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Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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gut genug kannte, um meine Gedanken zu erahnen. Wieder lachte sie. »Harry, Harry«, sagte sie. »Falls es für dich irgendwie von Bedeutung ist, erinnere ich dich daran, dass unser Abkommen weiterhin in Kraft ist. Ich bin noch mehrere Wochen daran gebunden, dir nichts anzutun.«
    Das hatte ich ganz vergessen. Andererseits konnte ich ihr auch in dieser Hinsicht nicht völlig vertrauen. Selbst wenn sie mir geschworen hatte, mir kein Leid anzutun, konnte sie mich einfach in einem Wald voller Unseelies absetzen. Damit hätte sie ihr Wort nicht gebrochen, und im letzten Jahr hatte sie tatsächlich etwas in dieser Art getan.
    Wieder grollte der Donner, und in den Wolken flackerte es heftig. Die Zeit zerrann mir zwischen den Fingern, und ich würde nichts erreichen, wenn ich noch länger schwafelnd hier herumstand. Entweder ich vertraute mich meiner Patentante an, oder ich kehrte nach Hause zurück und wartete, bis jemand vorbeikam und mich zerquetschte.
    Lea zu begleiten war sicher nicht der beste Weg, das zu bekommen, was ich wollte – aber es war der einzige. So holte ich tief Luft und nahm ihre Hand. Ihre Haut fühlte sich an wie kühle Seide, der Regen konnte sie nicht berühren. »Also gut. Und danach muss ich die Mütter sehen.«
    Lea sah mich schräg von der Seite an. »Überlebe erst die Flut, ehe du dich ins Feuer stürzt. Jetzt schließ die Augen.«
    »Warum?«
    »Hör endlich auf, deine Zeit mit Fragen zu verschwenden«, erwiderte sie gereizt. »Du hast mir deine Hand gegeben, nun schließe die Augen.«
    Halblaut fluchend gehorchte ich. Meine Patentante sagte etwas, eine Reihe fließender Silben in einer Sprache, die ich nicht verstand, aber meine Knie gaben nach wie Gummi, und meine Hände waren auf einmal sehr schwach. Ich fühlte mich desorientiert und benommen, es war jedoch nicht unangenehm. Wind schlug mir ins Gesicht, ich spürte eine Bewegung, hätte aber nicht sagen können, ob ich stürzte, aufstieg oder mich vorwärts bewegte.
    Dann hörte die Bewegung auf, und das Schwindelgefühl ebbte ab. Wieder grollte Donner, sehr laut dieses Mal, und unter mir bebte der Boden. Licht spielte über meine geschlossenen Augenlider.
    »Wir sind da«, sagte Lea mit gedämpfter Stimme.
    Ich öffnete die Augen.
    Wir standen auf festem Untergrund inmitten von wallendem grauem Nebel. Der Dunst bedeckte auch den Boden, auf dem ich stand, und obwohl ich mit dem Fuß scharrte, konnte ich nicht erkennen, ob es Erde, Holz oder Beton war. Ringsum erstreckten sich Hügel und flache Täler, die alle mit Bodennebel bedeckt waren. Ich blickte nach oben. Der Himmel über mir war klar, die Sterne funkelten unglaublich hell und in Dutzenden von Farben statt im gewohnten Silber vor dem samtigen Vorhang der Nacht. Wie Edelsteine erstrahlten sie in der dunklen Leere. Noch einmal grollte der Donner, abermals bebte der Boden unter dem Nebel. Gleichzeitig zuckten Blitze, und rings um uns entstand ein zorniges blaues Feuer, das langsam verblasste.
    Allmählich dämmerte es mir. Ich tastete mit dem Fuß. »Wir sind…«, keuchte ich. »Wir sind auf… auf…«
    »In den Wolken«, bestätigte meine Patentante nickend. »So muss es dir jedenfalls erscheinen. Wir sind nicht mehr in der Welt der Sterblichen.«
    »Dann sind wir im Niemalsland, im Feenland?«
    Sie schüttelte den Kopf und antwortete, immer noch mit gedämpfter Stimme und beinahe ehrfürchtig: »Nein. Dies ist die Zwischenwelt, das Manchmal-Land. Hier begegnen und überlappen sich Chicago und das Feenland. Es ist das Chicago über dem gewohnten Chicago, wenn du so willst. Dies ist der Ort, den die Königinnen heraufbeschwören, wenn die Sidhe Blut vergießen wollen.«
    »Sie beschwören ihn herauf?«, fragte ich leise. »Sie erschaffen ihn?«
    »Wie auch immer«, erwiderte Lea ebenso leise. »Sie rüsten sich für einen Krieg.«
    Noch einmal betrachtete ich die Umgebung. Wir standen auf einer kleinen Erhebung in einem breiten, flachen Tal. Nicht weit entfernt erkannte ich ein von Nebel halb verdecktes Seeufer. Mitten durch die Wolken verlief ein Fluss.
    »Warte mal«, sagte ich. »Das… das kommt mir bekannt vor.« Das Chicago über dem gewohnten Chicago, hatte sie gesagt. Im Geiste fügte ich Gebäude, Straßen, Laternen, Autos und Menschen hinzu. »Dies ist Chicago. Das echte Chicago.«
    »Es ist ein Modell davon«, erklärte Lea mir. »Erschaffen aus Wolken und Nebel.«
    Als ich mich umdrehte, entdeckte ich hinter mir einen grauen Stein, riesig und unheildrohend, der zwischen

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