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Feenring (German Edition)

Feenring (German Edition)

Titel: Feenring (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Robertson
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das Gepäck aus dem Kofferraum und tragt es auf die Zimmer, und du parkst den Wagen und bringst mir dann die Schlüssel zurück.«
    Ich öffnete den Kofferraum und stieg aus. Ehe einer der Vampire sich am Heck meines Avalon zu schaffen machen konnte, brachte ich meinen Hexenbesen in Sicherheit. »Den nehme ich selbst.« Darauf zog ich mich schnell zurück.
    Wir folgten Menessos zu einer Sperrholzwand, die nur von einer groben Aussparung für eine der üblichen fensterlosen Stahltüren in schlichtem, hässlichen Grau unterbrochen war. Jemand hatte in leuchtenden Farben im Graffitistil BETRETEN VERBOTEN auf die Wand gesprüht. In der Mitte der Tür prangte ein schwarzer Kreis mit dem Symbol der stilisierten Fangzähne – sechs strahlend weiße Zähne, die beiden ganz außen waren Fänge. Wie das universelle Zeichen für Herren- und Damentoiletten stand dieses Symbol für eine Niederlassung der Vampire. Selbstverständlich gemäß einer Regierungsverfügung zum Schutz Unbeteiligter. Normalerweise ging ich diesem Zeichen aus dem Weg, aber nicht heute.
    Ich war drauf und dran, die Zuflucht eines Vampirs zu betreten.
    Ich hatte erwartet, dass die graue Tür verriegelt wäre, doch Menessos griff nach dem Knauf und öffnete sie mit einer einfachen Drehung.
    Ehe ich Goliath und Menessos begegnet war, hatte ich Untote für eine Obszönität gehalten und war ihnen strikt aus dem Weg gegangen, und ich hatte nicht vor, mich durch ihre Kampagne für das neue »Vampirmanagement«, mit der sie ihren Nimbus als teuflische Blutsauger zu dem von Blutsaugern nach Art von Rechtsanwälten abmildern wollten, eines Besseren belehren zu lassen.
    Lustigerweise sahen sie darin eine Verbesserung.
    Sowohl Menessos als auch seine rechte Hand hatten hinlänglich bewiesen, dass sie überdurchschnittlich brutal waren. Allerdings hatte ich beide auch schon galant und gütig erlebt, als wären sie ganz normale Menschen. Was jedoch nur schwer vorstellbar war.
    Nun betrat ich Menessos’ Welt. Seine Zuflucht. Dort würde es jede Menge Vampire geben, und denen konnte ich ebenso wenig aus dem Weg gehen wie Krispy-Kreme-Donuts beim Freitagmorgenmeeting in einem Büro.
    »Nach dir.« Er bedeutete mir einzutreten.
    An einem öffentlichen Ort hätte mir diese Geste, die besagte, dass es noch wahre Kavaliere gab, besser gefallen. Doch ohne zu wissen, was mich hinter der Tür zu dieser im Aufbau befindlichen Vampirdomäne erwartete, fielen meine Schritte etwas zögerlich aus.
    Eine Lampe, die einzige Lichtquelle, lotste mich von dem öden, hallenden Kaufhauseingang zu einem zweiten Gebäude links von mir, das sich bei der Annäherung als ein altes Kartenhäuschen entpuppte. Durch das schmutzige Glas sah ich eine Glühbirne im Drahtgeflecht von dem mittlerweile freiliegenden Deckenbalken baumeln. In dem unheimlichen Licht konnte man erkennen, dass das Kartenhäuschen mit dunklem Kirschholz getäfelt und die Decke mit Stuck verziert war. Allerdings verbarg eine dicke Staubschicht alle Einzelheiten.
    Ich wäre nicht überrascht gewesen, wenn hinter dem Schalter ein in Spinnweben gehülltes Skelett gesessen hätte, und das ferne Dröhnen der Elektrowerkzeuge hätte man leicht für Kettenrasseln tratschender Gespenster halten können.
    Menessos schob mich an dem Kartenhäuschen vorbei durch die schmutzige Eingangshalle dahinter in einen kurzen Gang, der uns an einem mit Brettern vernagelten Aufzug vorbeiführte. Stattdessen nahmen wir die breite, dem Lift gegenüberliegende Wendeltreppe. Hier und da hatte man nackte Glühbirnen in ehemals elegante Wandleuchter geschraubt, die für spärliches Licht sorgten. Meine Finger glitten über das Treppengeländer, bis ich bemerkte, dass das Holz nicht bloß staubig, sondern auch verfault und gesplittert war. Das eiserne Stützwerk wies große Lücken auf.
    Je weiter wir kamen, desto schlimmer wurde es. Bald würde ich mir wahrscheinlich mit dem Besen einen Weg bahnen müssen.
    Die Treppe war mit Schmutz und Geröll übersät, ein offenbar viel genutzter Streifen in der Mitte war jedoch sauberer – mir blieb nicht verborgen, warum die Leute die Mitte bevorzugten. Die Wände starrten vor Dreck und Schimmelpilz, während Farbplacken und Tapetenreste wie kranke Hautlappen herabhingen. Alles roch verkommen und muffig, und darunter lag das feuchte Aroma rostenden Eisens. Der Geruch von Verlassenheit.
    Nach einer Viertelbiegung erstreckte sich nach beiden Seiten ein Gang vor uns. Hier war die Decke in einem ebenso üblen Zustand

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