Feenzorn
nicht schaden wollte, als ich Mab meinen Anspruch auf dich übertrug. Ich wollte nie, dass du ernstlich zu Schaden kommst.«
Finster beäugte ich sie. »Du hast versucht, mich in einen Schoßhund zu verwandeln und mich im Zwinger zu halten.«
»Da wärst du vollkommen sicher und bestimmt sehr glücklich gewesen«, wandte sie ein. »Wie gesagt, ich wollte immer nur dein Bestes, weil du mir wichtig bist.«
Mein Magen überschlug sich fast, doch ich schluckte die Übelkeit herunter. »Ja. Das, äh… das sieht dir ähnlich. Irgendwie. Auf eine verrückte, abartige Weise kann ich es sogar verstehen.«
Lea strahlte. »Das wusste ich. Aber nun zum Geschäft. Warum hast du mich in dieser Nacht gerufen?«
Ich atmete tief durch und sammelte mich. »Hör mal, wir sind in der letzten Zeit oder eigentlich noch nie besonders gut zurechtgekommen. Ich habe auch nicht viel anzubieten, trotzdem habe ich gehofft, dass du bereit bist, ein Abkommen mit mir zu schließen.«
Sie zog die rotgoldenen Augenbrauen hoch. »Zu welchem Zweck?«
»Ich muss mit Mab und Titania sprechen«, erklärte ich.
Lea blickte in die Ferne und dachte nach. »Du musst wissen, dass ich dich nicht vor ihnen beschützen kann, falls sie dich angreifen sollten. Meine Kräfte sind gewachsen, Süßer, aber nicht so sehr.«
»Ich verstehe. Doch wenn ich der Sache nicht auf den Grund gehe und bald den Mörder finde, bin ich so gut wie tot.«
»Das habe ich auch schon gehört«, erwiderte meine Patentante. Sie streckte den rechten Arm aus. »Dann gib mir deine Hand.«
»Ich brauche meine Hände noch. Alle beide.«
Sie lachte perlend. »Nein, du dummer Junge. Leg einfach deine Hand in meine. Ich bringe dich hin.«
Darauf sah ich sie schräg von der Seite an. »Welchen Preis verlangst du?«
»Überhaupt keinen.«
»Keinen? Du tust nie etwas umsonst.«
Sie verdrehte die Augen. »Dich kostet es jedenfalls nichts.«
»Wen dann?«
»Niemanden, den du kennst oder kanntest«, erwiderte Lea. Mir fiel etwas ein. »Meine Mutter. Du sprichst über meine Mutter.«
Lea zog ihre Hand nicht zurück. Sie lächelte und sagte nur: »Mag sein.«
Schweigend betrachtete ich ihre Hand, dann entgegnete ich: »Ich bin nicht sicher, ob ich wirklich glauben kann, dass du mich beschützen wirst.«
»Aber das habe ich doch längst getan.«
»Wann denn?« Ich verschränkte die Arme vor der Brust.
»Vielleicht erinnerst du dich an den Abend auf dem Friedhof. Dort habe ich eine Wunde auf deiner Stirn geheilt, die dich leicht hätte töten können.«
»Das hast du nur getan, um mich auszumanövrieren und das Schwert zu bekommen!«
Leas Antwort klang verletzt. »Nicht nur deshalb. Wenn du noch ein wenig weiter überlegen willst, ich habe dich auch aus einem Bann befreit, der dich verkrüppelt hat, und dich keine vierundzwanzig Stunden später aus einem Inferno der Flammen gerettet.«
»Zum Lohn hast du meiner Freundin alle Erinnerungen an mich genommen! Außerdem hast du mich bloß vor dem Feuer gerettet, um mich in die Hundehütte zu setzen.«
»Das ändert nichts an der Tatsache, dass ich dich letzten Endes doch beschützt habe.«
Frustriert starrte ich sie noch eine Weile an. »Was hast du denn in der letzten Zeit für mich getan?«
Sie schloss kurz die Augen, öffnete den Mund und sprach mit alter, nörgelnder Stimme. »Was ist das für ein Theater? Ich habe schon die Polizei gerufen, jawohl! Verschwindet hier aus unserem Flur, sonst sperren sie euch ein!«
Ich blinzelte verdutzt. »Reuels Wohnung. Das warst du?«
»Offensichtlich, mein Junge. Und heute Abend im Supermarkt.« Sie hob eine Hand, machte mit den langen, bleichen Fingern eine komplizierte Bewegung und öffnete wieder den Mund, als wollte sie singen. Doch statt Musik entstand das Geräusch von fernen Polizeisirenen, vom Original nicht zu unterscheiden.
Ich schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht.«
Wieder bewegte sie die Finger, und die Sirenen wichen ihrem silberhellen Lachen. Amüsiert und fast liebevoll betrachtete sie mich. »Das ist mir klar, Süßer.« Abermals bot sie mir die Hand. »Komm schon, die Zeit drängt.«
Wenigstens damit hatte sie recht, und ich wusste, dass sie mir die Wahrheit gesagt hatte. Ihre Worte ließen keinen Zweifel daran. Bei Abmachungen mit den Feenwesen hatte ich mir allerdings bisher immer die Finger verbrannt, und wenn Lea sich erbot, mir ohne Gegenleistung zu helfen, dann hatte die Sache mit Sicherheit einen Haken.
Ihr Gesichtsausdruck verriet mir, dass sie mich
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