Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fehlfunktion - Warum Frischhaltefolie nie gerade abreißt und andere Alltagsärgernisse

Fehlfunktion - Warum Frischhaltefolie nie gerade abreißt und andere Alltagsärgernisse

Titel: Fehlfunktion - Warum Frischhaltefolie nie gerade abreißt und andere Alltagsärgernisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Lischka
Vom Netzwerk:
geschlossen hat, kann man nicht mehr umbuchen. Wer in die falsche Liftkabine gestiegen ist, wer sich vertippt hat und den Fehler nicht während des Wartens bemerkt, muss wohin auch immer mitfahren, aussteigen und sein Glück noch mal versuchen. Man kann in diesen Liftkabinen nicht nur die Etagen nicht abwählen - man kann nicht einmal mehr neue auswählen. Der Fahrstuhl hat die totale Kontrolle. Aber nur für kurze Zeit - die Kabinen rasen ja mit bis zu acht Metern in der Sekunde.
    Zielrufsteuerung nennt der Aufzugfachmann dieses System. Es ist der Traum manchen Ingenieurs: ein perfektes System, das die Kabinen effizient wie kein anderes verteilt und eine ganz enorme Förderleistung schafft (so heißt das im Aufzugsgewerbe). Theoretisch. Voraussetzungen: Die Liftinsassen drücken immer die richtigen Knöpfchen, überlegen es sich unterwegs nicht noch mal anders und holen ihre mit der Zielrufsteuerung unerfahrenen Gäste immer im Erdgeschoss ab. Das Problem sind die Benutzer, sie passen sich einfach nicht der Aufzugstechnik an.
    Seit mehr als zehn Jahren gibt es die Zielrufsteuerung, durchgesetzt hat sie sich aber bislang nicht. Der Fachdienst Baunetz
erklärt: »Eine disziplinierte Bedienung des Aufzuges und Befolgung der Anweisungen sind erforderlich.« Aber wenn die Fahrgäste das Prinzip einmal begriffen, die Bedienung gelernt und die Logik der Lifttechnik verinnerlicht haben, dann funktioniert die Zielrufsteuerung perfekt.
    Wenn man die Herren am Empfang des Post-Towers mit leuchtenden Augen von ihrer Liftanlage sprechen hört, ist klar: Die Zielrufsteuerung ist der Transrapid der Aufzugsanlagen - eine sehr aufwendige Erfüllung des sehr ausgefallenen Konstrukteurtraums vom perfekten Lift mit maximaler Förderleistung. Im Post-Tower klappt das mit der Zielrufsteuerung wohl nur, weil die netten Herren am Empfang allen Ahnungslosen die Lifttechnik so freundlich erklären.
    Ohne diese Anleitung dürfte die Zielrufsteuerung so wenig funktionieren wie die Zweiknopf-Sammelsteuerung.
    Die Aufzugbauer wehren sich übrigens gegen den Verdacht, sie seien nicht auf so etwas Banal-Praktisches wie die Etagenabwahl gekommen. Bei Osma-Aufzügen zum Beispiel könnte der eben gedrückte Etagenknopf für ein paar Sekunden blinken. Würde man währenddessen noch einmal draufdrücken, wäre die Etage wieder abgewählt. Wäre. Denn die Kunden müssen diese Funktion dazubestellen. Sie tun es aber nicht. Osma lässt wissen: »Leider wird diese Funktion nicht von sehr vielen Kunden gewünscht.«
    Fürchten die Bauherren den Krieg in ihren Liftanlagen? Ein Horrorszenario: Menschen in gefühlter Eile wählen alle ausgewählten Etagen außer ihrem Ziel ab. Jede Fahrt im Lift mit Abwahlfunktion treibt den Adrenalinpegel hoch: Die Insassen belauern das Bedienpult, prüfen nach jedem Zwischenstopp, ob
neu Eingestiegene wirklich nur eine Etage aus- und nicht vielleicht doch heimlich alle anderen abwählen...
    Nur die Angst vor solchem Missbrauch kann erklären, warum in deutschen Aufzügen so praktische Funktionen wie die Etagenabwahl fehlen. Ein anderes Beispiel: Tür-zu-Tasten sieht man auch in kaum einer deutschen Liftanlage, während sie etwa in der Schweiz und den Vereinigten Staaten fast überall zu finden sind. In Deutschland gibt es nur die Tür-auf-Taste. Die tut keinem weh und ist vorgeschrieben - in der Europäischen Norm EN 81 über die »Sicherheitsregeln für die Konstruktion und den Einbau von Aufzügen« einzeln für Seilaufzüge (EN81-1) und für Hydraulikaufzüge (EN81-2). Da heißt es: »Bei selbsttätig kraftbetätigten Fahrkorbtüren muss im Fahrkorb eine Einrichtung vorhanden sein, die eine Umsteuerung des Schließvorganges ermöglicht.« So ist das: Tür-auf-Tasten sind Pflicht. Tür-zu-Tasten wären bloß praktisch.
    TIPP:
    Bevor Sie das nächste Mal Aufzug fahren, informieren Sie sich über die korrekte Bedienung der Zweiknopf-Sammel- und Zielrufanlagen, erfragen Sie bei Verabredungen in Ihnen unbekannten Gebäuden vorab die Ausführung der Steueranlage, und weisen Sie etwaige Fehlbediener geduldig, aber bestimmt auf ihre Fehler hin. Nicht Ihr Ding? Dann sind Sie doch gar nicht der Mensch, der sich wirklich über ein paar durch dämliche Aufzugstechnik verlorene Sekunden ärgert. Falls doch: Gehen Sie mal zu Fuß. Thomas Dold schafft 86 Stockwerke mit 1576 Stufen in zehn Minuten und acht Sekunden. Und das rückwärts! Darin (Treppen rückwärts hochrennen) ist Dold Doppelweltmeister. Und er hat Waden wie

Weitere Kostenlose Bücher