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Fehlfunktion

Fehlfunktion

Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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hatte seine Affinität blockiert.
    – Geh nach Hause, Junge.
    Dariat fing an zu rennen.
    – Nicht! Geh nicht ins Dorf!
    Bis zum Tal war es weiter als einen Kilometer. Das rosafarbene und gelbe Gras reichte ihm stellenweise bis zur Brust, und die Spreite peitschten seine Beine. Er kam am Rand der Böschung an und starrte bestürzt auf das, was sich seinen Augen darbot. Das Dorf packte zusammen. Sie zogen weiter. Die Hälfte der Tipis war bereits abgebrochen, in Bündel verschnürt und auf Karren geladen. Die Tiere wurden in kleinen Gruppen zusammengetrieben. Sämtliche Feuerstellen waren erloschen.
    Es war eine vollkommen verrückte Zeit, um das Lager zu verlegen. Die Nacht stand unmittelbar bevor, und es wurde rasch dunkler. Das Gefühl von Unheil in Dariat verstärkte sich noch.
    Er rannte den steilen Abhang hinunter und fiel zweimal hin. Er schürfte sich Knie und Hände auf, doch es war ihm egal. Gesichter wandten sich nach ihm um, während er auf Anastasias Tipi zurannte.
    Er rief ihren Namen und schob die Eingangsklappe beiseite.
    Das Seil war an den Apex des Tipis gebunden. Sie mußte einen Stapel von ihren Flechtkörben benutzt haben, um darauf zu stehen. Die Körbe lagen über den ganzen Boden verteilt. Ihr Kopf war zur Seite geneigt, und das Seil hatte sich tief in ihre linke Wange gedrückt, direkt unter dem Ohr. Sie schaukelte leicht von einer Seite zur anderen, und die Stäbe des Tipis gaben leise knarrende Laute von sich.
    Dariat starrte wie vom Donner gerührt auf sie. Er begriff nicht, warum sie es getan hatte. Er begriff überhaupt nichts von allem.
    – Komm schon, Junge. Komm nach Hause.
    – Nein! Du hast das getan! Du hast mich dazu gebracht, sie zu verlassen! Sie war mein! Das alles wäre niemals geschehen, wenn du dich aus meinem Leben herausgehalten hättest! Tränen strömten über Dariats Wangen.
    – Ich bin dein Leben, vergiß das nicht.
    – Das bist du nicht. Das wirst du niemals sein! Nein, nein, nein! Er schloß die Stimme aus seinem Bewußtsein aus, weigerte sich, die Drohungen und schließlich das Flehen zu hören.
    Auf einem der Flechtkörbe lag ein Blatt Papier. Es war von Anastasias Ziegenhautbeutel beschwert. Dariat nahm es an sich und las die Nachricht, die sie für ihn niedergeschrieben hatte.
     
    Dariat,
    Ich weiß, daß du das warst. Ich weiß, daß du glaubst, du hättest es für mich getan. Aber das hast du nicht. Du hast es getan, weil Anstid es so wollte. Er wird niemals zulassen, daß du ein Bündnis mit Thoale eingehst. Ich hatte gehofft, ich könnte dir helfen. Aber ich sehe nun, daß ich es nicht kann. Ich bin nicht stark genug, um einem der Götter zu trotzen. Es tut mir leid.
    Ich erkenne keinen Sinn mehr darin, in diesem Universum zu bleiben. Ich werde meinen Geist befreien und meine Reise in Richtung Gott fortsetzen. Die Thoale-Steine sind mein Geschenk für dich. Bitte benutze sie. Du hast noch so viele Schlachten vor dir. Vielleicht kannst du einige davon gewinnen, wenn du in die Zukunft siehst. Ich möchte, daß du weißt, daß ich dich immer geliebt habe, von Anfang an.
    Anastasia
     
    Er löste den Riemen, der den Beutel verschloß, und schüttete die sechs Kristalle auf den staubigen Teppich. Die fünf Steine, die mit Runen beschriftet waren, landeten mit der leeren Seite nach oben. Langsam sammelte er sie ein und warf sie erneut. Und wieder landeten sie mit der leeren Seite nach oben. Das Reich der Leere, wohin die verlorenen Geister gehen.
    Dariat floh aus dem Dorf der Starbridge-Leute. Er kehrte nie wieder dorthin zurück. Er nahm keine didaktischen Kurse mehr, weigerte sich, Rubras Affinitätsrufe zu beantworten, stritt viel und heftig mit seiner Mutter und zog in ein eigenes Sternenkratzer-Appartement, als er fünfzehn Jahre alt geworden war.
    Es gab nichts, das Rubra daran hätte ändern können. Sein vielversprechendster Zögling nach Jahrzehnten war für ihn verloren. Das Affinitätsfenster in Dariats Bewußtsein blieb verschlossen; es war der massivste Block, dem das Persönlichkeitsmuster des Habitats je begegnet war, und er blieb selbst dann noch aufrecht, wenn der Knabe tief und fest schlief.
    Nach einem Monat ständigen Drucks gab Rubra resignierend auf. Selbst Dariats Unterbewußtsein war für ihn verschlossen, und er war außerstande, den Jungen durch unterschwellige Führung zu beeinflussen. Der Block war mehr als eine bewußte Anstrengung, es war eine tiefgreifende psychische Inhibition. Wahrscheinlich entstanden durch das Trauma von

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