Feind des Feindes
Åke eine Kadettenschule besucht hatte, und später war er bei geheimen Aufgaben gelandet.
Åke hatte sofort zugegeben, daß er mit Hamilton zusammenarbeitete und dieser sein direkter Vorgesetzter sei. Vater war so gerührt gewesen, daß ihm die Tränen in die Augen traten. Er hatte seinen Sohn zum erstenmal seit dessen Kindheit umarmt.
Da war Åke nahe daran gewesen, von der Operation Big Red zu erzählen, hatte es dann aber doch nicht getan. Und das war gut so.
Denn die Sache war nicht herausgekommen, und diese Politiker im Verfassungsausschuß hatten offensichtlich keine Ahnung davon gehabt. Andererseits hatte diese Vernehmung dazu geführt, daß er selbst eine ganze Menge über Hamilton erfuhr, Dinge, von denen er bislang keine Ahnung gehabt hatte. Teufel auch, was für einen Chef er hatte. Das Vertrauen eines solchen Vorgesetzten durfte er nie aufs Spiel setzen. Teufel auch, was der schon geschafft hatte!
Aber Big Red war das Größte, und wenn darüber jemals etwas durchsickerte, dann würde ganz gewiß kein Stålhandske daran schuld sein. Obwohl es eigentlich schade war, daß Schweden und Finnlandsschweden nicht erfahren durften, wie der Russe wenigstens dieses eine Mal was auf die Schnauze bekommen hatte.
Es gab nur drei Menschen auf der Welt, die genau wußten, wie es zugegangen war. Einer von ihnen saß rund einen Kilometer entfernt, und eins stand auf jeden Fall fest: Es war kein Problem, gemeinsam mit Joar eine Operation durchzuführen. Man konnte sich in jeder Hinsicht auf ihn verlassen. Plötzlich ertönte ein Signal in Åkes Kopfhörer.
Es war das verabredete Zeichen. Er mußte jetzt aufpassen. Anschließend folgte die Mitteilung, es näherten sich zwei Wagen mit drei oder vier Personen. Nach einer Weile folgten Entfernungsangaben.
Genau. Man konnte sich immer auf ihn verlassen, ob er nun schwul war oder nicht. Åke Stålhandske unterzog seine Ausrüstung einer letzten Prüfung. Alles war unter Kontrolle.
Polizeiinspektorin Eva-Britt Jönsson - sie weigerte sich immer noch, sich »Inspektorin« zu nennen - kicherte, als sie die Uniform anzog. Sie hatte nur vorgehabt, zu einer kurzen Stippvisite hereinzuschauen, um sich etwas zu unterhalten, aber es war kaum zu einer Unterhaltung gekommen.
Sie sah Carl an, der anscheinend ausgepumpt auf der Matratze auf dem Fußboden lag und die Arme nach hinten ausstreckte. Vielleicht spielte er nur den Ausgepumpten, als wollte er sich selbst oder sie oder beide damit loben. Sein Brustkorb hob und senkte sich schwer, so daß die fünf langen Narben im Lichtschein der nahen Stehlampe glänzten. Im Zimmer befanden sich nur die Matratze, die Stehlampe und ein schwarzes Militär-Radio.
Sie fand, daß er glücklich aussah.
Sie hatte das Gefühl, als hätte er sich nach diesem Verhör vor dem Verfassungsausschuß verändert, als wäre er zu dem Mann geworden, mit dem sie zu Sommeranfang in den Schären gesegelt war. Er selbst behauptete, er sei von seiner ganzen Vergangenheit befreit worden, es sei alles vorbei, er sei dabei, ein normaler Mensch zu werden, nein, ein richtiger Mensch, hatte er gesagt, ein Mensch mit einem ziemlich normalen Job, der recht viel Ähnlichkeit mit dem hätte, den er ihr mal beschrieben hatte; als wäre die Wirklichkeit dabei, die Wahrheit einzuholen, oder umgekehrt.
Sie würde am Abend Innendienst haben. Sie hatten zuwenig Führungspersonal, deshalb war sie in Uniform.
Sie hatte sich entschlossen, ihn als einen Kampfpiloten zu sehen, der für Flugeinsätze zu alt geworden und jetzt im Stab gelandet war. Das hatte er selbst vorgeschlagen. Und auch wenn die Vernunft irgendwie dagegen protestierte, so hatte seine Persönlichkeitsveränderung die Gefühlsvernunft überredet. Er scherzte und alberte herum, und er liebte, als hätte er damit nie Probleme gehabt, und er konnte sogar spielerisch werden, wenn sie sich auf alberne Spiele einließen, etwa als sie Kaninchen und ähnliches nachmachten. All das zusammengenommen wurde stärker als die Dunkelheit und die Gefahr, die sie sich hinter seinen knappen Schilderungen im Fernsehen vorgestellt hatte; im übrigen hatte es bei der Arbeit in der vergangenen Woche kaum ein anderes Gesprächsthema gegeben. Daß die meisten ihrer Kollegen Fregattenkapitän Hamilton auf ihre Weise liebten und Jahre ihres Lebens dafür hergegeben hätten, in seiner Uniform zu stecken statt in ihrer eigenen, stand jedenfalls fest. Wenn die nur wüßten.
Einige von ihnen wußten Bescheid, aber Eva-Britt hatte sie
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