Feenfuchs und Feuerkuss
Sams
schlechter Laune unter.
Er ließ ihren Arm los und baute
sich mit verschränkten Armen vor ihr auf.
„Das war gestern nicht so, wie es
aussah. Ich weiß auch nicht warum...“
Sam unterbrach sie abrupt: „Ich
hasse es angelogen zu werden, Luisa. Der Schulleiterin werde ich morgen sagen,
dass ich nicht mehr als dein Nachhilfelehrer zur Verfügung stehe.“
Sie schaute ihn entsetzt an. Er
schien es wirklich ernst zu meinen. Seine Kiefermuskulatur trat vor Anspannung
hervor und er blickte sie hart aus seinen grau-grünen Augen an. Dann drehte er sich
einfach um und marschierte zu seinem Roller.
Das
ist ja mal gehörig schief gelaufen ,
dachte Luisa. Dann überlegte sie, wie Eva auf diese Nachricht reagieren würde
und ihr wurde flau im Magen.
Luisa lag in ihrem Bett und
starrte auf den Fernseher.
Der Tag war alles andere als
spurlos an ihr vorüber gegangen. Jetzt schaute sie erschöpft Romeo und Julia
zu, die sich gerade bei einem Kostümball das erste Mal durch die Glasscheiben eines
riesigen Aquariums in die Augen sahen. Blaue und gelbe Fische schwammen
zwischen weißen Korallenstücken hin und her und Lichtreflexe flackerten durch
das Wasser. Romeo und Julia, als Ritter und Engel verkleidet, waren auf den
ersten Blick voneinander verzaubert. Normalerweise war Luisa nicht so dicht am
Wasser gebaut, doch als nun Kissing You im Hintergrund spielte, traten ihr Tränen in die Augen. Seit sie mit Sam über
Shakespeares Romeo and Juliet gesprochen hatte, sah sie den Film auf einmal mit anderen Augen.
Sie wischte sich verärgert die
Tränen von den Wangen und schaute erneut auf ihr Handy. Immer noch keine
Nachricht von Sam. Auch nicht von Jonathan.
Was
für ein Chaos! ,
dachte sie.
Sie hätte sich nicht träumen
lassen, einmal gleichzeitig auf die Nachrichten von zwei Jungs zu warten.
Warum
mussten auch beide unbedingt gleichzeitig in mein Leben treten?
Sie hatte doch schon vorher genug
Probleme mit ihrer Mutter gehabt. Als Eva am Nachmittag nach Hause gekommen war,
hatte Luisa ihr direkt von dem Verlust ihres Nachhilfelehrers erzählt, wobei
sie jedoch ihren Anteil an der Katastrophe ausließ. Ihre Mutter hatte wie
üblich nicht lange gefackelt und war mit Luisa direkt zu Sam gefahren. Der
hatte dann Evas Ehrgeiz am eigenen Leibe zu spüren bekommen, denn ihre Mutter
hatte nicht aufgegeben zu diskutieren, bis Sam schließlich zugestimmt hatte,
Luisa weiterhin zu helfen. Sie selbst wäre am liebsten im Erdboden versunken,
denn Eva hatte sich wirklich von ihrer entzückendsten Seite gezeigt.
Doch obwohl Sam nun ihr Pate
blieb, war Luisa nicht so richtig glücklich mit der Situation. Ihre Notlüge
hatte sie ihm immer noch nicht erklären können. Von ihrem Kuss mit Jonathan
ganz zu schweigen.
Luisa vergrub ihr Gesicht in
ihrem Kopfkissen. Sie würde noch wahnsinnig werden. Sie war von Sam völlig
hingerissen, aber wenn sie ehrlich zu sich war, konnte sie auch den Kuss von
Jonathan nicht vergessen.
Sie sprang aus ihrem Bett. So
konnte das nicht weitergehen. Sie eilte ins Erdgeschoss hinab und rettete sich
auf den Klavierstuhl. Sie suchte in den Noten nach einem Lied, das andere,
leichtere Erinnerungen hervorlocken würde.
Dann fand sie etwas: This ist the Life von Amy Macdonald,
deren Album sie auf der letzten Klassenfahrt in die Eifel hoch und runter
gehört hatten.
Während sie sich in das Stück
einspielte, tauchte vor ihren Augen das Bild von Jeska auf. Sie hatte damals in
ihrem zitronengelben Bikini am Ufer des kleinen, algenverseuchten Sees
gestanden und eine etwas skurrile Wassergymnastik angeleitet. So wie dieser
Anblick damals ihre Mitschüler vor Lachen fast zum Absaufen gebracht hatte, hob
er jetzt auch ihre Laune.
14 Fegefeuer
Der nächste Tag stand unter einem
besseren Stern: Luisa bekam ihren Englisch-Test zurück und hatte eine
wunderschöne Zwei darunter stehen, die sogar Sams umwölktes Gesicht
aufheiterte.
„Sehr schön“, lobte er und
schaute sich den Test noch einmal an.
„Ja“, bestätigte Luisa. „Ich darf
zwar nicht Ophelia reiten, aber immerhin ist dieser Test mein Ticket zum Schillertanz heute Abend.“
Sam nickte einmal. Es schien ihn
aber nicht zu begeistern, dass sie zu der Veranstaltung in der alten
Knopffabrik kommen würde, die traditionell von der Oberstufe des
Schillergymnasiums organisiert wurde.
„Sam.“ Luisa legte ihre Hand auf
seinen Arm. „Ich möchte mich bei dir entschuldigen.“
Sie verspürte den Drang
wegzurennen, aber sie musste das jetzt
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