Feenzorn
schniefte Fix. »Ein einfacher, billiger Bolzenschneider wäre besser gewesen, als die starke Kette zu zerreißen.«
»Ja, die bösen Buben sind manchmal alles andere als vernünftig«, antwortete ich. Der Stein zog mich in Richtung eines langen Kais, das weit in den See ragte. »Da entlang.« Als wir das Tor knapp zehn Meter hinter uns gelassen hatten, erloschen die Halogenscheinwerfer, und wir standen im tosenden Sturm im Dunkeln.
Mit klammen Fingern tastete ich nach meinem Amulett, doch Fix und Meryl waren schneller. Fix stellte die Werkzeugkiste ab und richtete sich gleich danach mit einer schweren Taschenlampe wieder auf. Fast im selben Augenblick knisterte Plastik, und Meryl schüttelte einen Leuchtstab, der darauf gespenstisch grün zu strahlen begann. Dann ertönte ein lauter, scharfer Gewehrschuss, und Meryl zuckte zusammen und taumelte. Schockiert betrachtete sie das Blut, das sich auf ihren Jeans ausbreitete.
»Runter!«, rief ich und versetzte ihr einen Stoß, um sie nach unten zu ziehen. Wieder knallte ein Schuss. Ich schnappte mir den Leuchtstab und steckte ihn in den Mantel. »Taschenlampe aus!«, rief ich.
Fix fummelte noch damit herum, als ein weiterer Schuss Funken aus seinem Werkzeugkasten schlug. Fix schrie erschrocken auf und ließ die Taschenlampe fallen. Sie rollte herum und beleuchtete das Gelände hinter uns.
Der Lichtstrahl erfasste die Tigerin, die Ghul-Meuchelmörderin, die sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, menschliche Formen anzunehmen. In ihrer natürlichen Gestalt waren ihre Schultern gebeugt, ihre Haut war grau, und sie vereinigte die unangenehmsten Züge von Menschen, Hyänen und einem Pavian in sich. Ihr ganzer Körper war mit kurzem, borstigem grauem Haar bedeckt. Die Beine waren kurz und kräftig, die Arme viel zu lang für den Körper, und ihre Hände hatten Knochenspitzen an der Stelle von Fingernägeln. Die Haare hingen nass und verfilzt herab, und ihre Augen blitzten böse, als sie auf uns zugerannt kam. Rosafarbene und graue Narben zeichneten sich auf ihrer Haut ab. Anscheinend waren alle Wunden, die Murphy ihr am vergangenen Abend zugefügt hatte, schon wieder verheilt. Sie stürmte auf allen vieren mit weit aufgerissenem Mund vorwärts und flog uns förmlich entgegen.
Die Alphas, die sich hinter ihr sammelten, bemerkte sie nicht. Der erste Wolf, unter dessen Augen die Schmiere deutlich zu erkennen war, biss das Wesen blitzschnell ins rechte Bein und schüttelte es. Der Ghul kreischte überrascht und stürzte. Rasch kam er wieder auf die Beine und schlug nach dem Wolf, der ihn verletzt hatte. Das große graue Tier rollte sich seitlich ab, während ein großer brauner Wolf darüber sprang. Der zweite Wolf packte das andere Bein des Ghuls und sprang ebenfalls davon, als der Ghul sich zu ihm umdrehte. Unterdessen griff ein dritter Wolf das Ungeheuer von hinten an.
Der Ghul kreischte und wollte weglaufen, doch die Wölfe ließen ihn nicht entkommen. Einer von ihnen sprang das Wesen an und warf es um. Es drehte sich sofort um, doch inzwischen konnte es nicht mehr laufen, seine Beine waren nur noch nutzloser Ballast. Krallen blitzten, Blut floss, und der Wolf, nach dem der Ghul geschlagen hatte, stieg ihm auf den Rücken und biss ihn in den Nacken. Das Ungeheuer stieß einen letzten gequälten, gurgelnden Schrei aus.
Dann fielen alle Werwölfe wie eine Woge aus Fell und blitzenden Zähnen über das Wesen her. Als sie eine halbe Minute später von ihm abließen, hätte ich die Überreste nicht mehr als die eines Ghuls erkennen können. Es drehte mir den Magen um, und ich wandte den Blick ab, bevor ich mich übergeben musste.
»Helfen Sie mir«, fauchte ich Fix an, und er unterstützte mich mit überraschender Kraft, als ich Meryl unter einem Arm fasste und zum nächsten Lagerhaus schleppte.
»Mein Gott«, wimmerte Fix unterwegs. »O Gott, o mein Gott!«
»Es geht schon«, keuchte sie, als wir sie um die Ecke eines Gebäudes zerrten. »So schlimm ist es nicht.«
Ich holte den Leuchtstab heraus und untersuchte Meryl. Ihre Jeans waren nass vor Blut, das im grünen Licht schwarz erschien, aber es war nicht so schlimm, wie es hätte sein können. Schließlich entdeckte ich eine lange Risswunde an einem Bein und pfiff durch die Zähne. »Glück gehabt«, sagte ich. »Das war nur ein Streifschuss, und die Blutung ist auch nicht sehr stark.« Vorsichtig stieß ich ihr Bein an. »Tut das weh?« Sie zuckte zusammen.
»Das ist gut«, sagte ich. »Fix, ihr zwei bleibt
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