Feenland
rauchenden Fußspuren gesehen?«
»Wo war das eigentlich?«
»In der Library of Congress, in einem Foyer zwischen den
Regalen. Und es handelt sich nicht um die allgemein zugängliche
Handbibliothek, sondern um die voll integrierte Version, die von den
Universitäten genutzt wird.«
»Warum sollte Glass etwas tun, das seinem eigenen System
schadet?«
»Vielleicht handelt es sich um eine Art Wachhund, der alles
vernichtet, was durch die Hintertür einloggt. Die
Friedenspolizei scheißt sich in die Hosen, wenn das Ding ins
Web gelangt!«
»Muß man damit rechnen?«
»Niemand außerhalb des eingeweihten Kreises weiß
davon. Noch nicht. Aber nur, weil der Typ, dem der Durchbruch gelang,
nicht so recht kapiert hat, wo er da reingestolpert ist. Doch das
kriegt er raus, und dann tönt er sicher bei seinen Freunden
– und im Nu wird die halbe Welt versuchen, einen Blick auf die
Sensation zu werfen. Leider ist das Einstiegloch breit genug
dafür.«
»Wir brauchen deine Hilfe, Max«, sagt Alex.
»Vergiß das nicht!«
»Der flammende Mann ist nicht irgendein Virus. Nichts kann
ihn in Zaum halten, nicht mal sein Hostsystem. Er kann die
härtesten Sicherheitsprogramme durchbrennen. Er könnte das
ganze Web durchbrennen. Je mehr Leute anfangen, hier drin
rumzuschnüffeln, desto eher gerät die Geschichte
völlig außer Kontrolle.«
»Du hast bereits die Codes geknackt. Wir brauchen eine
Hintertür in sein System, und ich kann nicht warten, Max. Ich
lebe hier draußen in der rauhen Wirklichkeit, und ihre
Fänge schnappen allmählich zu.«
»Ja. Ja, ich weiß.«
»Du könntest die Sache splitten, in kleine Pakete
aufteilen. Da draußen hängen zehn Millionen
Möchtegern-Hacker rum, die sich langweilen. Gib ihnen was zu
tun!«
»Erzähl du mir nichts von meinem Job, Alex! Ich habe
bereits eine Architektur ausgearbeitet, mit der sich das Problem auf
diskrete Weise unter die Leute bringen läßt. Sobald ich
auf diesen Knopf hier drücke…« – ein dicker roter
Knüppel erscheint in der Luft, direkt unter dem Zeigefinger von
Max, zitternd und wippend vor mühsam unterdrücktem
Verlangen –, »ist das Ding im Web!«
»Entschuldige, Max!«
»Also – bist du immer noch wild entschlossen?«
»Kat ist im Moment draußen und versucht den Kontakt
herzustellen. Außerdem haben wir diesen Einheimischen, der
behauptet, er könne uns in die neutrale Zone bringen. Wir trauen
ihm nicht, aber wir haben keine andere Möglichkeit, das
militärische Sperrgebiet zu überwinden. Bestechung ist bei
diesen Leuten nicht so einfach; man muß immer irgendeinen
Ehrencodex berücksichtigen. Und dann sind da noch die
Söldner, die Glass und seine Leute angeheuert
haben…«
»Über die kann ich Erkundigungen einziehen«, wirft
Max ungeduldig ein. »Das ist ein Klacks.«
»Vielleicht sind wir auf dem falschen Weg, Max. Vielleicht
sollten wir alles nehmen, was wir haben…«
»Yeah, und was dann? Die Friedenspolizei einweihen? Das
wäre ein gefundenes Fressen für die Typen! Die perfekte
Propaganda für ihre Kampagne, jede Fee bis zum Jahresende durch
den Kamin zu jagen!«
»Ich dachte eher an die Vereinten Nationen.«
Max setzt eine verächtliche Miene auf. »Erstens
würden sie uns nicht glauben, und zweitens betrachten sie die
Kreuzzug-Anhänger als – was?«
»Religiös Verfolgte.«
»Yeah, genau. Hör zu, wir stehen hinter dir, Mann! Auf
Schritt und Tritt. Ich verteile das Problem. Ich schätze,
daß zwanzigtausend Leute versuchen werden, es zu knacken. Ach
was, zwanzigtausend – das ist das absolute Minimum! Meine
Architektur wird sie alle verbinden, Diskussionen in Gang bringen,
ihnen Tips geben. Das Ding wächst praktisch von selbst. Mein
Schema ist nach der massiven Parallelverteilungs-Architektur dieser
Dreikörper-Lösung aufgebaut, die das Princeton-Team mal vor
zehn Jahren organisiert hat. Und da machten eine Million Leute mit!
Der Hack ist unter Kontrolle.«
»Schön, aber ich befinde mich mitten im Kriegsgebiet,
und du…? Wo bist du, Max? Wie geht’s deiner
Freundin?«
»Ist das nicht scheißegal, solange wir miteinander
reden können? Aber wenn es noch mehr von diesen Wichsern
gibt…«
Max sticht mit dem Zeigefinger gegen das Datenfenster, und da ist
der flammende Mann wieder, kommt aus dem Nichts gerannt, verschwindet
im Nichts, und was bleibt, sind seine rauchenden Fußspuren.
»Wenn es genug von diesen Dingern gibt, und wenn sie
jedesmal durchzischen, sobald ein Spanner es mal wagt, einen Blick in
die berühmte
Weitere Kostenlose Bücher