wu
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an.
    Eingewickelt in unsere Decken, stellten wir uns ans Tor und sahen zu, wie gefeiert wurde. Wenn bunte Blitze aufleuchteten, lachten wir, um gleich darauf bei der Explosion eines Krachers zusammenzuzucken. Papierfetzen rieselten wie Schneeflocken von den Häusern, wo Leute Batterien von Knallfröschen aus den Fenstern warfen und sich lauthals Glück wünschten. Wir blieben draußen, bis uns die Kälte ins Haus trieb. Dann legten wir uns alle in Yicuns Zimmer und kuschelten uns in drei Decken.
    Ich konnte nicht schlafen. Ich war hungrig und fror. Also stellte ich mich ans Fenster und starrte in die schwarze Nacht hinaus. Draußen war es still wie auf einem Friedhof. Die Stirn an das eiskalte Glas gelehnt, weinte ich. Und ich beschloss, mit meinen Brüdern nach Hause zu gehen, wenigstens für einen Tag. Niemand würde nachprüfen, ob wir hier waren. Es kümmerte sich ohnehin keiner um uns. Ich hatte ein paar Lebensmittelmarken für Mehl und Fleisch, und unter meiner Matte lagen zwei Yuan. Früh am Morgen stand ich auf und verließ das Haus. Bei einem Straßenhändler kaufte ich ein bisschen Fleisch, Kohl und Mehl. Als ich zurückkam, erläuterte ich meinen Brüdern, was ich vorhatte. Sie waren begeistert. Auf dem Weg zu unserem Haus versprach ich ihnen, zur Feier des Festtages Fleischbällchen zu machen.
    In der Wohnung fanden wir ein paar Briketts für den Ofen. Wieder und wieder versuchte ich sie mithilfe von zusammengeknülltem Papier anzuzünden, doch vergeblich. Das Papier verbrannte, und Rauch breitete sich in der ganzen Wohnung aus, sodass wir husteten und unsere Augen tränten. Schließlich waren die Zündhölzer aufgebraucht, und ich hatte keine Marken, um neue zu kaufen.
    Da fiel mir ein, dass Xiaolan und ihre Mutter zu Hause waren. Ich ging zu ihnen und klopfte. Tante Liang hatte weder Zündhölzer noch Holzspäne, doch sie schlug mir vor, meine Brüder zu holen – dann könnten wir gemeinsam das Festmahl genießen. Kurz darauf kehrte ich mit meinen Brüdern und meinen Einkäufen in Tante Liangs Wohnung zurück.
    Tante Liang zauberte tatsächlich ein Festmahl auf den Tisch. Da es im Haus keinen Strom gab, zündete sie bei Einbruch der Dunkelheit eine Kerosinlampe an. Als das Essen fertig war, versammelten wir uns gemeinsam um einen kleinen Tisch. Yicun verschlang seine Klöße und seine Suppe, ohne auch nur ein Mal von seiner Schüssel aufzublicken. Xiaolan und ich stupsten einander an und deuteten kichernd auf ihn. Jeder bekam zwei Portionen von Tante Liang, und zum ersten Mal seit Wochen konnte ich mich richtig satt essen. An diesem Abend waren wir ungewöhnlich gesprächig. Selbst Yicun taute auf und erzählte Tante Liang stockend, wie er mit dem Karussell gefahren war und welche revolutionären Lieder er lernte.
    Schließlich verkündete Tante Liang, nun müsse sie uns ins Kinderbetreuungszentrum zurückbringen, weil man sie schon am nächsten Morgen in dem ihr zugewiesenen Dorf erwarte. Das erschien mir seltsam, denn ich wusste, dass die anderen Eltern eine ganze Woche zu Hause bleiben durften. Während wir unsere Steppjacken zuknöpften und unsere Schals umbanden, kramte Tante Liang in einigen Schachteln in ihrem Schlafzimmer. »Schaut, was ich gefunden habe«, sagte sie, als sie wieder herauskam. Sie hatte einen Jadering an den kleinen Finger gesteckt. Schmuck war von den Rotgardisten als bourgeois verdammt worden, weshalb er konfisziert werden konnte. Entzückt bestaunten wir den Ring. »Er hat meiner Urgroßmutter gehört«, flüsterte Tante Liang wehmütig.
    »Er ist wunderschön«, rief ich aus, und alle stimmten mir zu.
    Nachdem sie uns den Ring gezeigt hatte, wollte sie ihn wieder abziehen. Doch sosehr sie auch daran zerrte, er wollte sich nicht von ihrem Finger lösen. »Na schön«, meinte sie, »dann nehme ich ihn eben später ab. Wir müssen jetzt los.«
    Sie wickelte sich einen langen roten Schal um den Hals und begleitete uns nach draußen. Es schneite. Tante Liang legte den Kopf in den Nacken und streckte die Zunge heraus, um Schneeflocken aufzufangen. Wir rannten das kurze Stück bis zum Sportplatz, der unter einer unberührten Schneedecke lag.
    »Schaut her«, rief Tante Liang, »ich bin ein Schmetterling.« Sie ließ sich rücklings in den Schnee fallen, streckte Arme und Beine aus und bewegte sie gleichmäßig nach oben und unten. Dann stand sie auf und zeigte uns ihren Abdruck im Schnee. Es sah wirklich wie ein weißer Schmetterling aus! »Jetzt ihr«, meinte sie, und wir taten

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