Feenkind 2: Im Reich der Feen (German Edition)
Augen aufblitzen. Dann wandte sie den Kopf ab und schüttelte ihn bloß. "Wir sind ein sehr altes Volk, wir sollten nicht alles riskieren, um uns an einen Strohhalm zu klammern."
"Das ist kein Strohhalm, das ist unsere letzte Chance."
"Was können wir schon ausrichten? Sieh uns doch an, wir sind nur noch so wenige."
"Aber gemeinsam noch immer stark genug, um das Kind zu beschützen. Es darf ihm nichts passieren." Er sprach mit dem alten Feuer, das sie in letzter Zeit so stark an ihm vermisst hatte. Die Last der Verantwortung für die letzten ihrer Sippe ruhte schwer auf seinen Schultern. Er hatte Recht, wenn es auch nur die geringste Chance gab, mussten sie sie ergreifen, für ihr Volk genauso wie für alle anderen. Welchen Weg er auch wählen würde, sie würde ihrem Mann beistehen. "Was schlägst du vor?" Ihr tapferes Lächeln erstarb auf ihren Lippen, als sie die unendliche Traurigkeit in seinen Augen sah. "Nein." Sie schüttelte den Kopf und streckte ihre Hände halb abwehrend, halb flehend nach ihm aus. "Das können wir nicht tun." Ihre Stimme war nur ein Flüstern. Beschützend drückte sie das hilflose Wesen in ihren Armen an sich und vergrub ihr Gesicht in den flauschigen blonden Haaren des Säuglings. "Nein!" Ihre Augen blitzten.
Er streckte seine Hand nach ihr aus und berührte sie sanft an der Schulter, dann streichelte er seiner Tochter zärtlich über die Wange. "Ich werde sie auch vermissen. Und wir holen sie wieder zu uns, wieder nach Hause, wenn alles vorbei ist. Aber jetzt gibt es keinen anderen Weg. Du weißt, dass wir es tun müssen. Sonst ist alle Hoffnung verloren." Er sprach leise, aber entschieden. "Beim nächsten Neumond werden wir ein letztes Mal zum Feenhügel aufsteigen."
Kraftlos und erschüttert ließ Dhalia ihre Hand sinken. Sie hatte endlich ihren Vater gesehen - ihren richtigen Vater. Und sie war genauso fassungslos gewesen, als sie ihn erkannt hatte, wie Chris es gewesen war, als er sein Abbild zum ersten Mal in ihrem Buch gesehen hatte. Del war ihr Vater! Was bedeutete das wohl für Chris und sie?
Anscheinend hatten ihre wirklichen Eltern im Baum der Zeiten dieselbe Prophezeiung gesehen, die auch Th'Emidor und Elinor gesehen hatten.
Und daraufhin hatten sie einfach so über mein Schicksal entschieden, dachte Dhalia bitter. Aber sie hatte keine Zeit, in Wut und Selbstmitleid zu versinken, es gab noch so viel mehr, das sie erfahren musste. Entschieden streckte sie ihre Hand nach dem nächsten Blatt aus und schaute hinein.
Noch lange Zeit, nachdem sie alles gesehen hatte, was ihre Mutter ihr hatte zeigen wollen, blieb die junge Frau mit dem Rücken an den Baumstamm gelehnt sitzen und dachte über alles nach. Es war so viel, was sie zu verdauen hatte. Leider waren es nur einzelne Fragmente gewesen, die sie zu sehen bekommen hatte.
Wie sie vermutet hatte, hatten ihre Feeneltern ihre eigene Tochter gegen das Kind der Menschen getauscht. Dhalia wunderte sich bloß, wieso dies keinem aufgefallen war. Sicherlich würde eine Mutter doch ihr eigenes Kind erkennen. Und soweit sie gesehen hatte, sahen sich die beiden Babys zwar ähnlich, aber Zwillinge waren sie nicht gerade gewesen.
Auf jeden Fall schien es auch im Feenvolk niemandem aufgefallen zu sein, außer einer Freundin ihrer Mutter. Ihr allein hatte sie die Wahrheit erzählt. Doch das Gespräch war belauscht worden, von einem jungen Feenmann mit unruhig hin und her huschenden Augen und strähnigen langen Haaren. Er war es gewesen, der das Portal für die Armee des Herrschers geöffnet hatte. Und das Grauen, das dann gefolgt war, ließ Dhalia noch immer erzittern. Mit Waffen, wie sie sie noch nie gesehen hatte, waren die Menschen in das Reich der Feen eingefallen und hatten die meisten niedergemetzelt, noch bevor diese verstehen konnten, was vor sich ging. Zu sicher hatten sie sich hinter ihrem magischen Siegel gefühlt, als dass sie weitere Vorsichtsmaßnahmen gegen Eindringlinge ergriffen hätten. Dhalias Mutter war dem Tode nah und ihr Vater war schwer verletzt, als es ihnen schließlich gelang, das Tor zu versiegeln. Doch es war zu spät. Die letzten ihrer Sippe lagen im Sterben und nur kurze Zeit später war ihr Vater der einzige seiner Art.
Lange Zeit war er durch die dunklen und stillen Gänge einer einst so lebendigen Welt gewandert - selbst kaum noch am Leben. Lange Zeit hatte er vor dem Baum der Zeiten gesessen und hatte ihn in stummer Verzweiflung angestarrt. Dhalia konnte sich sehr gut vorstellen, was ihm für Gedanken durch
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