Feind des Feindes
ironischen Tonfall sagte, sobald von der Sicherheitspolizei die Rede war, war auf den nicht ganz unvernünftigen Gedanken gekommen, daß Carls Leben jetzt in Gefahr sei. Nicht etwa, weil irgendein fremder Dienst den Wunsch haben könnte, über ihn herzufallen, sondern weil von rund tausend Irren in Schweden jeder den Wunsch hätte, als der Mann in die Geschichte einzugehen, der Liberty Valance erschoß .
Carl Hamilton war nach Näslunds Auffassung in der Perspektive der Irren zu so etwas wie einem Super-Elch geworden, einem Dreißigender.
Folglich hatte die Säpo vorgeschlagen, Carl künftig Gesellschaft zu leisten, was sowohl er selbst wie der Generalstab mit einer Mischung aus Ekel und Erschrecken abgelehnt hatten. Man hatte das Angebot höflich, aber bestimmt zurückgewiesen, unter Hinweis auf sowohl operative Gründe wie auch darauf, daß es dem Nachrichtendienst nicht an eigenen Ressourcen mangele, sein Personal zu schützen oder dafür zu sorgen, daß jemand untertauchen könne.
Außerdem gab es genügend Gründe, sehr vorsichtig vorzugehen. Nicht genug damit, daß man sogar eine Operation gegen den eigenen Sicherheitsdienst einleitete, wenn auch mit dem allerbesten Willen.
Näslund war bekümmert gewesen. Seit dem Gezeter, es sei Schuld der Säpo, daß der vorvorige Ministerpräsident ermordet worden sei, wollte man dort um keinen Preis mehr für einen neuen politischen Mord verantwortlich gemacht werden. Er drückte sich so aus, obwohl es vermutlich ein Versprecher war. Carl gab den vereinbarten Code in sein Funkgerät ein, als er aufbruchsbereit war. Das bedeutete, daß Lundwall und Stålhandske in etwa einer Minute von der Garage der Operationsabteilung aus mit je einem Wagen in verschiedene Richtungen davonfahren würden, zu bestimmten U-Bahnhöfen. Carl fuhr mit dem Wagen eine halbe Stunde herum, bis er in der Nähe eines geeigneten U-Bahnhofs einen Parkplatz fand. Anschließend mußte er sich auf die rauchfarbene Brille und seine legere Kleidung verlassen, um im Menschengewimmel unten in der U-Bahn unerkannt zu bleiben.
Zum Glück war es jedoch so, daß die Leute sich offenbar nicht vorstellen konnten, daß der Mann, der sie an jemanden erinnerte, den sie irgendwo gesehen hatten, tatsächlich Carl Gustaf Gilbert Hamilton war, der gegenwärtig bekannteste Spion der Welt.
Dann raus aus der U-Bahn, ein neuer Wagen und die gewohnte Routine, bis er einigermaßen ruhig zum Treffpunkt draußen in Hässelby fahren konnte.
Jurij Tschiwartschew tauchte auf die Sekunde pünktlich an der genau richtigen Straßenecke auf. Carl brauchte den Wagen nicht einmal ganz anzuhalten, da saß der sowjetische Spionagechef schon mit angeschnalltem Sicherheitsgurt auf dem Beifahrersitz wie ein Schwede.
»Es ist angenehm, mit Profis zu tun zu haben. Bei uns im Westen herrscht allgemein die Meinung, daß Sie noch immer die Besten der Welt sind«, sagte Carl, während er den Wagen dorthin lenkte, wo es am dunkelsten aussah.
»Sie sind zu freundlich, Fregattenkapitän«, gluckste Jurij Tschiwartschew. »Wie weit sind Sie dem Feind des Feindes schon auf die Spur gekommen?« fuhr er dann geschäftsmäßiger fort.
»Die Lage ist kompliziert«, erwiderte Carl aufrichtig bekümmert. »Und damit meine ich weder technische, fahndungstechnische oder operative, sondern bürokratische und juristische Probleme. Ich habe sehr strikte Anweisungen. Unser Feind ist also bei der schwedischen Polizei zu suchen, nicht wahr?«
»Ja, aber das wissen wir schon«, bemerkte Jurij Tschiwartschew trocken.
»Wenn der schwedische Nachrichtendienst gegen eine andere schwedische Behörde vorgeht, ist das ungefähr so, als würden Sie gegen die Tschekisten vorgehen. Das bringt gewisse Probleme mit sich.«
»Aber in einem Fall wie diesem könnte man doch die Billigung der Partei, Verzeihung, der Regierung, erwirken?«
»Ja, nachträglich vielleicht. Meine Bewegungsfreiheit ist jedoch durch die Ereignisse der jüngsten Zeit ein wenig eingeschränkt.«
Jurij Tschiwartschew platzte vor Lachen laut heraus.
»Mein junger Herr Fregattenkapitän! Nicht genug damit, daß Sie sich der für unseren Beruf etwas exzentrischen Methode bedienen, im Fernsehen der ganzen Welt aufzutreten, Sie haben auch Humor.«
»Wie hat Ihnen die Vorstellung gefallen?« Carl lächelte unsicher in der Dunkelheit.
»Aus der Sicht der Sowjetunion habe ich keinerlei Einwände vorzubringen. Diese Leute bei der Sicherheitspolizei wissen also nichts von Ihren Tauchübungen, da unten,
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