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Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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zu stark. »Warum hast du sie nicht aufgehalten?«
    »Du bist ein Idiot«, antwortete sie. »Ein melodramatischer Idiot, genau wie damals.«
    Ich versank in der Erde, bis ich auf Augenhöhe mit ihr war. »Ich hätte sie aufhalten können.«
    »Dein Fluch hätte möglicherweise auch mich getroffen.« Sie sah sich über die Schulter um. Aurora war stehen geblieben und wartete, ein verschwommener Schatten im Nebel.
    Der Schlamm zog mich nach unten, inzwischen schaute ich sogar zu ihr auf und betrachtete die zarte Haut unter ihrem Kinn. Sie blickte auf mich herab.
    »Tschüss, Harry.« Damit drehte Elaine sich um und folgte Aurora. Dann aber hielt sie noch einmal inne und drehte sich gerade so weit um, dass ich ihr Profil sehen konnte. Im gleichen, unbeteiligten Tonfall sagte sie: »Es ist genau wie damals.«
    Dann ließ sie mich allein, damit ich sterben konnte.
    Es ist schwer, in einer solchen Situation nicht in Panik auszubrechen. Ich war im Laufe meines Lebens immer mal wieder in Schwierigkeiten geraten, aber in so einer Klemme hatte ich noch nie gesteckt. Das Problem war einfach zu beschreiben, unlösbar und tödlich. Der Boden wurde immer weicher, und ich glitt immer tiefer hinab. Es war warm und eigentlich gar nicht so unangenehm. Es soll ja Leute geben, die für warme Schlammbäder viel Geld bezahlen. Meines würde allerdings mit meinem Tod enden, wenn ich nicht bald einen Ausweg fand. Der Schlamm hatte inzwischen meine Oberschenkel erreicht.
    Ich schloss die Augen und versuchte mich zu konzentrieren. Im Geist tastete ich mich vor, bis ich das Geflecht von Elaines Spruch spürte, und drückte dagegen, um es zu zerbrechen. Leider reichte meine Kraft nicht aus. Wenn Auroras Kreis in sich zusammenfiel, konnte ich auf die Energien der Natur zurückgreifen, aber mir lief die Zeit davon, und rohe Gewalt war sowieso nicht die Lösung. Wenn ich wild auf den Spruch einhämmerte, der mich festhielt, dann wäre es, als versuchte ich, mich mit Dynamit aus Handschellen zu befreien. Ich würde mich gleichzeitig selbst zerfetzen.
    Dieser gefährliche Weg schien dennoch der einzige zu sein, der mir überhaupt noch offenstand. So beherrschte ich mich und bemühte mich, ruhig und konzentriert abzuwarten, bis Auroras Kreis zerfiel. Ich musste sogar kichern. Fragen Sie mich nicht warum, aber unter diesem Druck kam mir das alles ausgesprochen komisch vor. Ich wollte es unterdrücken, doch ich gackerte und kicherte haltlos, als der warme Schlamm erst meine Hüften, dann den Bauch und die Brust in Besitz nahm.
    »Genau wie damals«, keuchte ich. »Ja, genau wie damals, Elaine. Du heimtückisches, hinterhältiges, verräterisches…« Dann kam mir ein Gedanke. Genau wie damals.
    »… raffiniertes, gerissenes, kluges Mädchen. Wenn das klappt, gebe ich dir einen aus.«
    Die aufgesetzte Gleichgültigkeit, mit der sie gesprochen hatte, diese unbeteiligte Haltung – das war nicht die Elaine, die ich kannte. Ich konnte mir vorstellen, dass sie mich in einem Wutanfall tötete, mich aus rasender Eifersucht vergiftete oder mein Auto in die Luft jagte, einfach weil sie sauer war. Aber sie würde so etwas sicher nicht tun, ohne irgendetwas zu empfinden.
    Der Schlamm bedeckte inzwischen meine Brust, und Auroras Kreis war immer noch nicht verschwunden. Mein Herz raste, doch ich kämpfte die Panik nieder und hyperventilierte. Wahrscheinlich würde ich jede Sekunde brauchen, die ich mir erkaufen konnte. Der Morast stieg mir bis zum Hals, dann bis zum Kinn. Ich kämpfte nicht mehr dagegen an, sondern holte noch einmal tief Luft, bevor meine Nase unterging.
    Dann wurde es dunkel vor meinem Augen, und ich schwebte in einem dicken, warmen Brei, in dem mir nur noch mein eigener Herzschlag in den Ohren dröhnte. Ich wartete, bis meine Lungen brannten, bis mein Oberkörper in Flammen stand. Ich blieb so entspannt wie möglich und zählte die Herzschläge.
    Irgendwann zwischen vierundsiebzig und fünfundsiebzig verschwand Auroras Kreis. Sofort griff ich nach der Kraft, sammelte sie und formte sie im Geist. Ich wollte es nicht überstürzen, auch wenn es mir schwerfiel, und ließ mir so viel Zeit, wie ich konnte, ohne in Panik zu geraten, ehe ich noch einmal nach Elaines Spruch tastete.
    Meine Vermutung war richtig. Es war genau der Fesselungszauber, den sie damals in unserer Jugend benutzt hatte, um mich festzuhalten, während mein alter Lehrer Justin DuMorne versucht hatte, mich in seinen Bann zu schlagen. Ich war damals entkommen, weil Elaine und ich in

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