Feind des Feindes
gebeten, den Mund zu halten, und das taten sie auch; bei der Seglertruppe hatte man keine große Schwierigkeit mit Erinnerungen an den Marineoffizier gehabt, der wie ein Seehund tauchen konnte.
Sie hatte sich nicht geschützt, und er sagte, es mache gar nichts, wenn sie ein Kind bekäme. Nein, so hatte er sich nicht ausgedrückt. Er hatte gesagt, er würde es gern sehen, wenn sie ein Kind bekäme, da richtige Menschen ja ständig Kinder bekämen.
»So, fertig und klar und verspätet. Die Ganoven werden kalt, wenn ich mich nicht beeile«, sagte sie fröhlich, nachdem sie die letzten Knöpfe ihrer Bluse zugeknöpft hatte. Auf dem linken Arm trug sie ihre Rangbezeichnung, und auf der linken Brusttasche war das Wort POLIZEI aufgenäht.
»Hast du noch Zeit, dir ein paar Fotos anzusehen?« fragte er, als er die Augen aufschlug und ins Licht blinzelte. Er steckte die Hand unter die Matratze und zog einen Stapel Vergrößerungen hervor, die er unter der Stehlampe schnell ausbreitete. Sie war nicht einmal mißtrauisch, als sie nähertrat und die Bilder ansah. Sie sahen aus wie Fotos von der Drogenfahndung und waren unter nicht ganz günstigen Lichtverhältnissen mit einem Teleobjektiv aufgenommen worden; Männer, die Autos bestiegen oder verließen, das Gewohnte.
»Bullen«, sagte er kurz. »Aber die Frage lautet: Was für Bullen?«
Sie besah sich die Bilder und nickte dann und wann.
»Die Ledertruppe«, sagte sie kurz und spürte, wie plötzlich Unruhe in ihr aufstieg. »Warum fotografiert ihr die?«
»Möglicherweise, weil sie schwedische Offiziere ermorden«, sagte er abrupt, richtete sich auf und kreuzte die Beine.
»Woher weißt du das?« fragte sie wachsam.
»Ich weiß es nicht, aber ich glaube es. Was bedeutet Ledertruppe in euren Kreisen?«
»Fragst du mich als weiblichen Bullen oder als werdende Mutter?«
»Als Bullen. In erster Linie als Bullen.«
»Ihr könnt euch doch nicht mit der Aufklärung von Straftaten beschäftigen?«
»Nein, das ist es ja gerade. Also, wie wär’s, wenn wir jetzt den offiziellen Weg einschlagen. Wem mußt du als Bulle melden, wenn du den Verdacht hast, es sei ein Verbrechen begangen worden?«
»Meinen Vorgesetzten, nehme ich an.«
Sie kniete nieder und sah schnell den Bilderstapel durch.
»Ist es nicht vorstellbar, daß du streng nach Dienstvorschrift dem vorgesetzten Bullen Meldung machst, der für bestimmte Ermittlungen zuständig ist?«
»Doch, das wäre schon besser. Aber hör mal, ich hab’s ein bißchen eilig.«
»Auf der Rückseite des obersten Fotos findest du Namen und Telefonnummer des Kommissars in Norrköping, der die Mördermittlung leitet. Sieh zu, daß er die Bilder bekommt. Grüß ihn herzlich von mir, ich bin ihm nämlich einiges schuldig. Achte aber darauf, daß es streng dienstlich wird, Bilder von anonymen Quellen , oder wie ihr so was nennt. Identifiziere die Männer, die du kennst.«
»Ist dies ein Durchbruch bei den Ermittlungen?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht. Wir glauben, daß diese Typen etwas mit der Sache zu tun haben. Der da in der Mitte heißt Glucher und ist die Quelle von Expressen . Wer die anderen sind, wissen wir nicht, aber du weißt es. Über diese Ledertruppe müssen wir uns noch näher unterhalten.«
»Keine sehr romantische Weise, sich zu verabschieden.«
»Doch, ist es doch. Es wäre viel unromantischer gewesen, dir diese Bilder vorzulegen, als du kamst. Dann wären wir nämlich Bullen geworden statt Kaninchen.«
Sie ließ sich von seinem Lachen anstecken.
»Du findest den Weg? Erst um den Block und dann runter zum Strandvägen?«
»Mach dir keine Sorgen. Diese Straße gehört zu unserem Revier.«
»Paß auf dich auf.«
»Du auch.«
Sie sah auf die Uhr, sammelte schnell die Fotos zusammen und ging. Auf dem Weg hinaus blieb sie in der Tür stehen und zwinkerte ihm zu.
»Kaninchen, Kaninchen«, sagte sie und schlug die Tür zu.
Carl stand sofort auf und ging unter die Dusche. In dem leeren Badezimmer fand er ein Stück Seife, eine Tube Zahnpasta und eine Kunststoffflasche mit Shampoo, aber kein Handtuch.
In dem zweiten, völlig leeren Raum der Wohnung stand ein Koffer auf dem Fußboden aus frischversiegeltem Eichenparkett. Es war eine der Wohnungen des Alten, die noch nicht verwendet worden war. Carl konnte nicht länger zu Hause wohnen, was in erster Linie an der Belagerung durch Journalisten lag, die ziemlich unverdrossen weiterging. Ferner aus Sicherheitsgründen. Die Polizei , wie der Alte mit seinem besonderen
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