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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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reinregnet. Kanalisation!«
    »Gut, genau so sehe ich das auch«, stimmte Voisey zu. Seine Stimme trug weit, obwohl er sie nicht zu erheben schien. »Außerdem wünsche ich, dass jeder Mann, der arbeiten möchte, eine Stelle findet, wie auch jede Frau, die diesen Wunsch hat. Ich bin für Frieden, einen einträglichen Außenhandel, weniger Verbrechen, mehr Gerechtigkeit, eine nicht korrupte Polizei, billige Nahrungsmittel, Brot, ordentliche Kleidung und Schuhe für alle. Ich hätte gern auch gutes Wetter, aber  …«
    Der Rest seiner Worte ging in brüllendem Gelächter unter.
    »Aber Sie würden mir nicht glauben, wenn ich Ihnen das versprechen würde!«, endete er.
    »Wir glauben Ihnen sowieso nich!«, rief eine Stimme, und viele stimmten lauthals zu.
    Voisey lächelte zwar, doch zeigte sein Körper, dass er angespannt war. »Aber Sie werden mir zuhören, denn deswegen sind Sie ja gekommen! Sie möchten gern wissen, was ich zu sagen habe, und Sie wissen, was sich gehört.«
    Diesmal gab es keine Buhrufe. Pitt spürte den Unterschied in der Atmosphäre – als wäre ein drohendes Gewitter vorübergezogen, ohne sich zu entladen.
    »Arbeiten die meisten von Ihnen in diesen Fabriken hier und auf diesen Kaianlagen?« Voisey machte eine weit ausgreifende Handbewegung.
    Zustimmendes Murmeln ertönte.
    »Das heißt, Sie stellen Waren her oder verschiffen sie in die ganze Welt?«, fuhr er fort.
    Wieder folgte Zustimmung. Eine gewisse Ungeduld wurde spürbar. Die Zuhörer wussten nicht, warum er fragte, wohl aber begriff Pitt, worauf der Mann hinauswollte, als hätte er bereits jedes seiner Worte gehört.
    »Kleidung aus ägyptischer Baumwolle?«, fuhr der Redner fort. Seine Stimme hob sich, seine Augen suchten in den Gesichtern der Männer, er bemühte sich, ihre Körpersprache zu deuten, festzustellen, ob er sie langweilte oder ob sie ihm allmählich folgten. »Brokat aus Persien und von den Handelsniederlassungen an der Seidenstraße, die ostwärts nach Indien und China führt?«, fuhr er fort. »Leinen aus Irland? Bauholz aus Afrika, Gummi aus Burma … ich könnte endlos fortfahren. Aber wahrscheinlich ist Ihnen all das ebenso bekannt wie mir. Es sind Erzeugnisse unseres Reiches, und deshalb sind wir die größte Handelsnation der Welt. Deshalb beherrscht Großbritannien die Meere, spricht ein Viertel der Erde unsere Sprache und sorgt die Königin in jedem Erdteil für die Aufrechterhaltung des Friedens zu Lande und zu Wasser.«
    Diesmal klangen die Stimmen anders. Stolz, Zorn und Neugier schwangen darin. Einige der Männer richteten sich ein wenig auf und strafften die Schultern. Pitt trat beiseite, weil er fürchtete, in der Blicklinie des Redners zu stehen.
    Voisey übertönte den Lärm. »Dabei geht es nicht nur um Ruhm, sondern auch darum, dass Sie ein Dach über dem Kopf und Essen auf dem Tisch haben.«
    »Was is mit ’nem kürzeren Arbeitstag?«, rief ein hoch gewachsener Mann mit rötlichem Haar.
    »Für wen werden Sie arbeiten, wenn wir das Weltreich verlieren?« , hielt ihm Voisey entgegen. »Von wem wollen Sie dann kaufen, an wen verkaufen?«
    »Das geht schon nich verloren«, gab der Rothaarige hitzig zurück. »So dumm sind nich mal die Sozialisten.«
    »Mister Gladstone wird es verlieren!«, beharrte Voisey. »Ein Stück nach dem anderen. Erst Irland, dann vielleicht Schottland und Wales. Wer weiß, was dann als Nächstes an der Reihe ist – vielleicht Indien? Dann gibt es keinen Hanf und keine Jute mehr, weder Mahagoni noch Gummi aus Burma. Anschließend folgen vielleicht Afrika und Ägypten, und so geht eins nach dem anderen dahin. Wenn er Irland verlieren kann, das vor seiner eigenen Haustür liegt – wie soll das dann erst bei den anderen Ländern werden?«
    Mit einem Mal trat Stille ein. Dann ertönte lautes Gelächter, das aber nicht belustigt klang, sondern eher zweifelnd, wenn nicht gar furchtsam.
    Pitt sah sich zu den Männern um, die in seiner unmittelbaren Nähe standen. Sie alle hielten ihren Blick auf Voisey gerichtet.
    »Wir müssen unbedingt Handel treiben«, fuhr Voisey fort und brauchte diesmal seine Stimme nicht mehr zu erheben. Es war so still, dass sie bis in die letzte Reihe trug. »Wir sind auf funktionierende Gesetze angewiesen und brauchen die Herrschaft über die Meere. Denn wenn wir unseren Wohlstand gleichmäßiger verteilen wollen, müssen wir als Erstes sicherstellen, dass wir ihn auch haben!«
    Ein Murmeln ertönte, das wie Zustimmung klang.
    »Was man tut, soll man

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