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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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werden wir sehen, wenn wir das Treffen arrangieren«, bemerkte der Alte trocken.
    »Aber ja. Wir sind ja nicht daran gehindert, Informationen entgegenzunehmen, nicht einmal dann, wenn sie aus dem Osten kommen. Jedenfalls nicht formal. Aber seid vorsichtig, wenn ihr das Treffen arrangiert«, sagte Samuel Ulfsson in einem Tonfall, der erkennen ließ, daß die Diskussion bis auf weiteres beendet war.
    Sie trafen sich erst auf dem U-Bahnhof Sankt Eriksplan exakt zur festgesetzten Stunde, zeigten sich gegenseitig ihre Ausweise und verabschiedeten sich dann sofort von ihren jeweiligen Begleitern. Anschließend verfuhren sie wie bei solchen Treffen üblich und entschieden abwechselnd, wann sie umzusteigen hatten.
    Das dauerte eine halbe Stunde. Dann stiegen sie am Brommaplan aus und schlenderten durch ein Villenviertel. Bis dahin hatten sie kein einziges Wort von Bedeutung gesprochen. Carl war irgendwie traumartig feierlich zumute. Der Mann, der neben ihm herging, schmal, grauhaarig und um die sechzig Jahre alt, war also der Chef der militärischen Spionage des Gegners in Schweden. Ein merkwürdigerer Begleiter für einen Offizier des schwedischen Nachrichtendienstes war kaum vorstellbar.
    Von Zeit zu Zeit sahen sie sich vorsichtig um. Es war kaum vorstellbar, daß sie jemand verfolgte, und sie schienen die einzigen Spaziergänger in der grauen Abenddämmerung zu sein.
    »Ich glaube, wir können jetzt anfangen«, sagte Jurij Tschiwartschew, blieb stehen und zog sich den rechten Handschuh aus. »Darf ich Ihnen zunächst als Offizier und Kollege zu Ihrem glänzenden Einsatz in Moskau gratulieren.«
    Als sie die Hände schüttelten, war Carl so aus der Fassung gebracht, daß ihm überhaupt keine Antwort einfiel.
    »Ich kann Ihr Erstaunen durchaus verstehen, Fregattenkapitän Hamilton«, sagte Jurij Tschiwartschew mit einem feinen Lächeln, als sie Seite an Seite langsam weitergingen, »auf unserer Seite wird natürlich bedauert, daß es Ihnen gelungen ist, einen schwedischen Informanten zu liquidieren. Das hat uns einige Probleme bereitet. Aber als Offizier und Kollege muß ich Ihnen trotzdem zu der sehr gut durchgeführten Operation gratulieren. Jetzt ist alles vorbei.«
    »Mir kommt es nicht so vor. Ich kann kaum meine künftigen Aufträge mit Ihnen besprechen, Oberst Tschiwartschew«, entgegnete Carl in einem Versuch, mit Autorität zu sprechen.
    »Nein, natürlich nicht. Aber da wir jetzt allein sind, Sie und ich, können wir ja auch in diesem empfindlichen Punkt aufrichtig sein.«
    »Ist das der Grund, weshalb Sie gerade mich sprechen wollten?«
    »Ja, zum Teil. Aber Sie haben ja auch, soviel wir wissen, eine zentrale Stellung beim schwedischen Nachrichtendienst. Sie haben zumindest Kenntnis von dem, was in Moskau geschah, und wir wissen selbstverständlich nicht, wie viele Schweden darüber Bescheid wissen. Mit einem anderen als Ihnen würde ich nicht so frei sprechen können, und die Operation gegen Herrn Sandström scheint ja für die Leute, die gegen uns arbeiten, eine gewisse Bedeutung zu haben.«
    »Wer sind die, wissen Sie das?«
    »Nicht so voreilig, junger Herr Kollege, eins nach dem andern. Überdies sind Sie schon verbrannt. Ihre Identität ist uns bekannt, und sei es nur durch Ihren Auftrag in Moskau. Wenn Sie also das Bindeglied zwischen unseren beiden Organisationen werden, werden uns damit keine neuen personellen Details enthüllt.«
    »Sehr diplomatisch gedacht.«
    »Jaja. Aber schließlich sind wir auch Diplomaten. Hat man Ihnen das in Moskau nicht gesagt, als Sie selbst als Diplomat auftraten? Ja, Sie haben uns ganz schön hereingelegt.«
    »Zur Sache, bitte.«
    »Junger Mann, versuchen Sie, ruhig zu bleiben. Wir müssen in der unangenehmen Lage, in der wir uns alle befinden, sehr kühl bleiben. Zunächst also möchte ich offiziell die Haltung der Sowjetunion in der Frage des Herrn Sandström wiederholen. Soweit es die Beziehungen unserer beiden Länder betrifft, halten wir diese Angelegenheit für erledigt. Wir wissen ebensogut wie Sie selbst, daß Sie den Mann liquidiert haben. Es ist jedoch unsere sehr strikte Politik, in solchen Situationen im Schilf nicht noch mehr Schlamm aufzuwühlen.«
    »Ja, das habe ich mir schon gedacht. Und weiter, Herr Oberst?«
    »Weiter möchte ich sagen, daß wir nicht einen Augenblick geglaubt haben, ich möchte das wirklich unterstreichen, nicht einen Augenblick, daß Sie selbst oder irgendein anderer Offizier diesen Mord an unserem Kollegen vom KGB, wenn man so sagen

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