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Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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verschränkten Armen und geschlossenen Augen gegen die Tür. So konnte ich das Zittern leichter unterdrücken.
    Ein oder zwei Minuten vergingen, dann tauchte Elaine leise aus dem Schlafzimmer auf. Das Feuer knackte und knisterte. »Sind sie weg?« Auch sie rang um Fassung.
    »Ja, aber vermutlich beobachten sie meine Wohnung.«
    Sie legte mir eine Hand auf die Schulter. »Du zitterst ja, Harry.«
    »Schon gut.«
    »Du hättest ihn töten können, als du die Klinge gezogen hast«, fuhr sie fort.
    »Ja.«
    »Wollte er dich wirklich nur provozieren, wie du es gesagt hast?« Ihre Miene war ehrlich besorgt.
    »Ja«, bestätigte ich.
    »Mein Gott.« Sie schüttelte den Kopf. »Das übersteigt jede Paranoia. Willst du wirklich, dass ich mich in die Hände dieser Leute begebe?«
    Ich nahm ihre Hand. »Hüter wie ihn meinte ich nicht. Nicht alle im Rat sind so wie er.«
    Einen Augenblick sah sie mir in die Augen, dann zog sie behutsam die Hand zurück. »Nein. Solchen Männern werde ich mich nicht ausliefern. Nicht noch einmal.«
    »Elaine«, protestierte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich gehe jetzt.« Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Wirst du es ihnen sagen?«
    Ich atmete tief durch. Wenn die Hüter erfuhren, dass Elaine noch lebte und ihnen auswich, dann würde im wahrsten Sinne des Wortes eine Hexenjagd beginnen. Die Hüter waren nicht gerade dafür bekannt, besonders tolerant und nachsichtig vorzugehen. Morgan war der wandelnde Beweis dafür. Wer half, Elaine vor den Hütern abzuschirmen, würde in den Genuss der gleichen Behandlung kommen wie sie selbst. Hatte ich nicht schon genug Schwierigkeiten?
    »Nein«, sagte ich. »Natürlich nicht.«
    Elaine lächelte gezwungen. »Danke, Harry.«
    Sie hob ihren Stab und hielt ihn mit beiden Händen fest. »Kannst du mir die Tür öffnen?«
    »Die passen sicher dort draußen auf.«
    »Ich benutze einen Schleier, sie werden mich nicht sehen.«
    »Sie sind gut.«
    Elaine zuckte mit den Achseln. »Ich bin besser, schließlich hatte ich viel Zeit zum Üben.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Was sollen wir wegen der Feen tun?«
    »Keine Ahnung«, antwortete sie. »Ich melde mich.«
    »Wie kann ich mit dir Verbindung aufnehmen?«
    Sie nickte in Richtung der Tür. Ich öffnete für sie, und sie kam noch einmal zu mir und küsste mich mit warmen Lippen auf die Wange. »Du bist derjenige, der ein Büro und einen Anrufbeantworter hat. Ich melde mich bei dir.« Dann huschte sie hinaus und murmelte ein paar leise Worte. Ein silbernes Licht flimmerte um sie herum, ich blinzelte kurz, und als ich die Augen wieder öffnete, war sie verschwunden.
    Ich ließ die Tür noch einen Moment offen stehen, was sich als ausnehmend gute Idee entpuppte. Wenige Augenblicke später tappte Mister die Treppe herunter und blickte mit einem klagenden Miauen zu mir auf. Er stolzierte herein, strich mir um die Beine und schnurrte wie ein Dieselmotor. Mister wiegt ungefähr fünfundzwanzig Pfund. Unter seinen Vorfahren war vermutlich ein Säbelzahntiger. »Gutes Timing«, lobte ich ihn, schloss die Tür und sperrte ab.
    Dann stand ich im Zwielicht des warmen Kaminfeuers. Wo Elaine mich geküsst hatte, kribbelte meine Wange. Ich konnte auch noch einen Hauch ihres Parfüms riechen, was sehr lebhafte Erinnerungen und eine wahre Flut von Bildern in mir weckte, die ich vergessen geglaubt hatte. Auf einmal fühlte ich mich alt, müde und sehr einsam.
    Ich ging zum Kamin und stellte die Karte wieder auf, die Susan mir zum letzten Weihnachtsfest geschickt hatte. Dann betrachtete ich ihr Foto neben der Karte. An jenem Wochenende war sie in einem Park gewesen und hatte ein blaues Tanktop und abgeschnittene Jeans getragen. Vor der dunkelbraunen Haut und dem pechschwarzen Haar wirkten ihre Zähne unglaublich weiß. Das Foto hatte ich aufgenommen, als sie mit strahlenden Augen gelacht hatte.
    Schließlich schüttelte ich den Kopf. »Ich bin müde, Mister«, verkündete ich. »Unglaublich müde.«
    Er maunzte mich an.
    »Tja, es wäre vernünftig, wenn ich mich jetzt ausruhen würde. Es scheint sogar ziemlich dringend zu sein, immerhin rede ich schon mit meiner Katze.« Ich kratzte mich am Bart und nickte. »Nur eine Minute aufs Sofa legen, dann beginnt die Arbeit.«
    Ich weiß noch, wie ich mich auf dem Sofa niederließ, und danach versank alles in gesegneter Schwärze.
    Das war auch gut so. Am nächsten Tag wurden die Dinge nämlich richtig kompliziert.

10. Kapitel
     
     
     
    Ich war nicht zu müde, um zu

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