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Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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Wir tun nichts, was eine Geisel gefährden
könnte!“
    „Das sagt ihr immer“, gab Chris tonlos zurück und starrte durch die
Windschutzscheibe auf den weißen BMW, dachte an Gladbeck; den entführten
Linienbus vor ein paar Jahren …
    Danach breitete sich lähmendes Schweigen im Wagen aus. Seine Zigarette
schmeckte wie Stroh, und er warf sie angewidert aus dem Seitenfenster, schaute
einem kleinen Jungen hinterher, der mit seinem Dreirad im Zickzackkurs über den
Bürgersteig kreuzte, einer alten Frau, die trotz des strahlenden Sonnenscheins
einen dunklen Wollmantel trug — und sah doch nur Karin vor sich. Kieselaugen.
    Es waren sicherlich die längsten zehn Minuten seines Lebens, ehe
Hellwein sich wieder meldete. Er klang gehetzt und angespannt. „Maurer hat sein
Okay gegeben. Ich habe acht Leute. Klippstein ist unterwegs für den
Durchsuchungsbefehl.“
    „Klasse!“ Susanne startete den Nissan. „Wir treffen uns bei Eickboom.
Keiner geht rein, bevor wir da sind!“
     
    Sie stießen auf Hellwein und die angeforderten Beamten etwa fünfzig
Meter vor Eickbooms Haus. Susanne hatte alle Geschwindigkeitsbegrenzungen
ignoriert und bog fast zeitgleich mit den anderen in die Allee ein. Sie stellte
den Wagen ein Stück hinter der Einfahrt ab und ging zu ihren Kollegen. Chris
folgte langsamer, immer noch wie betäubt.
    Links und rechts der Straße säumten weiß getünchte Mauern die meist
parkähnlich angelegten Grundstücke. Die Häuser waren weit zurückgebaut, vor
neugierigen Blicken durch Hecken und Bäume geschützt. Im Schatten der Kastanien
auf dem Mittelstreifen standen drei Streifenwagen. Hellwein lehnte an seinem
neutralen dunkelgrünen Dienstwagen, umgeben von sechs uniformierten Beamten und
dem kleinen Müller. Eine stämmige Polizistin mit langen blonden Locken hatte
ihre Mütze weit in den Nacken geschoben. Müller trippelte nervös umher.
    „Klippstein schon da?“, erkundigte sich Susanne kurz angebunden.
    „Nein“, wurde sie von Hellwein beschieden. „Muss aber jeden Moment
kommen. Maurer will spätestens alle halbe Stunde unterrichtet werden. Das SEK
Dortmund ist in Bereitschaft.“
    „Na, läuft doch“, knurrte die Kommissarin. „Also Leute! Macht euch
eins klar!“ Sie schaute in die Runde, um sich zu vergewissern, dass alle
zuhörten. „Wir suchen ausnahmsweise mal keine Tatwaffe, keine Drogen und auch
keine Leiche in der Kühltruhe. Alles, was wir brauchen, ist ein Anhaltspunkt
auf seinen Aufenthaltsort. Also achtet vor allem auf Fotos, Hotelrechnungen,
Mietverträge, et cetera. Haltet euch nicht mit Äußerlichkeiten auf. Geht vom
Keller bis zum Dachboden. Aber bringt mir einen gottverdammten Hinweis!“
    Noch einmal sah sie ihre Leute der Reihe nach an. „Auf geht´s also!
Doktor Sprenger und ich machen die Spitze!“
    Stefan Eickboom öffnete ahnungslos die Haustür und wurde völlig
überrumpelt. Fassungslos starrte er auf die Uniformen und gezückten
Dienstausweise. Und dann auf Chris.
    Susanne drängte ihn in den erstbesten Raum, einen kleinen Salon mit
plüschigen Sesseln und bis zur Erde reichenden Samtvorhängen. Chris und der
kleine Müller folgten ihnen, während sich die anderen im Haus verteilten. Allen
war die Anspannung anzumerken. Karin war seit mindestens vier, wenn nicht gar
fünf Stunden in Eickbooms Gewalt. Jede Minute, die sie hier vergeudeten, konnte
eine Minute zu viel sein.
    „Wo ist Ihr Vater?“, blaffte Chris den jungen Eickboom an, der
offenbar überhaupt nicht realisierte, was vor sich ging. Er war in einen der
Sessel gefallen und sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
    „Wa … was? Was weiß ich?“
    „Wo ist er?“ Die Stimme von Susanne war schneidend scharf.
    „Weg … weggefahren. Gleich nachdem er hier war.“ Er bedeutete mit
einer Kopfbewegung zu Chris, wer mit „er“ gemeint war.
    „Wohin?“
    Eickboom zuckte die Achseln, schien sich aber langsam von seinem
Schrecken zu erholen. „Er war irgendwie komisch. Sie waren kaum weg“, wandte er
sich jetzt direkt an Chris, „da ist er kurz in sein Arbeitszimmer gerannt und
dann Hals über Kopf davongestürzt.“
    Er biss sich auf die Lippen, und flammendes Rot schoss ihm in die
Wangen. Langsam schien ihm aufzugehen, dass sein Vater in ernsten
Schwierigkeiten steckte.
    „Hat er noch eine Wohnung? Ein Haus? Seine Büros?“
    „Wir haben ein Wochenendhaus bei Königswinter. Sonst … Unsere
Immobilien sind alle vermietet, soweit ich weiß. Aber er hat mich nie … Von
seinen Geschäften hab ich

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