Feenkind 2: Im Reich der Feen (German Edition)
Haut. Schockiert starrte sie die nach ihr ausgestreckte Hand an - sie war durchscheinend, genauso wie der Rest vom Körper ihrer Mutter, als wäre sie da und gleichzeitig auch nicht.
Schimmernd und transparent schwebte die Gestalt vor ihr über dem Boden. Ihre wunderschönen blauen Flügel flatterten leicht, doch Dhalia konnte keinen Windhauch spüren. "Was bist du?" fragte sie fasziniert und streckte nun ihrerseits die Hand nach ihrer Mutter aus.
"Eine Erinnerung. Eine Seele, die nicht weitergehen wollte."
"Dann bist du ... tot?" fragte Dhalia traurig, überrascht über das plötzliche Gefühl des Verlustes.
"Glaubst du, etwas anderes hätte mich davon abhalten können, dich zu suchen und dir beizustehen?" Sie musterte Dhalia aufmerksam. "Was ist dir zugestoßen?" fragte sie alarmiert und besorgt, als sie das zerschrammte Gesicht und die blassen Wangen ihrer Tochter bemerkte. "Es geht dir nicht gut."
"Ach, das." Dhalia lächelte schwach. "Ein kleines Andenken an die Begegnung mit dem Herrscher." Sie zuckte mit den Achseln. Es gab wichtigere Dinge, um die sie sich kümmern musste. Sie wollte ihrer Mutter nicht zeigen, wie sehr sie der Verlust ihrer Schönheit schmerzte.
Die Erscheinung nickte verständnisvoll. "Folge mir", sagte sie schlicht und streckte ihre Hand nach Dhalia aus.
"Wohin gehen wir?"
Ihre Mutter lächelte. "Ich mag zwar nur eine Erinnerung sein, die kaum noch Kraft besitzt, doch zum Glück hat dieser Ort, diese letzte Zuflucht unserer Familie, noch nicht alle seine Geheimnisse verloren."
Sie führte Dhalia durch mehrere verwinkelte Gänge, bis sie vor einer Wandnische mit einem steinernen Springbrunnen standen. Eine große schillernde Fontäne erhob sich in seiner Mitte und vom Rand der Auffangschale schossen zwölf dünne Wasserstrahlen in die Mitte zurück.
"Was ist das?" fragte Dhalia neugierig.
"Hast du schon mal vom Wasser des Lebens gehört?"
"Ja! Ich habe es bei den Wasserfeen gefunden", erwiderte die junge Frau, stolz darüber, etwas über Magie zu wissen. "Aber die Quelle war doch unter Wasser."
"Früher einmal hatte es mehrere Quellen gegeben. Aber ich glaube, diese hier ist die letzte, die noch erhalten ist."
"Was bewirkt sie?"
"Wasch deine Wunden damit ab und du wirst sehen."
Dhalia rollte ihren Ärmel hoch und entfernte ihren Verband. Dann schöpfte sie mit der anderen Hand etwas Wasser aus dem Becken und ließ es über ihre Wunde rinnen. Sofort begann der tiefe Schnitt, sich zu schließen, und wenige Augenblicke später war die Wunde völlig verheilt.
"Wenn das Wasser solche Heilkräfte besitzt, wie konntest du dann sterben?" fragte Dhalia, ohne aufzublicken, während sie ihre übrigen Wunden und Schrammen versorgte.
"Es kann niemandem das Leben zurückgeben. Ich war sehr schwer verletzt und dein Vater hatte es nicht mehr geschafft, mich rechtzeitig hierher zu bringen." Sie lächelte wehmütig. "Am liebsten wäre er auch gestorben, in jenem Augenblick, als er erkannt hatte, dass alle seine Opfer umsonst gewesen waren, dass er die letzten unserer Art in den Untergang geführt hatte. Nur der Gedanke an dich hatte ihn am Leben gehalten."
"An mich? Aber ich habe ihn nie getroffen."
"Ich weiß. Und doch hat er sein Möglichstes für dich getan."
"Wo ist er jetzt?"
"Er ist nun auch tot."
"Du meinst, er ist auch hier?" Eifrig blickte Dhalia sich um.
Ihre Mutter schüttelte den Kopf. "Er konnte nicht bleiben. Er musste weitergehen. Er war außerhalb unserer Welt gestorben. Es gab keine Magie um ihn herum, um seiner Seele Kraft zum Verweilen zu geben."
"Was war denn geschehen?" fragte Dhalia drängend.
"Du sollst alles erfahren", erwiderte ihre Mutter. "Aber zuerst nimm dir einige von diesen hier mit." Sie wies auf eine Reihe von Phiolen, die neben dem Springbrunnen standen. "Das Wasser des Lebens kann sich als sehr hilfreich erweisen." Sie wartete, bis die junge Frau die Phiolen gefüllt hatte, dann setzte sie sich wieder in Bewegung. "Komm, meine Tochter. Nun werde ich dir alles erzählen, was du wissen willst."
Langsam schritten sie die gespenstisch stillen Gänge entlang. "Wohin gehen wir?"
"Du wirst schon sehen. Doch bis wir dort ankommen, kannst du mir deine Fragen stellen."
"Ist das das Feenreich?" fragte Dhalia, ohne erst lange überlegen zu müssen, und blickte skeptisch zur dunklen Decke hoch. "Ich habe es mir schon ein wenig anders vorgestellt."
"Dies ist die älteste unserer Stätten. Aber du hast Recht. Früher einmal hatte es hier ganz anders ausgesehen. Die Feen, die hier gelebt
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