Feenzorn
akzeptieren, dass diese Frau nur ein Werkzeug war. Eine ihrer Huren.«
Ich fuhr herum, ließ den Stab los und nahm meinen Schwertstock in die Hand. Mit einem stählernen Kratzen kam die Klinge heraus, und ich drehte mich wieder zu Morgan um. Er hatte es allerdings kommen sehen und schon die hell schimmernde silberne Klinge der Hüter aus der Golftasche gezogen.
Jeder müde, schmerzende, zornige Knochen in meinem Körper wollte ihn anspringen. Ich bin nicht sonderlich muskulös, aber ich bin auch nicht langsam, und ich habe lange Arme und Beine. Ich kann mich schnell bewegen und meinen Gegner auf Distanz halten. Morgan war ein erfahrener Soldat, doch in einem beengten Raum kommt es vor allem auf gute Reflexe an. Daher war der Mann mit dem Schwert gar nicht so sehr im Vorteil.
In diesem Augenblick hätte ich ihn töten können. Er hätte mich vielleicht ebenfalls getötet, aber ich hätte es tun können. Und ich wollte es unbedingt. Das war keine bewusste Entscheidung, sondern kam aus dem Teil meines Gehirns, der erst handelt und später nachdenkt. Ich verlor endgültig die Beherrschung und wollte es an Morgan auslassen.
Ein Gedanke stahl sich allerdings am Testosteron vorbei und verdarb mir den Wutausbruch. Ich hielt inne. Zitternd und den Schwertstock mit weißen Knöcheln umklammernd, richtete ich mich auf und sagte: »Das wäre dann Nummer drei.«
Morgan runzelte die Stirn, starrte mich an und hielt mich mit seiner Waffe in Schach. »Was reden Sie da, Dresden?«
»Der dritte Plan. Merlins Ass im Ärmel. Er hat Sie geschickt, damit Sie einen Streit mit mir anfangen. Draußen steht noch ein weiterer Hüter und sieht zu, nicht wahr? Ein Zeuge, damit Sie mich ungestraft töten und meine Leiche den Vampiren übergeben können. Damit wären alle Probleme gelöst, was?«
Morgan riss die Augen auf und stammelte fast. »Ich weiß nicht, was Sie damit meinen.«
Ich hob die Hülle des Schwertstocks wieder auf und steckte die Klinge hinein. »Klar, Sie haben überhaupt keine Ahnung. Verschwinden Sie, Morgan. Es sei denn, Sie wollen einen unbewaffneten Gegner niedermachen, der Ihnen nichts getan hat.«
Morgan starrte mich noch einen Moment an, dann schob er das Schwert in die Golftasche, schwang sie sich über die Schulter und marschierte zur Tür.
Als er beinahe draußen war, klapperte es im Schlafzimmer. Ich drehte mich rasch um.
Morgan hielt inne, sein Blick wanderte erst zu mir und dann zum Schlafzimmer. »Wer ist da drin? Etwa das Vampirmädchen?«
»Niemand«, sagte ich. »Raus hier.«
»Das werden wir ja sehen.« Er machte kehrt und ging, eine Hand noch am Schwertgriff, zu meiner Schlafzimmertür. »Sie und alle, die sich mit Ihnen einlassen, werden bald zur Rechenschaft gezogen. Darauf freue ich mich jetzt schon.«
Das Herz schlug mir wieder bis zum Halse. Wenn Morgan Elaine fand, dann konnten alle möglichen Dinge geschehen, und keines davon war erfreulich. Anscheinend konnte ich sowieso nicht viel tun. Ich konnte sie nicht warnen, und mir fiel auch nichts ein, wie ich Morgan möglichst schnell hinausbefördern konnte.
Morgan spähte durch die Tür und sah sich um, dann stieß er einen heiseren Schrei aus und fuhr zurück. Im gleichen Augenblick kreischte eine Katze, und Mister, mein grauer, stummelschwänziger Kater, zischte aus dem Schlafzimmer. Er schoss zwischen Morgans Beinen hindurch, quer durch die Wohnung und die Treppe hinauf, um draußen in der Sommernacht zu verschwinden.
»Meine Güte«, sagte ich. »Mein Kater könnte ein gefährlicher Unruhestifter sein. Sie sollten ihn lieber sofort verhören.«
Mit leicht gerötetem Gesicht richtete Morgen sich wieder auf. Er hustete und stolzierte zur Tür. »Der Ältestenrat lässt Ihnen ausrichten, dass man Sie beobachtet, dass sich allerdings niemand in Ihre Prüfung einschalten und niemand Ihnen helfen wird.« Schließlich zog er noch eine Visitenkarte aus der Hemdtasche und ließ sie auf den Boden fallen. »Das ist die Telefonnummer des Ältestenrates. Rufen Sie erst dort an, wenn Sie bei Ihrer Prüfung versagt haben.«
»Passen Sie auf, dass die Tür Ihnen nicht das Hirn zertrümmert, wenn Sie gehen«, sagte ich.
Morgan funkelte mich noch einmal an und trollte sich. Er schlug die Tür hinter sich zu und stapfte die Treppe hinauf.
Erst eine halbe Minute, nachdem er gegangen war, begann ich zu zittern – eindeutig eine Reaktion auf den Stress. Wenigstens war mir das nicht unter seinen Augen passiert. Ich drehte mich um und lehnte mich mit
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