Feenkind 2: Im Reich der Feen (German Edition)
antwortete ihm. Irgendwo in der Nähe musste eine Siedlung sein. Chris' Magen knurrte. Es wäre schön, endlich einmal wieder ein weiches Bett und eine warme Mahlzeit zu bekommen. Doch er brauchte seinen schmalen Geldbeutel nicht einmal herauszuholen, um zu wissen, dass da kaum noch etwas drin war. Auch in dieser Nacht würde er sich mit dem zweifelhaften Schutz des Waldes begnügen müssen. Das Geld musste bis Dernoth reichen. Dort würde er seine Vorräte auffüllen und den letzten Rest des Weges zum Floin d'Areel zurücklegen.
Wieder wandten sich seine Gedanken Dhalias Aufenthaltsort zu. Sie war nicht mehr am See, warum also ging er dennoch dorthin? Vielleicht sollte er einfach umkehren. Er wusste doch, wohin sie wollte, auch wenn er keine Ahnung hatte, wieso. Trotzdem ließ er Bruno einen müden Schritt nach dem anderen gehen. Er musste einfach Gewissheit haben.
Bevor es zu dunkel wurde, den Weg zu erkennen, bog er von der Straße ab, tiefer in den Wald hinein. Obwohl sie völlig kahl waren, hielten die Bäume viel von dem eisigen Wind ab. Bald hatte er ein passendes Plätzchen gefunden - ein dicker Baum war umgestürzt und bot mit seinem Stamm und seinen Wurzeln ein Bollwerk gegen Wind und Schnee.
Rasch stieg Chris ab und erstarrte plötzlich. Der Wind trug ihm ein leises Wimmern zu. Er lauschte angestrengt. Da war es schon wieder, er hatte sich nicht geirrt. Es klang wie ein weinendes Kind. Der junge Mann band Bruno an einem Baum an und zog seinen Dolch aus der Scheide. Dann folgte er, so vorsichtig er konnte, dem unerwarteten Geräusch.
Er bückte sich unter den tief hängenden Ästen einer Tanne hindurch und hielt plötzlich inne. Nur zwei Schritte von ihm entfernt stand ein kleines Kind und starrte ihn mit großen Augen an. Vor Schreck und Überraschung hatte es sogar für einen Moment aufgehört zu weinen. Doch dann verzog sich sein gerötetes, tränennasses Gesichtchen und es fing noch lauter wieder an.
Hilflos streckte Chris die linke Hand nach dem Baby aus, in der rechten hielt er noch immer seinen Dolch umklammert und machte einen vorsichtigen, gebückten Schritt nach vorn. "Schhht, mein Kleiner", flüsterte er. Er hatte zwar keine Ahnung von Kindern, doch auch er erkannte, dass es äußerst ungewöhnlich war, ein kleines Kind allein im Wald zu treffen. Vielleicht hatte es sich verlaufen oder seine Eltern hatten es ausgesetzt. "Nicht schreien", fuhr er beruhigend fort und legte seine Hand sanft auf die Schulter des Kleinen. Überrascht stellte Chris fest, dass es zu wirken schien. Das Kind verstummte. Erleichtert wollte er noch ein wenig näher heran. Und dann geschah alles ganz schnell. Etwas traf ihn mit voller Wucht am Hinterkopf. Schmerz explodierte in seinem Kopf und Chris hatte das Gefühl, als wäre dieser von seinen Schultern gerissen worden. Schwer wie ein Sack fiel er nach vorn und riss dabei das Baby zu Boden, das sofort wieder zu schreien anfing.
Seine Betäubung ignorierend drehte Chris sich so schnell wie möglich um, um seinem Angreifer zu begegnen. Ein Bär stand im Dämmerlicht hoch aufgerichtet vor ihm. Verzweifelt tastete der junge Mann nach seinem Dolch, der irgendwo neben ihm zu Boden gefallen war. Doch bevor er ihn hatte, wandte das Tier sich von ihm ab und schnappte das auf dem Boden liegende Kind. Dann wandte es sich wütend fauchend wieder Chris zu.
Benebelt stellte er fest, dass der Bär lange schwarze Haare hatte und einen armdicken Knüppel in der Hand hielt, mit dem Chris nun offensichtlich bedroht wurde. Seufzend gab er den Versuch auf, auf die Beine zu kommen, und ließ sich schwer zu Boden plumpsen. Mit beiden Händen hielt er seinen schmerzenden Kopf fest, bis sein Schwindelgefühl nachließ, dann blickte er vorsichtig wieder hoch.
Eine Frau in einem langen Pelzmantel - also doch kein Bär, stellte Chris erleichtert fest - hielt das Kind mit einer Hand fest an sich gedrückt, in der anderen hielt sie zitternd ihren Knüppel.
"Geht weiter!" forderte sie den Mann auf, doch ihre Stimme überschlug sich vor Angst. "Hier gibt es nichts zu holen!"
"Meine Güte, Weib!" erwiderte Chris schroff. "Ich will nichts von Euch!" Wenn sein Kopf nicht so furchtbar geschmerzt hätte, hätte er die Situation durchaus komisch gefunden.
"Was macht Ihr dann hier?"
"Ich habe Euer Kind schreien gehört und wollte nur nachsehen, was los ist."
Sie ließ ihren Knüppel ein wenig sinken, doch der Argwohn in ihren Augen blieb. "Heißt das, Ihr seid kein Räuber?" vergewisserte sie sich
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