Feenring (German Edition)
ein viertes aus, nahm drei Stechpalmenblätter heraus und legte sie in eine kleine Schachtel.
Die Türglöckchen klingelten.
»Hi, Murray«, rief Beau. Er verkorkte die Flasche wieder und schüttelte sie, dann packte er alles in einen Beutel und gab ihn mir. »Gehen Sie.« Damit verschwand er hinter dem Vorhang.
* * *
In der Zuflucht klopfte jemand an meine Tür. Ich öffnete in der Erwartung, Johnny zu sehen, stattdessen stand Sieben grinsend vor mir. »Es wird Zeit, dass Sie sich fertig machen, gnädige Frau.«
»Treten Sie ein.«
»Nein, für die Zeremonie werden Sie durch den Zuschauerraum hereinkommen. Wir haben neben der Eingangshalle eine Garderobe für Sie eingerichtet. Dort können Sie sich umziehen und sich vorbereiten. Menessos stellt Ihnen ein Festkleid und Schmuck zur Verfügung.«
»Was ist mit Johnny?«
»Sagen Sie ihm bitte, er soll duschen und sich bereithalten. Mark bringt ihm in einer halben Stunde seine Kleidung.«
»Johnny ist weg.« Seit Mountain mich zurückgebracht hatte, war ich gedankenvoll auf und ab gelaufen. Beaus Amulett hing an einer langen Goldkette an meinem Hals, allerdings unter meiner Kleidung verborgen. Ich musste dringend mit Johnny und Menessos über das sprechen, was Beau mir erzählt hatte – und zwar vor der Zeremonie.
»Wo ist Ihr Schoßhündchen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Er ist arbeiten gegangen. Wollte aber bis achtzehn Uhr wieder zurück sein.« Jetzt war es achtzehn Uhr fünfundvierzig, und die Zeremonie sollte um zwanzig Uhr beginnen.
»Sicher steht er im Freitagabendstau.«
Wahrscheinlich hatte sie recht. Normalerweise fuhr er mit dem Motorrad, mit dem er sich, falls nötig, verbotenerweise durch den Verkehr fädelte, an diesem Tag jedoch hatte er mein Auto genommen.
* * *
Die neuen, schweren roten Samtvorhänge waren so weit geöffnet, dass sie das schwarze Podium in der Bühnenmitte einrahmten. Auf dem Podium standen drei Stufen über der Bühne drei majestätische Sessel: der reich verzierte mit der hohen Lehne, den ich vorher bereits gesehen hatte, war rechts von einem ähnlichen, aber kleineren Sessel flankiert, während links ein feminin anmutendes Sofa stand. Neben dem Sofa lag ein großes, rotes Samtkissen. Johnnys Platz, auf dem Boden, wie für einen Schoßhund.
»Könnten Sie ihm vielleicht etwas anderes hinstellen als so ein unmännliches Hundekörbchen, Sieben?«
Sie verhielt vor den neu installierten, mit rotem Teppich bespannten Stufen, die von der Bühnenmitte in den Zuschauerraum hinunterführten. »Ich hätte noch ein wurmstichiges, altes schwarzes Seidenkissen, falls Ihnen das lieber ist … «
Schwarz würde Johnny bestimmt besser gefallen. »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Kissen auswechseln würden.«
»Schon erledigt«, gab Sieben knapp zurück und führte mich dann die Stufen hinunter auf noch mehr roten Teppich. Das Kirschrot bildete einen knapp zwei Meter fünfzig breiten Mittelgang, der von der Mitte des mit schwarzem Marmor gefliesten Bereichs bis zu den Türen des Zuschauerraums führte. Auf dem Marmor standen nun schwarz gedeckte Tische mit dunklen Kerzen in goldüberzogenen Kugeln. Angesichts der gusseisernen Stühle fragte ich mich, ob der auf Hochglanz polierte Marmorboden ohne Kratzer davonkommen würde. Auf Hochglanz und glatt poliert. Auch wenn die in jeder Lage eleganten Vampire damit kein Problem haben würden, konnte der Marmor eine Sterbliche mit falschen Schuhen bestimmt in Schwierigkeiten bringen.
Das erinnerte mich an das Halloweenkostüm, das Menessos mir geschickt hatte. Das Oberteil hatte ich angezogen, den Rock und die Pfennigabsätze aber durch Hosen und praktische Stiefel ersetzt. Ich hoffte, dass er für diesen Abend nicht ähnliches Schuhwerk im Sinn hatte.
Sieben führte mich durch die Eingangshalle, deren Wände mit geraffter Seide bespannt waren. Die goldenen Armleuchter mochten zur Originaleinrichtung gehören, waren aber gründlich gesäubert und wieder funktionstüchtig gemacht worden. »Sehr fein.«
Sieben verharrte vor dem aus der Eingangshalle führenden Gang, wo sie eine Stoffbahn an der Wand zur Seite schob und die neuen Spanplatten und die Rohwolle dahinter offenbarte, die für die Falten sorgte. »Sie sind bemerkenswert«, sagte ich.
Sieben ließ den Stoff an seinen Platz zurückfallen. »Ich dachte, Sie wären hier die Bemerkenswerte.« Ihre Worte klangen trocken, als würde sie eine Prise Spott hineinlegen.
»Ich?«
»Der Boss hatte kaum Hofhexen. Er
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