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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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wenn er nicht etwas sagte.
    »Die Frage ist, wann ich die Regierung informieren soll. Teilen die Herren übrigens meinen Eindruck, daß dies alles einfach nicht wahr sein kann, oder ist das nur ein Ausdruck für ein in diesem Zusammenhang recht verständliches Wunschdenken?«
    Seine Frage blieb eine Zeitlang unbeantwortet.
    »Wir können es kaum unterlassen, die Regierung zu informieren. Die Frage ist nur, wie wir alles darstellen sollen. Wir haben Informationen einer freundlich gesinnten Nation erhalten, die wir ernst nehmen müssen, und wir haben eine Untersuchung eingeleitet und müssen sie auf dem laufenden halten, und so weiter«, überlegte der Generalstabschef laut.
    »Können wir es nicht so machen, wie Hamilton es vorgeschlagen hat, ein paar Taucher hinunterschicken und die sowjetischen Basen untersuchen? Damit wäre das ganze Problem gelöst. Es ist wie bei dem Gordischen Knoten. Zumindest was Hamilton angeht. Falls sich herausstellt, daß er die Wahrheit sagt - und ich neige dazu, ihm zu glauben, da dieser Vorschlag sogar von ihm gekommen ist, und zwar ganz spontan - ist die Sache ja aus der Welt. Zumindest was ihn betrifft, und dies ist ja der ernsteste Teil der Angelegenheit.«
    Der Alte hatte sich geäußert. Er hatte sich bemüht, ruhig und beherrscht zu sprechen, obwohl es in ihm kochte.
    »Nein«, erwiderte der OB, »dieser Weg steht uns leider nicht zu Gebote. Die Regierung, nun ja, zumindest der Ministerpräsident, hat schon im letzten Jahr beschlossen, daß wir an diesen Wracks unter gar keinen Umständen herumfingern dürfen. Das würde nur dazu führen, daß die Sache herauskommt. Tote sowjetische Marinesoldaten, et cetera, et cetera. Und das wollen sie um jeden Preis vermeiden.«
    Das Schweigen senkte sich lähmend auf die Anwesenden, doch dann schienen sich plötzlich alle auf einmal einen Rück zu geben, worauf in der folgenden Viertelstunde eine Reihe konkreter Beschlüsse gefaßt wurden.
    Samuel Ulfsson sollte persönlich eine neue Untersuchung der Erkenntnisse des ermordeten Vizeadmirals Koskows leiten. Außerdem sollte er das Materialprüfungswerk der Streitkräfte bitten, eine technische Analyse der Munitionsprobe vorzunehmen, die Carl vor einem Jahr aus der entführten Air-France-Maschine mitgenommen hatte.
    Die Alternative, amerikanische Behörden einzuweihen, wurde vorerst verworfen. Das konnte zumindest so lange warten, bis andere Untersuchungen Ergebnisse erbracht hatten, ob positive oder negative. Der Einbrecher, der bei Carl den Schreibtisch durchwühlt hatte, durfte vorerst auf freiem Fuß bleiben, damit man über ihn zu seinen Auftraggebern und Hintermännern gelangen konnte.
    Damit blieb nur noch ein kleines praktisches Problem, nämlich die Frage, wer für die Hausdurchsuchung bei Hamilton in Frage kam. Die Sachkenntnis lag bei der zivilen Sicherheitspolizei, doch es lag auf der Hand, daß es unangenehm war, diese schon in einem so frühen Stadium in die Sache einzuweihen. Im Affenhaus auf Kungsholmen wurde so viel getratscht, daß man ebensogut gleich zum Expressen gehen konnte.
    Außerdem waren sämtliche Anwesende der Überzeugung, daß die zivile Sicherheitspolizei des Landes allzu viele direkte Drähte nach Moskau habe. Die Enthüllung, die den Chef des »Russenbüros« betraf, diesen Polizeidirektor Soundso, wurde von niemandem bezweifelt.
    Das Problem wurde dadurch gelöst, daß man Personal des Sicherheitsdienstes anfordern und später einweihen wollte, um es mit einer Schweigepflicht gegenüber seinem zivilen Arbeitgeber zu belegen.
    Damit war die Konferenz beendet. Der OB hatte sich um etliche dringende Angelegenheiten zu kümmern, und im Vorzimmer drängten sich schon ungeduldige Besucher.
    Als Samuel Ulfsson in sein Dienstzimmer kam, fand er eine Notiz über einen Anruf, der nichts Gutes verhieß. Er solle eine wohlbekannte Durchwahlnummer in der amerikanischen Botschaft anrufen.
    Natürlich, dachte er. Die USA, der große Bruder der Engländer. Die haben natürlich schon den TRISTAN-Bericht. Samuel Ulfsson tastete nach seiner Zigarettenschachtel, bis ihm sein Vorsatz wieder einfiel. Er griff nach dem Hörer, um sein zweites zigarettenfreies Telefonat seit mehr als zwanzig Jahren zu führen.
    Carl saß in einem karg möblierten Raum an einem Tisch mit Mikrophonen in der Mitte. Ihm gegenüber saß der Chef der Sicherheitsabteilung des Generalstabs mit einem seiner subalternen Mitarbeiter. Allmählich kochte es in Carl vor Wut. Er hatte mit Lennart Borgström bislang

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