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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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zweiten Rangs, haben sich die Verbindungen zwischen unseren beiden Ländern in den letzten Jahren stetig verbessert. Wir hegen die sehr aufrichtige Hoffnung, daß diese positive Entwicklung weitergehen kann. Aus diesem Grund möchte ich Ihren Scherz nicht beantworten, den ich jedoch ohne weiteres als einen Scherz akzeptiere. Hingegen will ich Sie in unserer Stadt herzlich willkommen heißen, auch im Namen Ihrer beiden Kollegen. Und ich hoffe, daß Sie nicht zögern werden, sich an uns zu wenden, wenn wir Ihnen irgendwie zu Diensten sein können. Wir werden zur Verfügung stehen. Es wäre mir ein Vergnügen, Sie bei anderer Gelegenheit etwas informeller zu sprechen, und ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.«
    Carl hatte keine Ahnung, wie die richtige Antwort aussehen sollte. Dagegen ahnte er, was der Vizeadmiral damit gemeint hatte, die Kapitäne zur See seien seine Kollegen. Der eine trug die rote Ordensspange des Leninordens mit vier schmalen gelben Rändern, daneben unter den Auszeichnungen, die dem Herzen am nächsten waren, den Roten Stern. Der andere hatte außer dem Orden des Roten Sterns etwas in Blau und Silber, was Carl für eine Auszeichnung wegen Tapferkeit im Felde hielt. Und Feld konnte in diesem Fall kaum Afghanistan, sondern nur die Ostsee bedeuten. Das Ganze wirkte wie eine teuflisch ausgedachte Ironie, war jedoch zugleich so leutselig, daß Carl die Bedrohung nicht als bedrohlich empfand.
    »Ich fühle mich durch Ihre Freundlichkeit geschmeichelt, Herr Vizeadmiral, und wenn Sie mich einladen, werde ich selbstverständlich gern kommen, natürlich nach entsprechender Befragung meiner diplomatischen Vorgesetzten in unserer Botschaft«, erwiderte Carl zögernd. Er fühlte sich in seiner Rolle als Diplomat zutiefst unbeholfen.
    Der Vizeadmiral erhob sich, und alle anderen folgten seinem Beispiel. Der Rest waren Formalitäten. Anschließend gaben sich die Männer der Rangordnung nach die Hand, und damit war Carl in Moskau akkreditiert.
    Aber es war noch immer nicht vorbei.
    In der Tür stieß einer der sowjetischen Kapitäne zur See Carl mit dem Finger auf die rechte Brustseite, wo die Schwingen saßen.
    »Seal. Very good. Aber wir haben auch solche Leute, und die sind auch nicht schlecht.«
    Und damit blinzelte er Carl zu, lachte beinahe herzlich und schüttelte ihm erneut die Hand.
    »Hol mich der Teufel, ich verstehe rein gar nichts mehr«, seufzte Kapitän zur See Hessulf, als sie sich wieder auf den Rücksitz des wartenden Volvos zwängten, in dem es jetzt heiß war wie in einem Backofen. »Wie gesagt, ich kapiere gar nichts mehr. Ein unrussischeres Verhalten habe ich noch nie erlebt. Entweder haben die in dieser verfluchten Hitze einen Sonnenstich bekommen oder ich.«
    Carl antwortete nicht, da er damit beschäftigt war, sein Fenster herunterzubekommen, was nicht möglich zu sein schien. Vermutlich hatte sich der Fensterheber irgendwo verhakt.
    »Was zum Teufel hat er eigentlich mit ›Herr Roter Hahn‹ gemeint?« fuhr der Kapitän zur See fort, während er seine Uniformjacke aufknöpfte und sein Seitenfenster herunterkurbelte.
    »Keine Ahnung. Dazu fällt mir nur ein Lied aus dem Spanischen Bürgerkrieg ein«, erwiderte Carl irritiert, da seine Seitenscheibe sich noch immer hartnackig weigerte, herunterzugehen.
    »Aus dem Spanischen Bürgerkrieg?«
    »Ja, das Lied von dem roten und dem schwarzen Hahn. Der rote Hahn steht auf ihrer Seite. Das sollte wohl ein Kompliment sein, nehme ich an.«
    »Du sollst auf ihrer Seite sein?«
    »Wohl kaum. Vielleicht zielte die Bemerkung auf meinen politischen Hintergrund während des Studiums ab, aber damals war ich hochgradig antisowjetisch.«
    »Bist du so ein Studentenhausbesetzer gewesen?«
    »Nein, ich war damals zu jung.«
    »Wie auch immer, es ist eine reichlich verworrene Suppe, und du bist ganz schön frech, mein Lieber. Mini-U-Boote besichtigen, das könnte dir so passen, was?«
    »Ich habe nur versucht, mich dem etwas rauhen, aber herzlichen Ton anzupassen. Außerdem haben sie mir das ja nicht sonderlich übel genommen, und sie haben selbst damit angefangen.«
    »Ja, ja, zugegeben. Aber ich muß es trotzdem dem Botschafter melden.«
    »Habe ich mich danebenbenommen?«
    »Nein, das möchte ich nicht behaupten. Persönlich finde ich es gut, daß du denen mit gleicher Münze heimgezahlt hast. Aber ihr Verhalten heute war absolut einzigartig. Und außerdem hatten sie das Protokoll eine Stufe höher gelegt, ein Vizeadmiral und zwei Kapitäne zur See,

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