Fee und der Schlangenkrieger
uns ein, wie wir sie zurückbekommen.“
Zwei Tage war Monal fort. Dann kehrte er ins Sonnendorf zurück. Er berichtete dem Ältestenrat, was er beobachtet hatte. Schlotte hatte sich angewöhnt, uneingeladen ebenfalls zu den Treffen zu erscheinen – Telfonal, der von den Großmüttern über alles, was im Dorf passierte Bescheid wusste, informierte sie jedes Mal, wenn eines anstand – und niemand sah einen Grund, sie wegzuschicken, wenn es um Fee ging. Laut Monal sah Fee gesund und unversehrt aus. Er hatte sie von seinem Versteck aus eine Weile beobachtet und war zu dem Schluss gekommen, dass sie recht gut behandelt wurde. Sie durfte sich im Dorf frei bewegen, das Dorf aber nicht verlassen.
„Hast du Lenyal gesehen?“, fragte Ning. Er sah nicht gut aus. Er hatte Ringe unter den Augen und hatte, seit Fee verschwunden war, kaum etwas gegessen.
„Ja, das habe ich“, antwortete Monal zögernd, „ich habe gesehen, wie sie zusammen das Dorf durchquert und miteinander gesprochen haben.“
„Wir müssen“, sagte Hadfal bedächtig, „die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass Fee den Schlangen Dinge über uns erzählt, die sie nicht wissen sollten.“
Ning sah aus, als müsse er sich sehr beherrschen.
„Wenn das irgendjemand anders als du gesagt hätte, Vater...“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Ich sage ja nicht, dass ich sie verdächtige, seine Spionin zu sein. Es kann sein, dass er sie zwingt, auch wenn Monal sagt, dass sie allem Anschein nach gut behandelt wird.“
„Unwahrscheinlich“, sagte Schlotte, „sie weiß doch überhaupt nichts. Was soll sie Lenyal denn erzählen? Dass Ning wieder da ist, die Krieger trainiert und dass er nicht gut auf die Schlangen zu sprechen ist? Das wusste Lenyal alles schon vorher.“
Monal und Ning versuchten die Ältesten zu überreden, einen Unterhändler zu Lenyal zu schicken. Die Ältesten waren sich nicht einig. Schlotte konnte es nicht fassen. Offenbar war es in der gesamten Geschichte der verfeindeten Nachbardörfer noch kein einziges Mal vorgekommen, dass man verhandelt hatte. Es hatte Angriffe und Gegenangriffe, Entführungen und Gegenentführungen gegeben. Gott, sie wollte nach Hause. Barbarisches Volk.
Am Ende der Versammlung hatten die Ältesten zugestimmt, einen Unterhändler zu schicken, und Monal hatte sich freiwillig gemeldet. Schlotte war froh, das Langhaus zu verlassen. Monal ging neben ihr.
„Wieso willst du dich schon wieder in Gefahr bringen?“, fragte Schlotte. Monal hob die Augenbrauen.
„Während Ning nicht da war, haben mein Vater und ich die Geschicke des Dorfes gemeinsam gelenkt. Ich habe die Schlangen beobachtet, ich kenne sie gut. Ich weiß, wie Lenyal denkt. Ning ist zu emotional. Er würde ins Schlangennest reiten, einen Wutanfall bekommen und nichts erreichen.“ Schlotte musste ihm recht geben. Monal sprach weiter. „Lenyal ist ein sehr überlegter Mann. Ich glaube nicht, dass jemand anders als ich erfolgreich mit ihm verhandeln könnte.“
„Gehst du kein Risiko ein? Was, wenn er sich denkt, zwei Geiseln sind besser als eine?“
Es war dunkel geworden. Nebeneinander stiefelten sie durch den Schnee.
„Das ist ein Risiko, das ich eingehen muss. Aber ich glaube, dass er bereit sein wird, mich anzuhören, wenn ich ihm direkt sage, dass ich nur mit ihm sprechen will.“
Schlotte nickte. Sie nahm nicht an, dass das Konzept der weißen Flagge hier bekannt war.
„Aber du musst doch müde sein. Morgen wieder so ein langer Ritt?“
„Da hast du recht. Wir wissen jetzt, dass es ihr gut geht. Ich hoffe, du verzeihst mir, wenn ich einen Tag lang Kraft sammele, und erst übermorgen zu den Schlangen reite. Ich will morgen auch noch darüber nachdenken, wie ich Lenyal am besten anpacke. Sie ist nicht in Gefahr. Ich glaube wirklich, dass der eine Tag für Fee keinen Unterschied macht.“
Schlotte dachte, dass er wohl recht hatte. Überrascht erkannte sie, dass sie ihm vertraute.
Am nächsten Tag stattete Telfonal ihr einen Besuch ab. Schlotte hatte sich an den jungen Mann gewöhnt. Er hatte aufgehört, sie schweigend anzustarren, und stattdessen begonnen zu sprechen. Er hatte sich als überraschend normal und witzig herausgestellt. Und sie konnte ja wohl noch damit umgehen, wenn irgendein Teenie in sie verknallt war. Außerdem fiel ihr die Decke auf den Kopf. Raus zu gehen war eine gute Idee. Sie schlüpfte in ihren Umhang, ihre Stiefel und Handschuhe und verließ das Haus. Hoffentlich hatte er kein
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