Fehlfunktion
Beschleunigungswerte erst bekannt waren, war das einzige Problem gewesen, die Villeneuve’s Revenge in die richtige Sprungposition zu manövrieren.
Zweihundertsechzig Kilometer! Es gab Voidhawks, die Schwierigkeiten hatten, eine so hohe Genauigkeit zu erzielen!
Die Thermopaneele blieben im Innern der monogebundenen Siliziumhülle, als die Villeneuve’s Revenge das Rendezvous mit der Krystal Moon einleitete. Die Sprungknoten waren voll aufgeladen. André war mißtrauisch. Vielleicht mußten sie schnellstmöglich verschwinden. Es wäre nicht das erste Mal: Möglicherweise lagen getarnte Voidhawks der Navy auf der Lauer, oder die Konföderierte Navy hatte Marines in den Frachträumen versteckt. Aber nicht mit ihm, nicht mit André Duchamp.
»Bev, würdest du unser Ziel bitte mit den aktiven Sensoren überstreichen?« befahl André.
»Jawohl, Captain«, antwortete Bev Lennon. Die Kampfsensoren sandten ihre forschenden Strahlen aus, um die Krystal Moon abzutasten. Die grelle Antriebsflamme aus dem Fusionsrohr der Villeneuve’s Revenge verblaßte zu einer schwachen Heliumfluoreszenz, die noch einige Minuten an der Austrittsdüse haftete. Die Krystal Moon lag sechs Kilometer entfernt und taumelte leicht vom Impuls der austretenden Kühlflüssigkeit. Schubdüsen rings um die achteren Sektionen flammten in unregelmäßigen Abständen auf, um das Taumeln zu kompensieren und das Schiff zu stabilisieren.
Die Ionenantriebe der Villeneuve’s Revenge feuerten und schoben das massige Raumschiff näher an seine zappelnde Beute heran. Brendon steuerte das Multifunktions- und Servicevehikel aus dem Hangar und machte sich auf den Weg zur Krystal Moon. Hinter ihm schwang langsam eine der großen Frachtluken auf.
»Nun mach schon, Brendon«, murmelte André Duchamp ungeduldig, als das kleine Hilfsfahrzeug auf seinem gelben chemischen Raketenantrieb den Zwischenraum zwischen den beiden Schiffen überbrückte. In spätestens zwölf Minuten würde die Verkehrskontrolle von Ukiah herausfinden, daß die Kommunikation unterbrochen worden war. Die Bürokraten würden einige weitere Minuten verschwenden, bevor sie endlich reagierten, und dann würden Sensoren die Flugbahn der Krystal Moon zurückverfolgen. Sie würden entdecken, daß der Fusionsantrieb des Frachters erloschen war – und sie würden feststellen, daß die Krystal Moon kein Notsignal abgestrahlt hatte. Das konnte nur eines bedeuten. Man würde die Navy alarmieren, und wenn die Villeneuve’s Revenge wirklich Pech hatte, würde ein patrouillierender Voidhawk vorbeikommen, um die Angelegenheit zu untersuchen. André rechnete mit maximal zwanzig Minuten für den gesamten Überfall.
»Sieht alles sauber aus«, meldete Bev Lennon. »Allerdings scheint die Besatzung den Laserbeschuß überlebt zu haben. Ich fange elektronische Streustrahlung aus dem Innern der Lebenserhaltungskapsel auf. Die Bordrechner sind noch aktiv.«
»Und sie haben das automatische Notsignal unterdrückt«, sagte André. »Wirklich sehr schlau von diesen Burschen. Sie müssen gewußt haben, daß wir ihr Schiff in Fetzen schießen, um jeden Hilferuf zu ersticken. Vielleicht sind sie ja bereit, mit uns zu kooperieren.« Per Datavis befahl er dem Schiffsrechner der Villeneuve’s Revenge, einen Kommunikationskanal zu öffnen.
Erick hörte, wie das statische Rauschen der Verbindung die schwach erleuchtete Brücke der Villeneuve’s Revenge erfüllte, als ein AV-Projektor aktiviert wurde. Eine Reihe musikalischer Pieptöne erklang, dann das unverkennbare Geräusch eines weinenden Kindes. Er sah, wie Madeleine Collum auf ihrer Beschleunigungsliege den Kopf hob und in Richtung der Kommunikationskonsole blickte. Blaue und rote Schatten bewegten sich über ihren hageren, kahlrasierten Schädel.
»Krystal Moon, bestätigen Sie den Kontakt«, verlangte Duchamp.
»Bestätigen?« rief eine aufgebrachte männliche Stimme aus dem AV-Projektor. »Sie verdammter Scheißkerl! Sie Tier! Zwei Leute aus meiner Besatzung sind tot! Gegrillt! Tina war erst fünfzehn Jahre alt!«
Ericks neurale Nanonik unterdrückte das plötzliche heiße Brennen in seinen Augen. Ein fünfzehnjähriges Mädchen. Großer allmächtiger Gott im Himmel! Diese interplanetaren Schiffe waren häufig Familienbetriebe, deren Besatzungen aus Cousins und Cousinen bestanden.
»Lösen Sie augenblicklich die Halteklammern der Container DK-30-91 und DL-30-07!« entgegnete André Duchamp, als hätte er nichts gehört. »Das ist alles, was wir von Ihnen
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