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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Anfragen bei den Franzosen, die eigene Untersuchungen angestellt haben müssen oder zumindest noch das Material besitzen. Fünftens eine Vernehmung dieses Einbrechers und eine eventuell anschließende Aktion gegen seinen Auftraggeber, meinen Hausmeister. Allerdings würde ich mit diesem Teil der Aktion warten, falls sie nicht für absolut notwendig gehalten wird. Und sechstens, doch da muß ich gestehen, daß ich mehr als zögern würde, würde ich eine Untersuchung meiner Wohnung vorschlagen.«
    »Aha. Das entspricht in etwa dem, was wir uns selbst gedacht haben«, brummelte der OB. »Darf ich aber fragen, weshalb wir dieser Spur des Diebs nicht folgen sollten, und warum keine Untersuchung deiner Wohnung?«
    Carl seufzte. Er hatte versucht, logisch und professionell zu antworten, hatte aber offenbar nur den Eindruck erweckt, als wollte er sich einer Untersuchung entziehen.
    »Nun«, sagte er, »wenn es um diesen Lars-Erik Sundberg geht, ja, der Hausmeister heißt so, wird er, wenn alles gut gelaufen ist, seinen sowjetischen Auftraggebern gerade Angaben übermitteln, aus denen hervorgeht, daß ich an der Operation Big Red nicht beteiligt war. Schnappen wir den Agenten, verhindern wir die Übermittlung dieser Nachricht, was ich bedauerlich fände, da ich mich für unschuldig halte, wie Sie inzwischen wissen. Und was eine Hausdurchsuchung angeht… nun ja, mein Gott. Wenn ich ein sowjetischer Spion bin, unterscheide ich mich in manchem von anderen Spionen. Ich bin nämlich Profi. Was man bei mir zu Hause suchen könnte, wäre nur das übliche, die klassischen Dinge, ein Sender, der vielleicht in einem Transistorradio versteckt ist, vor allem aber Codeschlüssel. Der einschlägigen Literatur zufolge verwenden sowjetische Agenten Einmalcodes. Sie sehen wie kleine Notizblöcke aus, von denen man einen Code nach dem anderen abreißt. Dieser Notizblock, oder wie man das nennen soll, ist nicht größer als eine Briefmarke, und in einer Vier-Zimmer-Wohnung mit Küche in einem Haus aus dem achtzehnten Jahrhundert kann ein professioneller Spion mehr als tausend gute Verstecke finden. Außerdem habe ich Zugang zu rund zehn Gebäuden im Großraum Stockholm, Häusern mit Dachboden und Kellern und allem, was dazugehört. Eine Ausrüstung dieser Art könnte ich überall verstecken. Ich brauchte nicht mal einen eigenen Kurzwellensender, da mir ja die Ausrüstung des Generalstabs zur Verfügung steht. Ja, ungefähr so.«
    »Du widersetzt dich aber trotzdem nicht einer solchen Untersuchung deiner Wohnung. Falls ja, müssen wir die Polizei hinzuziehen«, knurrte der OB, obwohl er an das Vorhaben nicht sonderlich zu glauben schien.
    »Nein, natürlich nicht. Aber es dürfte drei bis vier Tage dauern und die Wohnung in einem traurigen Zustand zurücklassen. Trotzdem, ich widersetze mich natürlich nicht einer solchen Untersuchung und werde, falls gewünscht, alle Panzerschrankkombinationen und Zahlenschloßcodes herausgeben.«
    »Könntest du für drei oder vier Tage auf deine Wohnung verzichten?« fragte der Alte. Er meldete sich zum allererstenmal zu Wort.
    »Ja, das läßt sich problemlos machen. Ich gehe davon aus, daß ich noch auf freiem Fuß bin. Ich kann in ein Hotel gehen und mir etwas neue Kleidung und ein paar Toilettenartikel kaufen. Auf Kosten der Armee, versteht sich. Womit kann ich sonst noch dienen?«
    Der OB seufzte.
    »Für dich gilt folgendes. Du meldest dich sofort bei Borgström, und dann beginnen einige Verhöre. Es ist Borgströms Sache, damit fortzufahren, solange er es für notwendig hält. Du kehrst erst dann nach Hause zurück, wenn du grünes Licht bekommst. Du übergibst Borgström Schlüssel und Codes und alles andere, was nötig ist. Ist das alles klar?«
    »Ja, völlig klar.«
    Als Carl gegangen war und sich auf dem Weg zum anderen Ende des Gebäudes befand, um sich ein Stockwerk tiefer zu den ersten Verhören in der Sicherheitsabteilung einzufinden, herrschte im Zimmer des OB zunächst langes Schweigen.
    Die fünf Männer waren wie gelähmt, und jeder schien darauf zu warten, daß ein anderer sich als erster äußerte. Samuel Ulfsson spürte eine brennende Gier auf eine Zigarette, sah aber ein, daß er mit dem Rauchen aufgehört hatte und daß dies nicht die Stunde für einen Rückfall war, als hinge das sehr Große mit dem sehr Kleinen zusammen.
    Schließlich räusperte sich der Oberbefehlshaber. Es war offenkundig, daß die anderen auf ihn warteten und daß es bis in alle Ewigkeit still bleiben konnte,

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