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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Verwandten unten in Skåne aufhalten sollen. Vielleicht sollte er sich einen Dienstwagen nehmen und hinunterfahren. Vielleicht durfte er im Augenblick keinen Dienstwagen benutzen? Nun, dann konnte er sich einen Leihwagen nehmen. War das an einem solchen Abend überhaupt möglich?
    Die Wohnung mußte von seinem eigenen Unternehmen restauriert werden, aber die Angestellten hatten übers Wochenende dienstfrei, und danach begann die Urlaubszeit.
    Carl überlegte, ob er Eva-Britt anrufen sollte, verwarf den Gedanken aber. Entweder war sie dabei, erste Opfer des Mittsommerfeierns einzusammeln, oder sie hatte ihren Dienst schon hinter sich und befand sich irgendwo draußen auf der Ostsee. Es war schönes Wetter.
    Dann wollte er den Alten anrufen, war sich aber nicht sicher, ob er es in der jetzigen Lage tun konnte. Seine Gedanken bewegten sich zähflüssig wie Teer. Er versuchte, sich an Trivialitäten und praktischen kleinen Problemen festzuhalten. Er ließ das leere Wasserglas absichtlich auf den Steinfußboden fallen, so daß die Scherben flogen, die er eine Zeitlang betrachtete.
    Als das Telefon läutete, wollte er erst gar nicht herangehen. Es gab jedoch nur wenige, die seine Nummer kannten. Entweder war sie es oder der Alte.
    Nach dem fünften Lauten nahm er ab.
    Eine hochmutige Sekretärin teilte ihm mit, der Staatssekretär erwarte ihn. Es sei eilig.
    Er wandte lahm ein, er sei müde und unrasiert, außerdem sei es Mittsommerabend, und als er sich selbst so reden hörte, hatte er das Gefühl, einen Kurzschluß in sich zu haben, so daß das Gehirn nur mit halber Kraft lief. Er besaß keine Widerstandskraft mehr. Als er kurze Zeit später frisch rasiert und mit einem frischen Hemd in Richtung Gustaf Adolfs Torg zum Palast des Außenministeriums ging, hatte er das Gefühl, wie Strandgut über den Bürgersteig gespült zu werden.
    Der Wachmann der Firma ABAB hatte ihn auf einer Liste, und hinter den Panzerglastüren stand eine Sekretärin, die ihn zu dem Zimmer des Staatssekretärs begleitete. Der Raum war sehr groß und sehr hell und sah im übrigen aus wie aus einem Illustriertenbericht über die Wohnkultur besserer Herrschaften früherer Zeiten.
    Vor dem zierlich gearbeiteten Schreibtisch stand ein Gästestuhl. Peter Sorman streckte Carl die Hand zu einem festen Handschlag entgegen und wies dann wie ein Militär mit der ganzen Hand auf den Stuhl.
    »Wie ich höre«, sagte Peter Sorman, lehnte sich in den blauen Samt zurück und legte die Fingerspitzen aneinander, »hast du es in den letzten Tagen nicht ganz leicht gehabt. Es ist übrigens höchste Zeit, daß wir uns kennenlernen.«
    Carl antwortete zunächst nicht. Doch da Sorman keinerlei Anstalten machte fortzufahren, wurde das Schweigen im Raum immer spürbarer und durch eine irgendwo im Hintergrund laut tickende Wanduhr noch verstärkt.
    »Ja«, erwiderte Carl schließlich, »die letzte Zeit ist nicht ganz leicht gewesen, stimmt.«
    »Worin bestehen die Verdächtigungen gegen dich? Hat man etwas Konkretes außer diesem TRISTAN-Bericht?«
    »Ist dies ein Verhör? Darf ich hier wirklich über diese Dinge sprechen?«
    »Nein, es ist kein Verhör. Ich habe den ganzen TRISTAN- Bericht gelesen, so daß wir wohl offen sprechen dürfen.«
    »Außer dem TRISTAN-Bericht haben sie natürlich nichts.«
    »Hast du eine Ahnung, worum es eigentlich geht? Kann es mit der Operation Big Red zu tun haben?«
    Carl spürte, wie er allmählich aufwachte und zugleich immer mißtrauischer wurde. Er dachte kurz nach und antwortete langsam und gedehnt.
    »Mit ist nicht ganz klar, wie ich hier mit einem Außenstehenden, den ich nicht mal kenne, über streng geheime Dinge sprechen kann.«
    Peter Sorman saß noch genauso da wie zuvor. Jetzt zeigte er ein dünnes Lächeln, während er gleichzeitig erneut die Fingerspitzen aneinanderlegte.
    »In der Regierung waren wir vier Personen, die mit der sogenannten Operation Big Red befaßt waren. Seitdem habe ich mit den Russen über die Angelegenheit diskutiert, und zwischen den beiden Staaten ist die Sache ausgestanden. Der Grund dafür, daß ich die Geschichte zur Sprache bringe, ist folgender. Die damaligen Ereignisse dürften es doch eigentlich unmöglich machen, daß man dich so verdächtigt.«
    »Ich darf mit meinen Vernehmern nicht darüber sprechen. Denen sind die damaligen Ereignisse nämlich nicht bekannt.«
    »Scheint mir eine knifflige Lage zu sein.«
    »Ja. Aber worum geht es?«
    »Worum es geht?«
    »Ja. Du hast mich doch

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