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Federschwingen

Federschwingen

Titel: Federschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Seidel
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vermisst!“ Die Nacht trug seine Stimme weit, obwohl er sich sicher sein konnte, dass einzig der Engel ihn hören würde.
    Dantalion hörte ein erschrecktes Keuchen, dann schwebte der Engel in Sichtweite und landete in sicherer Entfernung ebenfalls auf dem Dach. Zornige blaue Iriden funkelten ihn aus Eraels Gesicht an, die glühten wie ein von innen beleuchteter Saphir.
    Seinen Gedanken entnahm er, dass er ihn gerade aus seiner Meditation geholt hatte, mit der er die Zollbeamten beeinflusst hatte.
    So war das also. Er musste den Engel ablenken und seine Fähigkeit schlug fehl.
    „Wie kommst du darauf, ich hätte dich vermisst?“, widersprach Erael. Wütende Irritation klang in seiner Stimme mit. „Ich habe hier zu tun. Und da es mir schwerfällt, die Menschen von dem zu überzeugen, was richtig ist, gehe ich davon aus, dass du es bist, der mir hier in die Quere kommt.“
    Na, wenn das mal nicht niedlich war! Dantalions Mundwinkel zuckten gefährlich nach oben, ein breites Grinsen legte sich über seine Lippen.
    „Weißt du“, erklärte er sinnierend, „Menschen gehen meist den einfachen , bequemen Weg. Da ist es für dich von Haus aus schwer, ihnen ‚ das Richtige ‘ einzuimpfen. Und wenn sie auch noch die Wahl haben ...“ Raues Lachen vollendete den Satz.
    Er brauchte nicht nachzusehen , um zu wissen, dass die Zöllner inzwischen ihre äußerst flüchtige Kontrolle des Schiffes begonnen hatten. Die Gefahr für Rory war vorüber. Was ihn aber nicht davon abhielt, Erael vorsorglich ein wenig weiter abzulenken. Die Auseinandersetzung mit Erael war ein amüsantes Spiel. Allerdings eines, das er zu gewinnen gedachte. Er machte einen Schritt auf den Engel zu, ignorierte, dass sich dessen Brauen kurz zusammenzogen, und schaute ihn verführerisch an.
    „Hast du dich gut von deiner ... Gefangenschaft erholt?“, fragte er schmeichelnd und schaffte es dabei sogar, diesen Satz wie eine sehr unanständige Aufforderung klingen zu lassen.
    Erael wich zurück und verbot sich selbst, an seine Freilassung und deren Umstände zu denken, wie Dantalion belustigt mitbekam.
    Die Miene des Engels war so ernst und von sich selbst überzeugt, dass Dantalion selbst ihm unter anderen Gegebenheiten geglaubt hätte.
    „Der richtige Weg ist nicht unbedingt der einfachste .“
    Dantalion spürte am Rande ein Zögern im Bewusstsein der Zöllner, die eine verdächtige Kiste entdeckt hatten und inzwischen darüber diskutierten, ob es sich lohnte, sie freizulegen. Sie stand ganz unten … Dantalion vertraute darauf, dass sie ihre Kontrolle schnell beenden würden, damit sie sich weiter in ihrem Häuschen verkriechen und schlafen konnten.
    „Wie langweilig!“ Dantalion verdrehte die Augen und schüttelte bedauernd den Kopf. „Ewig das Richtige zu tun, ist anstrengend und nervenaufreibend.“ Seine Stimme klang weich und samtig, war ebenso verführerisch wie die Aussage selbst. Dantalion erkannte, wie Eraels Kiefer aufeinander mahlten, sonst war keine Regung bei ihm zu sehen .
    „Nein, ich werde nicht müde, das Richtige zu tun. So weiß ich wenigstens, dass ich mir nichts vorzuwerfen habe. Wenn die Menschen das endlich erkennen würden, wärt ihr bald arbeitslos.“
    Dantalion grinste breit. „Wie du siehst, haben wir genug zu tun. Tendenz steigend. Die Menschen sind einfach zu berechenbar. Kaum winkt man mit Reichtum und Macht, werden sie schwach. Ich frage mich, ob euch die Schlechtigkeit der Menschen nicht irgendwann mürbemacht. Schließlich seid ihr ja die Ritter des Rechts.“
    Erael schüttelte den Kopf und lachte. „Du irrst dich. Es gibt kaum Menschen, die durch und durch schlecht sind. Schau dir doch mal die Zöllner an. Mag sein, dass du sie so beeinflussen kannst, dass sie das Schiff nicht genau durchsuchen. Aber wusstest du, dass der eine nebenbei in einem Haus mithilft, in dem Obdachlose Zuflucht finden können, wenn sie wollen? Dass man in einem Bereich einen Fehler macht, bedeutet nicht, dass man von Grund auf schlecht ist.“
    Während Erael seine Meinung darlegte, ging Dantalion langsam auf ihn zu. Je näher er ihm kam, desto schwächer wurde Dantalions Motivation, sich mit ihm anzulegen.
    „Rührend, wie du an das Gute im Menschen glaubst. Aber das ist ja deine Aufgabe, nicht wahr? Meine ist es, ihre schlechten Seiten auszunutzen. Es lebe die Gleichberechtigung.“
    Es war interessant, zu beobachten, wie Erael auf diese Provokation reagierte. Er presste die Lippen zusammen, sagte aber nichts weiter als: „Schön,

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