Feenkind 2: Im Reich der Feen (German Edition)
Füßen und ihr Gesicht brannte nicht einmal mehr vor Kälte, sondern fühlte sich allmählich taub an. Sie hatte sich ihre Kapuze tief in die Stirn gezogen, dennoch fielen ihr dicke Schneeflocken ins Gesicht. Sie hielt ihren Kopf starr nach unten gerichtet, doch es gab ohnehin nicht viel zu sehen. Wenn sie nicht Morgenrots kräftige Bewegung unter sich gespürt hätte, hätte Dhalia meinen können, gar nicht vom Fleck zu kommen. Doch obwohl ihre Stute tapfer dem gespenstischen Weg folgte, auf dem die junge Frau sie mit sicherer Hand hielt, begann auch Morgenrot zu erlahmen. Es blieb ihnen jedoch nichts weiter übrig, als ihren Weg fortzusetzen. Sollten sie von dem Pfad abkommen, wären sie verloren, das wusste Dhalia genau. Und so klopfte sie dem Pferd aufmunternd auf den Hals und spürte, wie das arme Tier seine Anstrengung noch verstärkte.
Auch Dhalia musste gegen ihre zunehmende Schwäche ankämpfen. Das Gift, das Mulgrave ihr verabreicht hatte, wirkte wohl noch immer in ihrem Körper. Trotz der Kälte fühlte sich ihr Kopf ungewöhnlich heiß an und ein merkwürdiges Kribbeln breitete sich in ihrem gesamten Körper aus. Sie konzentrierte ihre ganze Energie nur noch darauf, auf dem auf und ab wippendem Rücken der Stute sitzen zu bleiben und das matte Leuchten des Weges nicht aus den Augen zu verlieren. Das war das Einzige, das noch zählte.
Irgendwann musste sie doch kurz eingenickt sein, denn als sie wieder zu sich kam, lehnte ihr Kopf schwer an Morgenrots feuchter seidiger Mähne. Es war ein Wunder, dass sie sich überhaupt noch im Sattel gehalten hatte. Dhalia richtete sich abrupt auf und musste einen Moment innehalten, bis sich die Welt nicht länger um sie herum drehte.
Als sie sich desorientiert umblickte, stellte sie fest, dass der Schneefall allmählich nachließ. Nur noch einzelne Flöckchen fielen ihr auf die Stirn, von der die Kapuze herunter gerutscht war. Etwas abseits konnte die junge Frau einige schwache Lichtpunkte ausmachen. Sie beschloss, das Risiko einzugehen, und lenkte Morgenrot fort von ihrem blass leuchtenden Pfad. Sie hatte einfach keine Kraft mehr weiterzugehen.
Als sie die ersten Häuser erreichte, konnte sie gar nicht mehr aufrecht sitzen und ließ sich schlapp gegen Morgenrots Hals fallen. Selbst das Atmen fiel ihr schwer. An dem ersten Haus, dessen Fenster von einem großen Kerzenhalter erhellt wurde, ließ Dhalia sich aus dem Sattel fallen und klopfte an die Tür.
Sie wartete und wartete, doch niemand machte ihr auf. Und so schleppte sie sich weiter. In vielen Fenstern standen Kerzen. Ihr Licht war es gewesen, das Dhalia dorthin geführt hatte, doch nirgendwo wurde ihr eine Tür geöffnet.
Es war das Fest der Wintersonnenwende, der Beginn der frostigen Jahreszeit, die man mit Kerzen in den Fenstern fernzuhalten, zu besänftigen versuchte. In dieser Nacht würde ihr niemand eine Tür öffnen. Der Schnee setzte wieder ein und Dhalia stolperte, von einem plötzlichen Fieber geschüttelt, zwischen stillen Häuserreihen weiter, ohne auf ihren Weg zu achten.
Plötzlich prallte sie gegen ein Hindernis - Ein Gitter? Ein Tor? - das unter ihrem Gewicht nachgab, so dass sie beinahe hinfiel. Ihre Hand prallte gegen etwas Festes - Stein und Holz? Eine Tür ging auf. Mit dem letzten Rest des Bewusstseins stolperte die junge Frau hindurch und brach auf dem kalten Boden zusammen.
* * *
Ungeduldig quetschte sich Eliza durch die dichte Menge. Man hätte meinen können, die Menschen hätten alle nichts Besseres zu tun, als sich für viel Geld billige Tricks vorführen zu lassen. Sie würdigte die bunten Buden und Schaufenster keines Blickes. Sie wusste genau, wohin sie wollte. Schon am Morgen hatte sie den Weg zu Mulgraves Lager gefunden. So früh am Tag war dort jedoch noch nichts los gewesen. Obwohl, so ganz stimmte das nicht. Das Lager war in heller Aufregung gewesen, sie konnte wütendes Geschrei hören und das Schluchzen einer Frau. Dhalia hatte sie dort aber nicht erspäht. Natürlich hätte Eliza sie suchen können. Aber sie musste zugeben, dass sie neugierig auf den Auftritt des Mädchens war. Sie würde bis zum Nachmittag warten. Obwohl die Dunkelfee keine Garantie dafür hatte, dass Dhalia tatsächlich bei der Gauklertruppe war, bereitete ihr dies keine Sorgen. An einem der Wohnwagen hatte sie ein buntes Schild erspäht, das eine Frau auf einem Pferd zeigte. Sie selbst hatte das Mädchen, das sie verfolgte, zwar noch nie persönlich gesehen, doch sie hatte keinen Zweifel daran, dass es
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