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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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angespielt hat, aber das hat mit meinem Dienst hier nicht das geringste zu tun.«
    »Worauf hat er angespielt?«
    »Ich habe ihm zugesagt, es an niemanden weiterzugeben. Ich kann aber so viel sagen, daß es etwas mit meinem früheren Dienst zu tun hat.«
    »Hm. Du hast an einigen recht spektakulären Ereignissen teilgenommen?«
    »Ja. Aber ich bin verbrannt und kann an operativen Aktionen dieser Art nicht mehr teilnehmen. Deshalb habe ich jetzt bei der offenen Tätigkeit einen neuen Job erhalten.«
    »Und wie genau sehen die dir zugedachten Funktionen aus?«
    »Das habe ich Oberst Nordlander dort drüben in der Sprechkapsel erklärt. Ganz allgemein kann ich wohl sagen, daß es darum geht, die nachrichtendienstliche Tätigkeit hier zu systematisieren und ein Datenprogramm aufzubauen. Ich bin darin nämlich gründlich ausgebildet.«
    »Bei den Streitkräften?«
    »Nein, in…«
    Carl zeichnete die drei Buchstaben U-S-A in die Luft, und der Botschafter nickte nachdenklich, bevor ihm plötzlich sein Einwand einfiel: »Aber können solche Computer nicht…?«
    Er zeigte in die Luft und dann auf sein Ohr.
    »Doch«, erwiderte Carl kalt, fast an der Grenze zur Feindseligkeit, »das ist gerade das Problem, das ich zu lösen gedenke, und ich habe Oberst Nordlander schon die Richtlinien dafür entwickelt. Wie gesagt, da drüben in der Sprechkapsel.«
    »Nun, eins will ich jedenfalls noch einmal wiederholen«, fuhr Thunborg fort, der wieder seine aggressive Körperhaltung eingenommen hatte, halb über den Schreibtisch gelehnt und auf die Ellbogen gestützt, »ich will in dieser Stadt nichts davon hören, daß du dir etwas leistest, was an deine frühere Tätigkeit auch nur erinnert. Wir wünschen nicht, daß schwedische Diplomaten ausgewiesen werden, und wir wollen auch nicht, daß jemand von uns sozusagen automatisch dran ist, wenn wir das nächstemal irgendeinen Russen rausschmeißen.«
    »Nein«, erwiderte Carl vollkommen aufrichtig, »falls man mich ausweisen würde, würde ich das als einen totalen Mißerfolg meiner Arbeit werten. Und ich bin nicht gekommen, um Mißerfolg zu haben.«
    »Gut«, sagte Thunborg und stand schnell auf. Er schien jedoch akute Atembeschwerden zu haben, als er den Satz fortsetzen wollte.
    Er zog eine kleine Sprühdose aus der Hosentasche und sprühte sich etwas in den Hals. Es sah aus, als hätte er einen akuten Asthmaanfall.
    Carl war ebenfalls aufgestanden und erweckte den Eindruck, als sähe er nichts, während er darauf wartete, daß der Anfall vorüberging.
    »Es… ist ja… wie du im Hinblick auf das, was in einigen… Berichten über dich gesagt wird, vielleicht verstehst, nur natürlich… daß wir zu Anfang… etwas mißtrauisch sind, oder soll ich lieber… vorsichtig sagen. Aber du bist bei uns… willkommen, und ich wünsche dir viel Glück… für die Arbeit hier«, sagte der Botschafter zwischen seinen recht schweren und mühsam niedergekämpften Atembeschwerden, während er zur Tür ging und Carl die Hand gab.
    Dieser begab sich wieder in sein Zimmer. Er hatte von seinem Chef, dem Obersten, den Code für die geschlossene Abteilung nicht erhalten, konnte sich aber noch ungefähr an die Fingerbewegungen des Mannes erinnern, und so brauchte Carl weniger als dreißig Sekunden, um das Schloß zu öffnen. Ohne daß Alarm ausgelöst wurde.
    Das war bedenklich. Er nahm sich vor, darauf hinzuweisen. Dann trug er einige Bündel mit Aktenmappen in sein Zimmer und begann mit der Klassifizierung und dem Einfüttern der Daten ins EDV-Programm. Alles, was annähernd nach roter Klassifikation aussah, verschloß er in seinem Panzerschrank. Alles andere würde nach und nach in das Programm eingegeben, das von nun an vielleicht vom Feind angezapft würde. Wenn ja, war es Carl nur recht. Sie würden ein vollständiges und detailliertes Bild davon erhalten, wie ungefährlich und primitiv die Schweden beim Sammeln ihrer Erkenntnisse in Moskau vorgingen.
    Das rote Material mußte warten, bis das Problem der Energiequelle auf eine diskrete Weise gelöst worden war, ohne jeden Kontakt mit der Außenwelt.
    Carl verkniff sich die Mittagspause zwischen eins und halb drei und machte ununterbrochen und fast wütend bis zum Ende der Dienstzeit um fünf Uhr weiter. Nach einigem Zögern legte er noch eine Stunde zu.
    Dieser Tag würde vermutlich zu einem der wenigen gesunden und nicht alkoholvergifteten Arbeitstage werden, und er wollte schon gleich vom ersten Moment an so weit wie nur möglich kommen. Er hatte

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