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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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und jetzt stecken sie mit dem Hals selbst in der Schlinge der Volksmeinung.«
    »Ich finde, wir haben trotzdem eine erstaunliche Offenheit an den Tag gelegt.«
    »Das kann man sagen, obwohl wir nur bestätigt haben, was ohnehin bekannt war. Hätten wir uns aber gewunden, wie es diese Politiker tun, hätte es nur die Qual verlängert, und es hätte auch nie wie jetzt mit einem Sieg enden können.«
    »Sind Sie da so sicher, daß es ein Sieg ist?«
    »Ja, voll und ganz.«
    »Ist Ihnen bekannt, was in Moskau geschehen ist?«
    »Nein. Wie sagte doch dieser Staatssekretär? Erzählen Sie mir um Himmels willen bloß nichts , etwas in der Richtung?«
    Der Leiter der Informationsabteilung des Generalstabs trat hinzu und unterbrach das Gespräch sehr respektvoll. Es gebe eine ganze Menge Anfragen von Massenmedien wegen eines Interviews. Nach dem Urteil der Informationsabteilung seien wohl am wichtigsten ABC, NBC und CBS, New York Times , Time , Newsweek und Washington Post aus den USA, Le Monde und Figaro aus Frankreich, Die Zeit und Der Spiegel aus Deutschland, die Neue Zürcher Zeitung , The Times , BBC und dieses zweite Fernsehprogramm aus Großbritannien; ja, das seien die wichtigsten, aber es kämen ständig neue Anfragen herein, und man habe noch nie, nicht einmal während der schlimmsten U-Boot-Krisen, etwas Ähnliches erlebt.
    Carl spürte, daß er kurz davor war, in Panik zu geraten, aber als er um die Erlaubnis des OB bat, sich allen Interviewwünschen zu verweigern, wurde dies umgehend bewilligt.
    »Im Augenblick braucht nicht mehr gesagt zu werden«, stellte der Oberbefehlshaber fest.
    Als es Carl nach etwa einer Stunde gelang, sich aus der Bierkneipe des OB zu entfernen, ging er zu einem Telefon und rief zu Hause an.
    Eva-Britt erzählte, Drakens grand werde von Journalisten belagert. Einige Wagen hätten Kameras auf dem Dach montiert, einige andere hätten Antennen, und an der Gegensprechanlage hätte es dauernd geklingelt, bis sie die Glocke abmontiert habe. Sie vereinbarten, sich später bei ihr zu Hause zu treffen. Sie versprach, darauf zu achten, daß niemand sie verfolgte.
    Sie schien strahlender Laune zu sein und kicherte, ihr würden eher irgendwelche Frauenzeitschriften auf den Pelz rücken und nach ihrer Romanze fragen, aber sie werde ihr Bestes tun, der Meute zu entkommen.
    Die Hamilton-Affäre verlieh Schweden ein paar Tage lang mehr internationale Publizität als alles andere in den letzten drei oder vier Jahren.
    Während der nächsten vierundzwanzig Stunden sahen vermutlich mindestens eine Milliarde Menschen, wie der schwedische James Bond vor dem Verfassungsausschuß seines Landes aussagte; das schwedische Fernsehen erzielte mit seinen Bildern einen ungeheuren Verkaufserfolg.
    Der Ansatz der internationalen Presse war sehr einfach. Ohne jeden Vorbehalt wurde die Geschichte jetzt als bestätigt angesehen. Ein westlicher Agent, wie es in Journalistenprosa heißt, habe sich in die Höhle des Löwen vorgewagt und vor dessen Augen einen Landesverräter liquidiert. Derselbe Mann sei der geheimnisvolle schwedische Offizier, der vor etwa einem Jahr eine Flugzeugentführung verhindert habe, worauf auch diese Geschichte rekapituliert wurde.
    So ging es die folgende Woche weiter. Carl landete mit einem ganzseitigen Porträt auf der Titelseite von Time , den Blick fest auf die Kamera gerichtet, unter der Überschrift:
    DER SPION, DER DAS UNMÖGLICHE MÖGLICH MACHTE Die Reaktionen der schwedischen Presse waren etwas gemischter. Zumindest ging man nicht so direkt und ungeniert auf den Agenten und Heldenmythos los wie die internationale Presse.
    Expressen jedoch, das Blatt, das sich mit seiner Entrüstungskampagne schon festgelegt hatte, konnte nicht einfach umschwenken und zu den Enthusiasten überlaufen, und so bildeten die Leitartikelseite von Expressen , die Moskau-treue Norrskensflamman und Dagens Nyheter die Minderheit unter den schwedischen Massenmedien, die zur Besinnung zu mahnen und darauf hinzuweisen versuchte, wie widersinnig es sei, daß schwedisches Militär sich sogar die Freiheit nehmen könne, unter Bruch der Verfassung schwedische Mitbürger hinzurichten.
    Dieser Standpunkt ging jedoch in der Flut der Leser und Zuschauerbegeisterung unter. Und es gehörte zu den unausweichlichen Folgen der Berichterstattung des ersten Tages, daß die Abendzeitungen ganzseitige Artikel über die geretteten schwedischen Ärzte brachten samt Fotos mit ihren Frauen und Kindern, die Carl Hamilton und dem

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