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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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verlassen und sich in die Sowjetunion abzusetzen.
    Wenn er ein sowjetischer Agent wäre.
    WENN ER EIN SOWJETISCHER AGENT WÄRE!
    Sie mußten verrückt geworden sein. Seit der Clarté-Zeit hatte er die Sowjetunion nicht nur als Feind des Sozialismus in der Welt angesehen, sondern zunächst und in erster Linie als Feind Schwedens. Aus dem Grund hatte er sich um einen Eliteverband bemüht, als man ihn zum Wehrdienst einberief. Und das war auch der Grund, warum es dem Alten gelungen war, ihn anzuwerben. Fünf harte Jahre lang hatte er sich in Kalifornien mit der doppelten Ausbildung wie ein Hund gequält, um danach für Schweden das Leben zu riskieren.
    Und jetzt fragten sie sich in allem Ernst, ob er ein sowjetischer Agent war.
    Er wußte nicht, wie lange er gewartet hatte, als er wieder hereingerufen wurde. Er ging zu seinem Platz und setzte sich hin, nachdem er einen kurzen fragenden Blick auf den Oberbefehlshaber gerichtet hatte.
    Die Männer auf der anderen Seite des Tischs schwiegen, was nichts Gutes verhieß. Der OB überlegte offensichtlich, wie er anfangen sollte. Schließlich räusperte er sich. Die anderen blickten auf die helle Tischplatte.
    »Wir haben jetzt einige Beschlüsse gefaßt, Korvettenkapitän Hamilton«, begann der Oberbefehlshaber sichtlich angestrengt.
    »Ich möchte zunächst eines sagen. Wir sind der Meinung, daß die Angaben fehlerhaft sein müssen. Wir sind aber auch der Meinung, daß wir ihnen auf den Grund gehen müssen…« Er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr.
    »Wir haben zunächst eine weitere Frage. Ich werde sie gleich stellen. Diesem TRISTAN-Bericht zufolge sollen Sie während Ihrer Studienzeit in Kalifornien von einer fremden Macht angeworben worden sein. Falls diese Angabe falsch ist, so setzt sie trotzdem voraus, daß diese fremde Macht Kenntnis von einer solchen Ausbildung in Kalifornien hatte. Wie läßt sich das erklären?«
    Carl überlegte. Während der fünf Jahre in Kalifornien hatte er nicht mal Tessie erzählt, was er tat, als er in regelmäßigen Abständen die University of California in San Diego verließ, um sich zur Sunset Farm und dem geheimen, militärischen Teil der Ausbildung zu begeben. Gerade deshalb war ihre Beziehung in die Brüche gegangen.
    »Das kann ich mir nicht erklären«, erwiderte er schließlich.
    »Ich gebe zu, daß das unangenehm ist. Das Wissen um meine Ausbildung in Kalifornien stammt entweder von der US Navy oder hier vom Generalstab. Eine andere Quelle ist meiner Ansicht nach nicht denkbar. Von mir kommen die Angaben jedenfalls nicht, das steht fest.«
    »Vielleicht hast du dich mal verplappert«, sagte Samuel Ulfsson in bittendem Tonfall. »Immerhin warst du jung und recht unerfahren, und außerdem bist du fünf Jahre dort gewesen?«
    »Nein, ich weiß genau, daß ich nie etwas habe verlauten lassen. Die Liebe meines Lebens ist deswegen in die Brüche gegangen, und das bereue ich seitdem. Ich bin also absolut sicher. Die Angaben über Kalifornien, wie sie auch aussehen mögen, denn es liegt bestimmt mehr vor, als Sie mir gezeigt haben, stammen auf jeden Fall nicht von mir. Das ist alles, was ich dazu sagen kann.«
    Die Anwesenden versanken wieder in bekümmertes Schweigen. Schließlich ergriff der OB erneut das Wort.
    »Dann habe ich unseren Beschluß zu verkünden. Wir müssen also irgendeine Form von Untersuchung einleiten, von der nichts nach außen dringen darf. Du wirst von Lennart Borgström vernommen werden. Die Verhöre beginnen gleich nach dem Mittagessen. Bei den Vernehmungen gibt es für dich eine Einschränkung. Du darfst auf keinen Fall, ich wiederhole, auf gar keinen Fall die sogenannte Operation Big Red erwähnen. Ist das klar?«
    »Ja, das ist verstanden.«
    »Welche Maßnahmen würdest du selbst vorschlagen?«
    »Verzeihung?«
    »Nun ja, du bist ja Profi. Welche Maßnahmen würdest du selbst vorschlagen?«
    Carl fühlte sich versucht, hysterisch loszukichern. Er fing sich jedoch schnell und beschloß, die Frage professionell zu beantworten.
    »Erstens«, begann er leicht angestrengt, »würde ich eine tiefgehende Analyse der Informationen vorschlagen, die von Vizeadmiral Koskow stammen. Zweitens, daß die Reste der zerstörten sowjetischen Anlagen an den drei bekannten Positionen in unseren Schären untersucht werden. Drittens ein Verhör der Unteroffiziere Stålhandske und Lundwall. Viertens eine technische Untersuchung des Projektils, das ich von dieser Air France-Maschine mitgenommen habe, eventuell zusätzliche

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