Feind des Feindes
nicht viel zu tun gehabt, empfand aber eine entschiedene Abneigung gegen den Mann. Dies hing möglicherweise damit zusammen, daß Borgström sich seiner Anstellung beim Verteidigungsministerium lange Zeit widersetzt hatte. Borgström zufolge war Carl wegen seiner politischen Vergangenheit nämlich ein Sicherheitsrisiko. Wegen der gleichen politischen Vergangenheit, die für den Alten ein wichtiger Grund gewesen war, gerade Carl aus den vielen Rekruten herauszufischen.
Auf Carl machte Borgström überdies einen ausnehmend dummen Eindruck, doch er gab sich jetzt größte Mühe, von all dem abzusehen. Er nahm sich vor, sich nicht provozieren zu lassen oder auch nur etwas von der Wut und der Demütigung zu zeigen, die in ihm brannten.
»Jaa…«, begann C. Gst/Si, wie er in den Formularen genannt wurde, »auf uns wartet ja reichlich Arbeit. Darf ich zunächst mal voraussetzen, daß du zur Zusammenarbeit bereit bist?«
Carl nickte säuerlich.
»Du mußt antworten, sonst haben wir es nicht auf Band«…
fuhr Borgström in einem Tonfall fort, als spräche er zu einem Kind.
»Ja, verstanden«, murmelte Carl. »Ich bin bereit, nach bestem Wissen und Gewissen zu dieser Untersuchung beizutragen.«
»Und du bist der Meinung, die Beschuldigung werde zu Unrecht erhoben?«
Borgström lächelte verbindlich. Carl mußte sich anstrengen, um antworten zu können.
»Ja, auch das ist richtig.«
»Dann fangen wir also an«, fuhr Borgström in einem geschäftsmäßigeren Ton fort. »Bei einem Bandwechsel unterbrechen wir und teilen dabei jeweils die Uhrzeit mit. Jetzt, bei Beginn des Verhörs, haben wir den 20. Juni, es ist 12.15 Uhr, und wir befinden uns in den Büros des OP 5 - vernommen wird Korvettenkapitän Carl Hamilton, und Vernehmungsbeamter ist Oberstleutnant Lennart Borgström. Können wir anfangen?«
Carl nickte mürrisch, bis es ihm wieder einfiel.
»Ja, wir können anfangen«, knurrte er und blickte auf das kleine schwarze Mikro auf dem grünen Tisch.
»Wollen Sie dann, Herr Korvettenkapitän, zunächst einmal darlegen, wie Sie erstmals mit der kommunistischen Lehre in Berührung gekommen sind, wie Sie sich dann, wie sollen wir sagen, haben überzeugen lassen, um sich danach linksextremistischen oder staatsfeindlichen Organisationen anzuschließen?« Der Vernehmer hatte die Frage mit zusammengebissenen Zähnen hervorgestoßen, etwa so, wie man eine schwere Billardkugel über eine vollkommen glatte Fläche schiebt, als würde man eine verborgene Kraft in Bewegung setzen. Und er sah ziemlich zufrieden aus. Die Situation schien ihm zu gefallen. In seinen Brillengläsern blitzte es, und auf der Oberlippe entdeckte Carl einen Schweißtropfen. Borgströms Gesicht glänzte.
Carl sah hoch und beschloß erneut, seinen Zorn zu zügeln. Er suchte den Blick des Vernehmers, doch dieser wich aus.
»Können wir vielleicht… anfangen?« sagte Borgström leichthin und sah aus dem Fenster.
»Ist die Frage ernst gemeint?« fragte Carl schließlich mit fester, wenn auch etwas zu lauter Stimme.
»Ja, natürlich. Bitte fangen Sie an.«
Carl spürte, daß es ihm immer schwerer fallen würde, sich zu beherrschen. Die Situation war vollkommen grotesk.
»Hören Sie mal, Borgström«, begann er vorsichtig. »Egal, welche Vorstellungen Sie von mir und meinem politischen Hintergrund haben, möchte ich eins festhalten: Ich bin Profi. Ich habe mehr als sechs Jahre militärischer Ausbildung hinter mir, davon fünf Jahre Spezialausbildung mit Schwerpunkt in strategischem und taktischem Nachrichtendienst und bin seit sechs Jahren im schwedischen Geheimdienst.«
Carl brachte es nicht über sich, fortzufahren.
»Ja, dessen sind wir uns bewußt, aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich allmählich der Sachfrage zuwenden könnten, Herr Korvettenkapitän«, lächelte der Vernehmer verbindlich.
Carl nahm einen erneuten Anlauf.
»Die Sachfrage«, sagte er zunächst zögernd, bis er in Fahrt kam, »die Sachfrage ist ganz einfach die, daß dieses Verhör nicht so albern sein darf, wenn es überhaupt einen Sinn haben soll. Sie vernehmen keinen verdächtigen Blumenverkäufer, sondern einen Kollegen. Mein politischer Hintergrund findet sich in aller Ausführlichkeit in meiner Personalakte. Und wenn ich mich recht erinnere, gibt es darüber auch einigermaßen korrekte Unterlagen im Archiv des Sicherheitsdienstes. Ich weigere mich ganz einfach, unsere Zeit mit solchen Albernheiten zu verplempern.«
»Wollen Sie damit andeuten, Herr
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