Feenring (German Edition)
werden. »Sie haben sich über die Lustrata schlaugemacht?«
»Ich habe alles recherchiert. Ich helfe Ihnen bei der Lösung Ihrer Probleme, und Sie helfen mir bei der Lösung meiner. Eine Hand wäscht die andere, okay? Ist das genug Gleichgewicht für Sie, oh Künderin der Gerechtigkeit?«
Weniger Sarkasmus und dafür mehr Informationen wären mir lieber gewesen. »Ich wüsste gerne, wie ich Ihnen helfen soll.«
»Passen Sie gut auf sich auf. Lassen Sie nicht zu, dass man Ihre Magie wegsperrt. Überlassen Sie einen Teil Ihrer Seele jemand anderem, und nehmen Sie selbst einen Teil einer anderen Seele in sich auf.«
»Wie stelle ich das an«, wollte ich wissen, »und wie hilft es mir?«
»Menessos weiß, wie es geht. Es steht in seinem alten Buch.«
Mir stockte der Atem. »Menessos hat mich zu Ihnen geschickt, damit ich herausfinde, wie ich tun kann, was auch immer ich tun muss. Augenblick – Sie kennen den … «
»… Trivium-Kodex? Ja, und er hat Sie zu mir geschickt, damit ich Ihnen sage, was Sie nicht hören wollen oder nicht geglaubt hätten, wenn er es Ihnen erzählt hätte. Steht alles in dem Buch.«
»Soll das heißen, ich soll dem Vampir einen Teil meiner Seele überlassen?«
»Nein, es soll heißen, dass Sie zwei Teile geben und dafür zwei erhalten sollen.«
»Ich soll ihm zwei Teile meiner … «
»Nein, geben Sie zwei Personen je einen Teil.«
Ich blinzelte.
»Kapiert, Püppchen? Der Handel muss zur selben Zeit stattfinden – mit allen drei Beteiligten. Johnny davon zu überzeugen wird mindestens haarig.«
»Johnny ist ein Wærwolf. Keine Magie.«
»Johnny ist der Domn Lup, Püppchen. Reine Magie.«
»Was?« Magie – und woher wusste er, dass Johnny der Domn Lup war?
»Die Tätowierungen. Jemand hat herausgekriegt, was er vor langer Zeit mal war, und wer immer das war, hat ihn dann mit den Tattoos als … « Er suchte nach den passenden Worten. »Das ist ein bisschen so wie der Bann.« Er lehnte sich kurz zurück und schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, sprudelte es aus ihm heraus, als hätte er, was er sagen wollte, inzwischen in einem inneren Lexikon gefunden. »Im Unterschied zu äußeren Mächten, die es darauf anlegen, Ihre Aura nachhaltig zu verhärten und zu versiegeln, um Sie etwa durch einen Bindefluch von den Energien des Universums abzuschneiden, geht es hier darum, die Zauberkraft dazu zu bewegen, der Kunst und den Farben der Tätowierungen zu weichen. Das hat den Vorteil, umkehrbar zu sein. Dazu muss Johnny den Tätowierer, der seine Kräfte blockiert hat, überreden, sie wieder freizugeben.«
»Davon haben Sie ihm nie etwas gesagt!«
Beau zuckte die Achseln. »Er weiß nicht mehr, woher er kam oder wann und wo diese Tätowierungen von wem gestochen wurden, es hatte also keinen Sinn zu sagen ›He, du verfügst über große Macht, aber leider hat dich irgendwer gewissermaßen in deiner eigenen Haut eingesperrt‹, oder?« Seine Haltung und sein Gesichtsausdruck verrieten keinerlei Bedauern. »Ich weiß, das ist die Hölle. Da war’s besser, er hatte keine Ahnung … bis er jemandem über den Weg lief, der alles wiedergutmachen kann. Zum Beispiel der Lustrata.«
»Was soll ich tun?«
»Er weiß, dass man ihn auf Sie vorbereitet hat. Das hat er Ihnen gesagt, oder?«
»Ja.«
»Also müssen Sie beiden einen Teil Ihrer Seele überlassen«, wiederholte Beau, »und dafür selbst einen Teil von beiden annehmen, damit Ihre Seele im Gleichgewicht bleibt. So können Sie den WEC daran hindern, Sie zu bannen, können entfesseln, was in Johnnys Innerem in Ketten liegt und … « Er klappte die Aktenmappe zu und schloss sie ab. »Ach ja, Püppchen, obendrein können Sie auch noch die Welt und sich selbst retten.« Jetzt lachte er, doch mir war klar, dass er nicht scherzte.
Ich saß nur da. Was er sagte, verschlug mir die Sprache.
Beau stand auf. »Kommen Sie.« Er hinkte zur Tür hinaus. Irgendwie gelang es mir, mich aufzuraffen und ihm nachzugehen.
Draußen im Laden durchwühlte er eifrig seine Regale. Schließlich griff er nach einem Fläschchen mit breitem Hals, in der eine klare Flüssigkeit schwappte. Er zog den Korken heraus und schob einen Pfirsichkern hinein. Dann musterte er die Kräutergläser und nahm drei davon. Die Etiketten kennzeichneten den Inhalt als Weideröschen, Moos und Orchidee. Den beiden ersten Gläsern entnahm er je eine Prise und dem Orchideenglas drei getrocknete Blütenblätter. Nachdem er alle drei Gläser zurückgestellt hatte, wählte er
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